Das sind die 7 größten Streitthemen aus Bremen und Bremerhaven
Wer in Bremen gerne mit Freunden oder Fremden streiten will, muss oft nur ein Stichwort vorgeben. Die sieben sichersten dieser Bremer Streit-Anlässe verraten wir hier.
Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Das mag bei Alltagsstreitigkeiten gelten. Für einige Zankthemen im kleinsten Bundesland gilt die zweite Hälfte dieses Sprichworts hingegen nicht. Kurzum, wer in Bremen oder Bremerhaven Streit sucht, kann diesen verlässlich mit folgenden sieben Stichworten auslösen.
1 Platanen: Fällen oder nicht?
Die Platanen am Weserdeich der Bremer Neustadt gefährden den Hochwasserschutz. Bei einer Sturmflut droht wegen ihnen die Überflutung der Bremer Neustadt, sagen Umweltbehörde und Deichverband Links der Weser. Weshalb schon 2012 die Entscheidung fiel, die alten Bäume zwischen Rotes Kreuz Krankenhaus und Eisenbahnbrücke zu fällen.
Dass die insgesamt 137 alten Bäume bis heute stehen, geht auf den massiven Widerstand vieler Bremer Bürgerinnen und Bürger zurück. Dieser mündete 2016 in der Gründung einer Bürgerinitiative, die 2017 mit rund 1.500 Unterschriften eine Petition gegen die Fällungen auf den Weg brachte. Selbst im Bremer Senat gibt es unterschiedliche Standpunkte darüber, ob die Platanen den Hochwasserschutz geopfert werden müssen oder nicht.
Inzwischen wird öffentlich am Staatsgerichtshof darüber verhandelt, ob ein Volksentscheid zum Platanen-Streit gegen den Widerstand des Senats möglich ist. Dass das Urteil die Gemüter beruhigen wird, dürfte ebenfalls strittig sein.
2 Parkverbote: Verbote ja, Alternativen nein?
Vollgeparkte Straßen, aufgesetztes Parken, zu enge Rettungsgassen – das halten viele Bremer und die Regierungsparteien SPD, Grüne und Linke für ein Problem. Die Konsequenz: Nach und nach streicht die Koalition in Bremens Straßen und Vierteln die Parkplätze zusammen. Es werden Parkverbotsschilder aufgestellt, Fahrradständer auf ehemaligen Parkflächen installiert oder Parkplätze durch Umbau entfernt.
Allein am und um den Sielwall hat das Mobilitätsressort zuletzt mehrere Hundert Parkplätze in einem Dutzend Straßen abgeschafft. Anwohner, die aus beruflichen, familiären oder anderen Gründen auf ein Auto angewiesen sind, fühlen sich allerdings vor den Kopf gestoßen. Denn zur Entscheidung befragt wurden sie nicht. Alternativen wie Anwohnerparken oder Quartiersgaragen sind ebenfalls nicht geschaffen worden.
Als nächstes sollen in den Stadtteilen Findorff und Neustadt neue Parkverbotszonen geschaffen werden. Auch hier ist Streit programmiert.
3 Drogenpolitik: Verbot oder Hilfe in der Not?
Dass Drogenmissbrauch und dessen Folgen in Bremen besonders präsent sind, darüber sind sich Bevölkerung, Experten und Politik einig. Dennoch wird über Bremens Drogenpolitik seit Jahren gestritten. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie das Problem gelöst werden kann.
So sind die einen davon überzeugt, dass Verbote und deren Kontrolle durch Polizei und Ordnungsamt helfen. So soll beispielsweise die Drogenszene vor allem rund um den Bremer Hauptbahnhof zurückgedrängt werden. Die anderen argumentieren hingegen, dass für Repressionen aufgewendete Gelder besser für ganz andere Zwecke eingesetzt werden sollten. Sie sind davon überzeugt, dass nur Prävention und Hilfsangebote für Suchtkranke die Lage verbessern können.
4 Weservertiefung: Mehr Brake oder weniger Brackwasser?
Dieses Thema spaltet nicht nur Wirtschaftsvertreter und Umweltschützer, sondern zieht auch Risse durch manche politische Partei. So befürwortet die Bremerhavener SPD die Weservertiefung, während der SPD-Unterbezirk Bremen-Stadt in der Vertiefung keinen Mehrwert für Bremen sind.
