Fragen & Antworten

Warum Kinder Süßes lieben – und wie man damit umgeht

Ein kleines Mädchen mit Zöpfen isst rosa Zuckerwatte.
Ein kleines Mädchen lässt sich eine Zuckerwatte schmecken. Bild: Imago | Zoonar

Zucker gibt Energie, kann aber auch schaden. Bremer Expertinnen sprechen darüber, wie uns Zucker beeinflusst und wie wir Kindern einen guten Umgang damit beibringen.

Bereits im vergangenen Jahr hat sich Bremen zusammen mit acht anderen Bundesländern für eine Zuckersteuer auf zuckerhaltige Getränke eingesetzt. Ob diese kommt, ist derzeit noch unklar.

Fest steht allerdings, dass Zuckerkonsum Risiken birgt, und besonders Kinder scheinen eine Vorliebe für das Süße zu haben – doch welche Auswirkungen hat Zucker wirklich auf den Körper? Und wie können Eltern einen gesunden Umgang mit Zucker fördern? Eine Bremer Kinderärztin und eine Ernährungsberaterin geben Antworten und zeigen, welche Maßnahmen wirklich helfen.

Zuckerwürfel liegen neben Plastik-Kinderlöffeln auf einem Holztisch.
Zuckerwürfel neben Kinderlöffeln: Anders als auf diesem Bild, sollten sie nicht zusammengehören, sagen Ernährungsexperten. Bild: Imago | imagebroker

Wie wirkt Zucker auf den Körper?

"Zunächst einmal ist Zucker ein Grundbaustein des Lebens. Alle Zellen brauchen Glukose, um arbeiten zu können. Dabei kann Zucker aus fast allen Lebensmitteln gewonnen werden", sagt Claudia Karsten, Kinderärztin und Vorsitzende des Bremer Landesverbands des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ).

"Entscheidend ist der Unterschied zwischen Einfachzucker und Mehrfachzucker." So sei etwa die Stärke in Kartoffeln eine komplexe Verbindung von bis zu 100 Zuckerbausteinen. Der Körper müsse mehr arbeiten, um die längere Molekülstruktur aufzuspalten. Dadurch bleibe der Blutzuckerspiegel konstanter.

"Einfachzucker führt dazu, dass der Blutzucker schnell ansteigen kann, was die Konzentration zwar verbessern kann, aber keine lang wirkende Energie erzeugt", sagt die Kinderärztin. "Eltern erleben deswegen häufig, dass ihre Kinder total hibbelig werden von Süßigkeiten."

Inwiefern schaden Süßigkeiten und Co. dem Körper?

"Langfristig kann ein zu hoher Zuckerkonsum das Risiko für die Entstehung von zum Beispiel Übergewicht, Karies, Fettleber oder Typ-2-Diabetes führen", sagt die Ernährungsberaterin Wiebke von Atens-Kahlenberg vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS).

"Bei Kindern kann es auch sein, dass der Organismus empfindlicher auf eine hohe Zuckerzufuhr reagiert und Blutzuckerschwankungen extremer ausfallen", sagt sie. Das erklärt auch, warum Kinder, die Süßes essen, von ihren Eltern als hibbelig wahrgenommen werden. "Außerdem gewöhnen sich Kinder schon früh an den süßen Geschmack. Das muss man sich erst mal wieder abgewöhnen."

Eine Mutter gibt ihrer Tochter, die in einer Schaukel sitzt, eine Insulinspritze in den Bauch.
Auch wenn Kinder bei einer Diabetesdiagnose in der Regel von Typ-1-Diabetes betroffen sind, erhöht zu viel Zucker das Risiko für eine Typ-2-Erkankung. Bild: dpa | Westend61/HalfPoint

Warum mögen Kinder Süßigkeiten eigentlich so gerne?

"Einerseits ist es so, dass wir eine angeborene Vorliebe für Süßes haben. Süßes ist in der Natur kalorienreich, liefert Energie und in der Regel ist nichts, was süß ist, giftig. Das war für unsere Vorfahren ein Vorteil", sagt von Atens-Kahlenberg. "Außerdem schmecken Muttermilch und Säuglingsmilchnahrung auch leicht süßlich. Wenn ein Kind gestillt wird, dann verbindet sich das Süßliche mit einer angenehmen Situation. Auch dadurch werden wir früh geprägt."

Die Kinderärztin macht darauf aufmerksam, dass Kinder Süßes auch aus strukturellen Gründen lieben: "Von der Nahrungsmittelindustrie wird suggeriert, dass Süßigkeiten für Kinder gut sind. Viele Kindernahrungsmittel sind bewusst süß gehalten, um die Kinder anzuregen, die Eltern zu nerven, das Produkt zu kaufen."

