Infografik
Das steckt hinter den skurrilsten Straßennamen im Land Bremen
Von der Lichtblickstraße über die Sorgenfrei zum Fünfmeterweg – im Land Bremen gibt es einige ungewöhnliche Straßennamen. Wir begeben uns auf Spurensuche, woher sie kommen.
Im Land Bremen gibt es einige ungewöhnliche Straßennamen wie die Sauerstoffstraße, Herrlichkeit oder auch die Batteriestraße. Aber warum heißen diese Straßen eigentlich so?
Dieser Frage ist Monika Porsch viele Jahre lang nachgegangen. Die heute 68-jährige Bremerin hat das Bremer Straßenlexikon geschrieben. Dafür hat sie viele Akten im Staatsarchiv gewälzt und immer wieder Kontakt zum Bremer Amt für Straßen und Verkehr aufgenommen. "Aber ich bin auch mit dem Fahrrad durch ganz Bremen gefahren, um mit Bewohnern zu sprechen und Bilder der Straßen zu machen", erzählt Porsch. So kennt sie fast jeden Winkel in ihrer Stadt – und verrät die Hintergründe einiger spannender Straßennamen.
1 Sorgenfrei
Die Straße Sorgenfrei gibt es bereits seit 1861 in Bremen. Damals soll laut Porschs Recherchen ein Mann ein Haus in der Straße besessen haben, was für einfache Leute damals ungewöhnlich war. Deshalb musste er sich niemals Gedanken machen, wo er wohnen kann und war unabhängig – er hatte ein sorgenfreies Leben. Der Name blieb – und lässt die Bewohner hoffentlich noch heute entspannt in die Zukunft blicken.
2 Lichtblickstraße
Einen ebenfalls poetischen Namen hat die Lichtblickstraße. Sie heißt so, weil hier 1953 eine Siedlung für vom Krieg Verwundete entstand – und die ein Lichtblick nach der schweren Zeit sein sollte. Der Wunsch ging damals vom Reichsbund der Kriegsbeschädigten aus und wurde vom Senat so angenommen.
3 Herrlichkeit
Bereits seit 1714 gibt es in Bremen die Straße "Herrlichkeit". Was der ursprüngliche Gedanke hinter diesem Straßennamen war, konnte Porsch nicht mehr eindeutig herausfinden. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder handelte es sich um "herr"liches Land – Land, welches den Herren, also dem Rat, gehört hat. "Vielleicht haben wir es mit einem Scherzwort zu tun, mit eine, Ausruf wie 'Wat'n Herr-lichkeit'", schreibt Porsch in ihrem Buch.
4 Lauschergang
An diesem Weg lag in den 1920er-Jahren ein Gasthaus, in dem es auch einen Festsaal gab. Regelmäßig wurde da gefeiert – und wer nicht eingeladen war oder zu jung, der stand draußen auf dem Weg und lauschte der Musik. Da ist der Wirt des Gasthauses zum Bürgermeister gelaufen und bat um die Straßenumbennenung. Damals war Arsten noch ein eigenes Dorf und kurzerhand hieß der Weg so.
5 Use Akschen
Use Akschen ist der plattdeutsche Begriff für unsere Aktien, beziehungsweise unsere Aktiengesellschaft. So bezeichneten die Werftmitarbeiter ihren Arbeitsplatz AG Weser. Als die Werft 1984 geschlossen wurde, sollte die Straße zunächst Stapelfeldstraße genannt werden – doch dagegen formte sich in Gröpelingen Protest. Das belegen alte Zeitungsberichte und Presseerklärungen, die im Bremer Staatsarchiv zu der Akte der Straße gehören.
Sogar die Polizei rückte 1984 zu einem Einsatz aus, als die Sozialistische Jugend Deutschlands gegen diesen Namen demonstrierte. Franz Stapelfeldt war während des Nationalsozialismus der Direktor der Werft. Danach hieß es, er sei Widerstandskämpfer gewesen. Doch das bezweifelte die Sozialistische Jugend Deutschland damals. Ihr Vorsitzender, Frank Hoffer, schrieb an den damaligen Präsidenten des Senats: "Stapelfeldt als Antifaschisten zu bezeichnen, ist eine Beleidigung für alle Antifaschisten, die unter Einsatz ihres Lebens gegen die nationalsozialistische Terrorherrschaft gekämpft haben." Stapelfeldt habe eine herausragenden Rolle als Wehrwirtschaftsführer bei der Planung und Koordinierung der Rüstungsproduktion während der Nazi-Diktatur gespielt.
Der Protest war am Ende erfolgreich und so erinnert die Straße Use Aksche heute an die ehemalige Werft.
Aber natürlich gibt es nicht nur in Bremen ungewöhnliche Straßennamen. In Bremerhaven hat Herbert Körtge 1992 ein Buch unter dem Titel "Die Straßennamen der Seestadt Bremerhaven" herausgegeben. Im Stadtarchiv verrät ein Blick in dieses Buch, wo so manch kurioser Name seine Herkunft hat.
1 Pferdebade
Dieser Straßenname leitet sich von einer alten Flurbezeichnung ab. Als 1938 eine Zufahrt zur Langener Landstraße geschaffen werden musste, wurde eine Straße neu angelegt – und beim Namen der Straße orientierte man sich an der alten Flurbezeichnung. Dabei ist laut Körtge unklar, was sich genau hinter dem Wortbestandteil bade verbirgt, vermutlich aber "Pad", also Pfad. Die Pferdebade war früher womöglich ein Pfad für Pferde.
2 Fünfmeterweg
Dieser Name ist Programm: Als die Straße 1921 als Teil des Fischereihafens entstanden ist, war sie fünf Meter breit – und der Name schnell gefunden.
3 Am Knie
1875 wurde diese Straße neu gebaut und hieß wegen der aufblühenden Schifffahrt zunächst Ankerstraße. 1938 wurde sie jedoch umbenannt und weil die Straße einen Knick macht, entschied man sich kurzerhand für den neuen Namen "Am Knie".
4 Batteriestraße
Diese Straße hat nichts mit den Batterien zu tun, wie wir sie heute kennen. Der Name hat einen militärischen Hintergrund. Und zwar wurde diese Straße 1870 ausgebaut, um als Zufahrtstraße zu dem Weserforts Brinkamahof zu dienen. In diesem Forts waren sogenannte Batterien stationiert. Als Batterie bezeichnet man Stellungen und militärische Einheiten der Artillerie mit Geschützen, Haubitzen, Raketenwerfern, Mörsern oder Flugabwehrkanonen.