Die Befürworter nehmen dabei die Position ein, dass der Verkehr größerer Schiffe mit mehr Ladung zwischen Bremerhaven und Brake notwendig ist. Denn der Seehafen Brake sei einer der wichtigsten deutschen Umschlagplätze für Getreideimporte und Futtermittel. Er sei daher wichtig zum Erhalt der norddeutschen Häfen insgesamt.
Die Gegner fordern hingegen, vor einer erneuten Vertiefung zunächst einmal die Schäden vergangener Vertiefungen zu beheben. Ihnen zufolge müssten Sielbauwerke ertüchtigt werden, um das Vordringen von salzhaltigem Brackwasser in die Weser zu verhindern und so das Ökosystem zu schützen. Auch auf ein erhöhtes Hochwasserrisiko weisen die Gegner einer Vertiefung hin.
5 Vorschulpflicht, Notenvergabe, Sitzenbleiben?
Bremer Schulpolitik ohne Zank und Streit ist kaum denkbar. Zwar brachte der "Bremer Schulfrieden" dem kleinsten Bundesland 2008 bundesweite Aufmerksamkeit – dabei geht es vor allem darum, das zweigliedrige Schulsystem in Bremen aus Oberschulen und Gymnasien nicht zu verändern. An vielen anderen Stellen knirscht es jedoch gewaltig.
So wurde jüngst mal wieder darüber gestritten, ob Bremens Schülerinnen und Schülerinnen bei Sprachdefiziten zu einem Vorschuljahr verpflichtet werden sollten. Die Opposition fordert dies, der Senat lehnt es ab.
Und auch bei der Frage, ob Bremens Schülerinnen und Schüler in der Grundschule benotet werden sollten, geht ein tiefer Riss durch die Bremer Bürgerschaft. Dass in Bremen das Sitzenbleiben praktisch abgeschafft wurde, freut ebenfalls nur die einen, während die anderen mit dem Kopf schütteln.
Wer in Bremen zuverlässig Streit sucht, kommt um die Schulpolitik praktisch nicht herum.
6 Affenversuche: Eine Frage der Moral oder des Rechts?
Die Tierversuche des Hirnforschers Andreas Kreiter von der Uni Bremen erregen die Gemüter in Bremen seit 1997. Sind die Experimente, für die Affen fixiert und am Kopf operiert werden, wirklich unverzichtbar?
Ja, sagen die Uni Bremen und Kreiter. Es gehe um Grundlagenforschung zum Verständnis des Gehirns. Nein, sagen Tierschützer und auch Bremens Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke). Ihr Ressort hat den Antrag Kreiters auf Fortsetzung der Primatenversuche Ende 2023 abgelehnt.
Dennoch darf Kreiter zunächst weitermachen – zumindest so lange, bis das Verwaltungsgericht über einen Eilantrag entschieden hat, in dem sich die Uni Bremen gegen das Versuchsverbot wehrt. Wann das Verwaltungsgericht über den Eilantrag entscheiden wird, ist dem Gericht zufolge offen. Dieses Streitthema wird die Bremerinnen und Bremer also noch eine Weile begleiten.
7 Museumsschiff "Najade": Bauen oder nicht?
Das Schicksal der "Seute Deern" ist noch jedem Bremerhavener und jeder Bremerhavenerin präsent. Mit dem zunächst im Hafen versunkenen und dann abgewrackten Schiff schaffte es die Seestadt bundesweit auf die Titelseiten.
Die Pläne, die "Seute Deern" durch ein anderes Schiff zu ersetzen, stößt allerdings auf ein geteiltes Echo. 46 Millionen Euro soll der Nachbau des historischen Frachtseglers "Najade" kosten. Dieses Geld stammt vom Bund. 2,5 Millionen Euro sind nun allein dafür vorgesehen, ein Betriebskonzept für das neue Museumsschiff zu erstellen. Wobei die laufenden Kosten ersten Schätzungen zufolge voraussichtlich rund eine halbe Million Euro betragen werden.
Die Befürworter der Kopie der "Najade" hoffen auf eine neue Attraktion für den Museumshafen, denn die Najade war eines der ersten Segelschiffe mit Stahlrumpf. Die Gegner hingegen haben vor allem die Kosten im Blick – und verweisen dabei auch auf den Bundesrechnungshof. Der hatte gefordert, das Vorhaben zu stoppen. Es liege kein erhebliches Bundesinteresse an dem Neubau vor.
Sicher ist in dieser Debatte nur eins: Wer in Bremerhaven einen Streit beginnen will, muss nur das Stichwort "Najade" in den Raum werfen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 12. Februar 2024, 19_30 Uhr