Digitalisierung: Warum auch Stromzähler in Bremen smart sein sollen

Warum Bremer alte Stromzähler austauschen müssen

Bild: Radio Bremen

72.000 Bremer Haushalte haben Post von Wesernetz bekommen. Bei ihnen müssen die Zähler getauscht werden: Denn ab 2032 sind intelligente Stromzähler Pflicht – per Gesetz.

"Ihr moderner Stromzähler kommt" steht in roter, dicker Schrift auf dem Papier, dass Stefan Kischkel in den Händen hält. Es ist ein Brief vom Netzbetreiber Wesernetz. Als Hauseigentümer hat Kischkel, so schreibt es Wesernetz, nun sechs Wochen Zeit, bis bei ihm ein neuer, intelligenter – eben ein moderner – Stromzähler eingebaut werden soll. Ob das überhaupt möglich ist, weiß er nicht, schließlich ist sein Haus aus den 1950er Jahren.

Sein Elektriker Thomas Gnutzmann klärt ihn auf: Es ist nicht möglich. Eine neue Zählertafel müsse her. "Am einfachsten erkennt man es an der Farbe und daran, ob vor dem Zählern Türen sind", erklärt Gnutzmann, der Geschäftsführer eines Handwerkbetriebs und zusätzlich Obermeister der Bremer Elektro-Innung ist. Wenn die Tafel schwarz ist und es keine Türen gibt, müsse sie getauscht werden. "Auf den schwarzen Tafeln sind noch die weißen, runden Schraubsicherungen aus Porzellan verbaut. Die sind auch ein Sicherheits- und Gesundheitsrisiko", sagt er. Diese Sicherungen anzufassen sei gefährlich, fliegt eine raus, müsse ein Elektriker verständigt werden. Mit einer modernen Zählertafel könne der Kunde auch selbst die Hauptsicherungen wieder einlegen. "Der Kunde kann einfacher und vor allem selbst agieren."

Neue Anforderungen an die Technik

Bei den neuen Tafeln ginge es aber auch um mehr als "nur" um Sicherheit. "Heutzutage sind die Anforderungen an die Zählereinheiten viel höher", so Gnutzmann. "In den 50er Jahren, als dieses Haus gebaut wurde, brauchte man Energie für einen Radioempfänger und ein paar Glühbirnen", führt er fort. Das habe sich drastisch geändert. Über die Jahre sind schließlich etliche Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen, Spülmaschinen, Fernseher und Computer dazugekommen. So könne es zu Überlastungen kommen. Das sei nicht ungefährlich und könnte im schlimmsten Fall einen Brand auslösen.

Die Leitungen, die in so einer alten Tafel verbaut sind, sind mit dem heutigen Bedarf zu 200 bis 300 Prozent überlastet.

Ein Mann steht neben einer Wand mit einem Stromzähler.
Thomas Gnutzmann, Elektriker

"Ich kann sehr gut nachvollziehen, warum die Zählertafel getauscht werden muss. Sie ist alt und es ist einem schon klar, dass das nicht mehr haltbar ist", sagt Kischkel verständnisvoll. Auch wenn ihn Material und Installation etwa 5.500 Euro kosten. Die neuen, intelligenten Zähler und der Gerätewechsel werden vom Netzbetreiber Wesernetz gezahlt, es sei denn, der Kunde initiiert den Zählerwechsel. Dann zahlt er den Gerätewechsel selbst.

Erneuerung der Hausanlage wird oft vernachlässigt

Dass die Zähler überhaupt installiert werden können, dafür sei aber immer der Eigentümer zuständig: "Jeder Gebäudeeigentümer ist für den technisch einwandfreien Zustand seiner Hausanlage verantwortlich. Und ist deshalb dazu verpflichtet seine Anlage, falls sie nicht den gültigen Normen entspricht, anpassen zu lassen", erklärt Jean-Paul Berndt, Pressesprecher von Wesernetz.

Ein Handwerker schneidet Kabel an einem alten Stromzähler durch.
Die alte Zählertafel muss raus: Das kann ziemlich teuer sein. Bild: Radio Bremen

"In 70 Jahren haben die meisten Haus- oder Wohnungseigentümer mal das Dach, die Fenster und die Heizung erneuern lassen. Oft wird der Strom vergessen, weil er halt einfach da ist", sagt Gnutzmann. Jetzt, wo die Briefe vom Netzbetreiber kamen, seien viele das erste Mal richtig damit konfrontiert worden.

Wessen Zähler wann getauscht wird, hänge von mehreren Faktoren ab. "Das basiert zum einen auf der Eichfrist der Zähler", sagt Berndt, könne aber auch damit zusammenhängen, ob eine Photovoltaikanlage installiert werden soll. "Wenn diese über sieben Kilowatt Leistung hat, dann bekommt der Kunde in jedem Fall ein intelligentes Messsystem", so der Pressesprecher weiter.

Digitalisierung und Verbrauch

Stefan Kischkel hat keine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Trotzdem könne er von seinem neuen, modernen Zähler profitieren. Die digitalen Zähler sollen deutlicher auf den Verbrauch hinweisen und darüber informieren. "Sieht man direkt wie viel Strom man verbraucht, schaltet man das Licht oder den Fernseher vielleicht öfter aus, wenn man den Raum verlässt", pflichtet Gnutzmann bei.

Die neue Zählergeneration soll dazu beitragen, dass die Erzeugung und der Verbrauch von Energie besser in Einklang gebracht werden können.

Ein Porträt von Jean-Paul Berndt
Jean-Paul Berndt, Pressesprecher von Wesernetz.

Außerdem habe der Kunde in Zukunft – vorausgesetzt die Zähler seien getauscht – die Möglichkeit, ganz einfach den Stromanbieter zu wechseln. "Das ist zwar noch ein bisschen Zukunftsmusik, wird aber kommen", versichert Gnutzmann. Auch für die Netzbetreiber vereinfache die neue Generation an Zählergeräten vieles. "So wissen wir, welche Anforderungen an das Energienetz bestehen und können mit mehr Daten arbeiten, um die Auslastung zu optimieren", erklärt Berndt.

In Stefan Kischkels Haus geht es heute erstmal um die Grundvoraussetzung, die Zählertafel, damit im nächsten Schritt die modernen Zähler angebracht werden können. "Die Tafel zu tauschen ist definitiv die aufwendigere Arbeit", sagt Gnutzmann. Für einen halben Tag wird Kischkel keinen Strom haben.

Autor

  • Emil Stock

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 31. Januar 2025, 19:30 Uhr