Ist es denn sinnvoll, Kinder ohne Süßigkeiten zu ernähren?

Beide Expertinnen sind sich zwar einig, dass eine Ernährung ohne Süßigkeiten – für Kinder aber auch Erwachsene – von Vorteil wäre. Dies sei in unserer Gesellschaft allerdings mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.

"Wenn ich es verbiete, wird es dadurch erst recht interessant. Dann kann es passieren, dass jede Gelegenheit genutzt wird, um etwas Süßes zu ergattern", sagt die Ernährungsberaterin. Eine kleine Menge an Süßigkeiten sei auch kein Problem. "Ein Problem ist es dann, wenn gesündere Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Vollkornprodukte häufig durch Süßigkeiten ersetzt werden."

Karsten meint, dass nicht nur die Eltern, sondern auch die Politik an dieser Stelle eingreifen müssen. Als Vorbild nennt sie Schweden. "In Schweden ist es komplett üblich, dass es Süßigkeiten nur einmal pro Woche gibt. Das ist da gut beworben worden", sagt sie.

Von Atens-Kahlenberg ist bei der Häufigkeit etwas entspannter. Süßigkeiten könne es auch täglich geben, aber sie empfiehlt, für Süßigkeiten feste Zeiten mit den Kindern zu vereinbaren, beispielsweise immer nur nach dem Mittagessen. "Da würde ich aber auch nicht starr daran festhalten, wenn das Kind beispielsweise nachmittags auf einen Kindergeburtstag geht."

Wiebke von Atens-Kahlenberg, Diplom-Oecotrophologin am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS
Ernährungsexpertin Wiebke von Atens-Kahlenberg. Bild: Wiebke von Atens-Kahlenberg | Fotostudio Brockshus

Wenn es ohne nicht geht, wie kann man Kindern dann einen guten Umgang mit Süßigkeiten beibringen?

"Man sollte selbst ein gutes Vorbild sein und genauso bewusst damit umgehen, wie man es sich von den Kindern wünscht", sagt die Ernährungsberaterin. Sie empfiehlt außerdem Kinder nicht mit Süßigkeiten zu belohnen oder zu trösten, da dies die Süßigkeiten positiv besetze. "Man kann Kindern etwa ab dem Vorschulalter auch mit Zuckerwürfeln vorführen, wie viel Zucker im Fruchtjoghurt oder in einem Glas Nutella ist."

Was bringt die von Bremen geforderte Zuckersteuer?

Die geplante Zuckersteuer findet Karsten richtig, sie hat aber noch weitere Lösungsvorschläge: "Wir sollten die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse reduzieren oder gar abschaffen", sagt sie.

Beim BIPS beschäftigt sich Sarah Forberger mit dem Thema Zuckersteuer. "Eine Besteuerung ist ein Anfang", sagt sie. Eine Steuer könne aber nur eine neben vielen Maßnahmen sein, um hohen Zuckerkonsum und Übergewicht zu bekämpfen. "Es bräuchte neben einer Besteuerung, Werbeverbote, Aufklärung aber auch Food Labeling", sagt sie.

Ob die Zuckersteuer kommt hängt maßgeblich von der nächsten Bundesregierung ab. Bremen bereitet laut einer Sprecherin des Gesundheitsressorts derzeit eine Beschlussvorlage für eine Konferenz der Länder Anfang April vor, um den Bund erneut aufzufordern, die Einführung einer Zuckersteuer zu prüfen.

Was tut Bremen bereits für eine gesunde Ernährung?

Bremen erhielt am 24. September 2024 die Auszeichnung "Best Organic City" von der EU-Kommission für die Förderung regionaler ökologischer Strukturen. Seit 2015 engagiert sich die Stadt im Netzwerk der Biostädte. Das Ziel: Den ökologischen Landbau fördern und somit die natürlichen Ressourcen schützen. Seit 2018 verfolgt Bremen außerdem den Aktionsplan 2025, der gesunde und ökologische Mahlzeiten an Schulen, Krankenhäusern und Kitas in öffentlicher Hand verbessern soll.

Außerdem finanziert das Gesundheitsressort 26 Gesundheitsfachkräfte, die an Grundschulen im Land Bremen über gesunde Ernährung aufklären. Ab dem Schuljahr 2024/25 fließt das Thema "Ernährung" außerdem verbindlich in die Bildungspläne mit ein.

Wie Bremer Eltern und Kitas den gesunden Umgang mit Zucker vermitteln

Bild: Radio Bremen
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    Zucker versteckt sich in verarbeiteten, aber auch in unverarbeiteten Lebensmitteln. Worauf sollte geachtet werden?

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Autor

  • Lukas Scharfenberger
    Lukas Scharfenberger Autor

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 31. Januar 2025, 19.30 Uhr