Schwedische Modekette öffnet erste deutsche Filiale in Bremen: Warum?
Eine neue Trend-Modemarke expandiert. Als ersten Standort in Deutschland wurde die Waterfront gewählt. Der Handelsverband meint: Dass die Wahl auf Bremen fiel, sei kein Zufall.
Das Bremer Einkaufszentrum Waterfront ist seit Donnerstag um eine Filiale der schwedischen Modekette 157 reicher. Das Besondere daran: Es handelt sich um die erste Filiale überhaupt, die die Kette in Deutschland eröffnet. Was das über den stationären Einzelhandel Bremens sagt – darüber hat buten un binnen mit Jan König gesprochen, dem Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Nordwest.
Herr König, was glauben Sie: Weshalb hat Lager 157 ausgerechnet in Bremen seine erste deutsche Filiale eröffnet?
Die Stadt Bremen ist schon wegen ihrer Größe der Leuchtturm im Nordwesten Deutschlands. Allein die Einwohnerzahl (knapp 580.000, die Redaktion) verspricht eine gewisse Kaufkraft, auf jeden Fall aber eine gewisse Anzahl potenzieller Kunden. Das Unternehmen wird sich die Marktdaten genau angesehen haben: die Kundenstruktur vor Ort, Passantenfrequenzen, die Kaufkraft ihrer Klientel, die Räumlichkeiten, die Miete, die Erreichbarkeit, und wie das Umfeld des Einkaufszentrums ist. Ich gehe davon aus, dass Lager 157 hier Geld verdienen will.
Es mag andere Unternehmen geben, die eine andere Taktik fahren, die sich irgendwo niederlassen, um erst einmal Märkte zu besetzen, oder, anders gesagt, den Markt durch einen Verdrängungswettbewerb zu bereinigen – ohne dadurch sofort Gewinne zu erwirtschaften. Aber das unterstelle ich Lager 157 nicht.
Was hat ein Einkaufszentrum wie die Waterfront der Bremer Innenstadt voraus?
Wenn man sich die Basics ansieht, dann fällt sofort ins Auge: Die Waterfront hat 4.000 Parkplätze, der Weserpark hat 4.700 Parkplätze, die Innenstadt hat – wenn man den Altstadtbereich nimmt – insgesamt 3.000 Parkplätze. Wenn das jemand sieht, der sich irgendwo neu ansiedelt, dann – wage ich zu behaupten – dann sieht er hierin einen Pluspunkt für die Einkaufszentren. Das mag nur eines von vielen Kriterien sein, für den stationären Handel aber ist die Erreichbarkeit auch mit dem Pkw ein sehr wichtiges Kriterium.
Wenn man sich die Bremer Politik der letzten zehn Jahre mit Blick auf die Innenstadt ansieht, dann muss man einfach sagen: Kein Einkaufszentrum würde auf die Idee kommen, 1.000 Parkplätze abzubauen. Oder die Zufahrtsstraßen zu Einbahnstraßen zu machen. Oder zurück zu bauen. Oder Parkgebühren zu erheben. All das ist aber in der Bremer Innenstadt passiert. Das hat die Erreichbarkeit der Innenstadt stark eingeschränkt und hilft den Einkaufszentren im Wettbewerb mit der City. Das als Stadt wie Gott gegeben hinzunehmen, ist der vollkommen falsche Ansatz. Man kann auch durch Unterlassen Wirtschaftspolitik in einer Innenstadt machen.
Davon abgesehen haben Einkaufszentren mit den gleichen Herausforderungen zu kämpfen wie Innenstädte, wie der gesamte stationäre Handel. Auch Einkaufszentren haben mit Leerständen zu tun und müssen sich gegen den Online-Handel behaupten. Im Moment beobachten wir zudem allgemein eine große Kaufzurückhaltung in Deutschland. Was für ein gut laufendes Einkaufszentrum vielleicht etwas einfacher sein mag als für die Innenstadt, ist, Nachmieter zu finden, wenn ein Geschäft leer steht.
Wie passt es überhaupt zusammen, dass, ob in der Innenstadt oder in einem Einkaufszentrum, an einer Stelle ein Geschäft dichtmacht und etwas ganz Ähnliches neu aufmacht?
Man darf nicht unterschätzen, wie groß der Markt ist, um den es geht. Der jährliche Umsatz des Einzelhandels ist bundesweit seit 2010 praktisch jedes Jahr gewachsen: von rund 430 Milliarden Euro in 2010 auf zuletzt mehr als 670 Milliarden Euro. Das hat zwar auch mit der Inflation zu tun. Trotzdem gab es das in dieser Konstanz vielleicht noch nie. Es ist viel Geld drin.
Was ich damit sagen will: Wir sprechen hier nicht über eine Krisenbranche! Es ist im Grunde genommen genügend Geld für alle da. Aber dann kommen die Rahmenbedingungen ins Spiel. Wir sehen in den Innenstädten sehr stark den Strukturwandel. Alles, was sich in den letzten Jahren geändert hat, hat sich zum Nachteil des nicht-filialisierten Fachhandels (zum Beispiel kleiner, inhabergeführter Fachgeschäfte, die Redaktion) ausgewirkt. Sein Marktanteil ist von knapp 30 Prozent zur Jahrtausendwende auf etwa 13 Prozent gesunken.
Wo das Geld ausgegeben wird – das hat sich verschoben. Nicht nur zugunsten des Online-Handels. Es hat sich auf viele andere Marktteilnehmer verteilt, etwa auch auf Discounter, Supermärkte und Filialisten, auf große internationale Ketten.
Inwiefern folgt der Einzug von Lager 157 in die Bremer Waterfront einem aktuellen Trend?
Lager 157 bietet nach eigenen Angaben günstige Bekleidung aus nachhaltiger Produktion. Sie distanziert sich von Fast Fashion. Außerdem hält die Firma ein zum großen Teil dauerhaftes Programm vor. Es geht beim Angebot also nicht so sehr nach Winter, Sommer und Herbst. Das ist vor dem Hintergrund des Klimawandels ein nicht zu unterschätzendes Thema. Wer wann Sommer- und wann Winterkleidung kauft – das hat sich ein bisschen gewandelt. Dieser Entwicklung entspricht das Konzept von Lager 157, auf eine ganzjährige Grundausstattung zu setzen.
Quelle: buten un binnen.