Dieser leere Raum spielt eine wichtige Rolle bei den Maritimen Tagen
Gedimmtes Licht, graue Wände und nichts los: Warum dieser unspektakuläre Raum extra für die Maritimen Tage eingerichtet wurde, erfahren Sie hier.
Mitten im Columbus-Shoppingcenter in Bremerhaven führt ein Gang in einen großen, leeren Raum. Viel Licht gibt es hier nicht. An den Seiten stehen Stühle hinter einzelnen Trennwänden. Draußen singt der Shanty-Chor, Schiffe tuten und Tausende Menschen schlendern am Hafen entlang – und hier ist absolut nichts los. Und das ist auch wichtig.
Denn während viele den Trubel draußen genießen, brauchen einige viel Ruhe: "Es ist ein Angebot für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung", erklärt Elena Sachs vom Bremerhavener Autismus-Therapiezentrum. "Die dann hier diesen Raum betreten, können sich hier hinsetzen ohne zeitliche Begrenzung. Wir haben auch Ohrstöpsel, wenn es jemand ganz leise haben will."
Handy sind verboten
Auch jeder, der sonst das Bedürfnis nach Ruhe hat, ist willkommen. Dieses Angebot gibt es das erste Mal bei den Maritimen Tagen. Handys und Gespräche sind hier tabu. Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung sollen hier so wenig Reizen wie möglich ausgesetzt sein.
Diese Menschen sind im Alltag einfach ganz vielen Reizen ausgesetzt, die sie häufig nicht gut filtern können. Und dann findet eine Reizüberflutung statt. Das kann zu einer Überforderungssituation führen. Und dann ist Rückzug ganz, ganz wichtig.
Elena Sachs, Bremerhavener Autismus-Therapiezentrum
Nicht die einzige Neuheit bei den Maritimen Tagen
Neben dem stillen Raum gibt es noch eine weitere Neuheit bei den Maritimen Tagen – und die liegt nur ein paar Meter weiter. Im "Raum für neue Perspektiven" können Besucherinnen und Besucher zum Beispiel Rollstühle und Rollatoren ausprobieren.
Die achtjährige Emmy setzt eine Augenbinde auf und tastet sich vorsichtig mit einem Blindenstock durch den Raum. "Es war sehr schwer, weil wenn man zum Beispiel einfach geradeaus geht, dann knallt man mit dem Kopf oder so irgendwo gegen", resümiert sie anschließend. "Man muss einen an der Seite haben, damit man weiß, wie man gehen soll."
Emmy besucht die Maritimen Tage mit ihrer Mutter Viktoria und ist zufällig auf den "Raum für neue Perspektiven" gestoßen. Viktoria benutzt im Alltag selbst einen Rollator. "Ich habe selber einen Gehirntumor überlebt. Ich bin 60 Prozent invalid", erzählt sie.
Menschen sollen neue Perspektive einnehmen
An den einzelnen Mitmachstationen ist ordentlich Betrieb. Christiane Johannsen vom Netzwerk "Inklusives Bremerhaven" hat den Raum mitgestaltet und schaut zufrieden zu. Der Raum hat laut Johannsen nur ein Ziel: "Dass Menschen neue Perspektiven einnehmen und nicht die Probleme sehen, sondern die Chancen, was es uns alles bringt, die Gesellschaft bunter und inklusiver zu gestalten."
Jeder hat was davon, wenn man aneinander denkt und miteinander arbeitet und sich so nimmt, wie man ist – mit allem, was man mitbringt oder eben nicht mitbringt.
Christiane Johannsen, Netzwerk Inklusives Bremerhaven
Auch Viktoria findet, dass der Raum ein wichtiger Schritt ist, um die Maritimen Tage ein Stück inklusiver zu gestalten: "Nur wenn man weiß, wie es dem anderen geht, kann man in etwa begreifen, was in ihm vorgeht."
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 17. August 2024, 7.40 Uhr