Bremens berühmter Lost Place: Kommt Leben in die "Umgedrehte Kommode"?
Es ist ein Wahrzeichen Bremens, doch der alte Wasserturm an der Weser ist seit Jahren ungenutzt. Doch wie lange noch? Ein Blick hinter die Kulissen.
Unübersehbar ist die umgedrehte Kommode am linken Weserufer. 2004 wurde der ehemalige Wasserturm auf dem Stadtwerder von dem Bremer Versorger SWB AG verkauft und 2008 an einen privaten Investor übergeben. Damals gab es große Pläne: Das Dach in 47 Metern Höhe sollte einen Glasaufbau bekommen und ein Restaurant oder Café beherbergen. Doch passiert ist erstmal lange nichts. Allenfalls an kleinen Nebengebäuden des Wasserturms wurde gebaut.
Der neogotische Backsteinbau hat Potenzial, das merkt jeder sofort, der einen Blick hineinwerfen kann – selbst wenn sich überall in den Geschossen Spinnenweben und Staub breit machen, hier und dort der Putz bröckelt, Fenster vergilben und Holzbretter bedenklich knarren. Was außen wie eine trutzige Burg anmutet, überrascht im Innern mit lichtdurchfluteten, großen Räumen.
In den Jahren seit dem Verkauf wurden das Gebäude nur sporadisch für Theateraufführungen oder Ausstellungen genutzt. Die Nutzungsmöglichkeiten für die "Umgedrehte Kommode" sind aber viel größer. Dass sie nicht umgesetzt werden, hat einen Grund: Privater Eigentümer und Stadt werden sich nicht einig. Das Gebäude, 1871 bis 1873 unter Leitung des Wasserbaudirektors Friedrich Rudolph Berg und des Architekten Johann Georg Poppe erbaut, steht seit 1978 unter Denkmalschutz.
Schlummernde Schönheit an der Weser
Zufrieden ist mit dem Zustand des alten Wasserturms niemand, aber die Beteiligten scheinen sich in eine Sackgasse manövriert zu haben. Jahrelang wurde mit dem Landesamt für Denkmalschutz darüber verhandelt, welche Umbauten wirtschaftlich sinnvoll sind und zugleich nicht den historischen Charakter des Gebäudes verändern.
Der Investor Sven-Erik Gless hatte das Gebäude für deutlich weniger als 100.000 Euro gekauft und viel damit vor: Gastronomie war in Planung hoch oben in der Glaskuppel, von Kultur und Wohnraum war die Rede. Die Begeisterung jedoch hielt sich in Grenzen. Vor allem bei ihm: Landesdenkmalpfleger Georg Skalecki. Mehrere Aktenordner dokumentieren die unendliche Geschichte. Die Jahre vergingen. Doch man kam auf keinen gemeinsamen Nenner.
Interessen nicht deckungsgleich
Skalecki ist seit Beginn seiner Dienstzeit als Landesdenkmalpfleger im Jahr 2001 mit der Gebäude befasst. Der Zahn der Zeit nagt unaufhörlich am Wasserturm. Das Amt hätte zwischenzeitlich auch ein Instandsetzungsgebot erlassen können, das den Eigentümer zum Handeln verpflichtet. Skalecki hat diese Karte nicht gezogen.
Sein Fazit der Gespräche lautet, dass der Investor am Ende eine gewisse Beratungsresistenz an den Tag gelegt hat. Gless hofft nach wie vor auf eine Einigung, damit es weitergehen kann.
Schmuckstück mit Zukunft?
"Wann geht es hier endlich weiter?" Eine Frage, die man sich auch im Bauressort stellt. Wenn auch eher zurückhaltend.
Bausenatorin Maike Schaefer macht deutlich, dass man dem Besitzer nicht viel vorschreiben kann: "Wir können Angebote machen, wir können Gespräche suchen, wir können Bauvoranfragen positiv bescheiden." Das alles sei passiert. Doch sieht sie den Ball im Spielfeld des Besitzers.
Jetzt liegt es aber an dem privaten Besitzer, zu sagen: Was möchte er mit der Kommode machen.
Maike Schaefer, Bremens Bausenatorin
Gless sagt gegenüber buten un binnen, dass er genau das jetzt vorhabe und die Gespräche wieder aufnehmen will.
Es wird dann wieder der Landesdenkmalschützer sein, der die Pläne prüfen muss. Bauen um jeden Preis ist mit ihm nicht zu machen: "Ich bin ja auch Bürger dieser Stadt, und natürlich kann ich mir schon vorstellen, dass das ein attraktiver Ort ist, wo man einiges mit anstellen kann."
Aber bevor das Objekt verunstaltet wird, dann soll es lieber so stehen bleiben.
Georg Skalecki, Landesdenkmalpfleger
Es gibt leise Hoffnung, dass mit diesem Gebäude in bester Lage in naher Zukunft was passiert. In das Pumpenhaus vor der Kommode ist bereits ein Restaurant eingezogen. Vielleicht ist das ja ein gutes Zeichen. Selbst im Lockdown.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 6. Januar 2020, 19:30 Uhr