"Stärkt Persönlichkeit": Wieso junge Bremer Polizisten werden wollen
Die Bremer Polizei braucht Verstärkung. Weshalb aber finden sich zu wenig Anwärter? Drei angehende Polizeikommissare erzählen, warum ihre Wahl ganz bewusst auf Bremen fiel.
Glaubt man dem Bremer CDU-Politiker Marco Lübke, so fehlen Bremen auch deshalb Polizisten, weil der Polizeiberuf im Zwei-Städte-Staat weniger attraktiv ist als in anderen Bundesländern. "Die jetzige Situation ist Ergebnis jahrelanger verfehlter Personalpolitik von Innensenator Mäurer", sagte Lübke im November.
Nachwuchskräfte bei der Bremer Polizei seien auch deshalb "rar gesät", weil Bremen Polizeianwärtern zu wenig biete: zu wenig Geld, zu wenig Wertschätzung und keinen Rückhalt. Zuvor hatte Polizeipräsident Dirk Fasse bei einer Personalversammlung ausgeführt, dass die Polizei — gerade vor dem Hintergrund steigender Einsatzzahlen — vollkommen überlastet sei.
Dem Vorwurf Lübkes, dass andere Bundesländer attraktiver für Polizeianwärter seien als Bremen, hielt Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) bei buten un binnen dagegen, dass die 600 Studierenden der Bremer Polizei überwiegend aus dem Umland kämen, nur eine Minderheit aus Bremen. Es stimme also nicht, dass die Polizei Bremen einen schlechteren Ruf unter Berufseinsteigern habe als jene anderer Bundesländer.
Wie aber sehen das Betroffene? buten un binnen hat mit drei angehenden Polizeikommissaren darüber gesprochen, weshalb sie sich für das duale Studium bei der Polizei Bremen entschieden haben.
Man kommt auf die Straße, um zu helfen
"Wahnsinnig vielseitig" sei die Arbeit bei der Polizei, schwärmt die 23-jährige Hannah, seit vorigem Oktober Studierende bei der Polizei Bremen. "Man lernt die unterschiedlichsten Menschen kennen, in den schlimmsten, aber auch in den besten Situationen", fügt sie erklärend hinzu. Als Polizistin sei sie zudem oft in einer Position, in der sie anderen eine Perspektive aufzeigen könne.
Ich kann auch schlimme Situationen für andere besser machen.
Hannah, 23-jährige Polizeianwärterin
Das sei in anderen Berufen in der Regel schwieriger.
Mit dieser Einschätzung liegt Hannah auf einer Linie mit ihrem Kollegen Noel. "Man kommt auf die Straße, um zu helfen", sagt der 18-Jährige. Für Noel war schon länger klar, dass er Polizist werden möchte, spätestens seit er in der neunten Klasse ein Praktikum bei der Polizei gemacht hat. "Das ist der richtige Beruf für mich", zeigt er sich überzeugt.
Auch der 20-jährige Oskar ist sich nach drei Monaten bei der Polizei Bremen sicher, dass er die richtige Entscheidung getroffen hat. Zwar sieht er im Streifendienst eine große Herausforderung, weil ihn dort viele komplizierte Situationen erwarten könnten. Doch davor hat er keine Angst, freut sich im Gegenteil darauf: "Das stärkt die Persönlichkeit", glaubt er.
Warum gerade Bremen?
Kaum nachvollziehen können die drei Polizeianwärter die These aus der Bremer Opposition, dass speziell Bremen als Arbeitgeber unattraktiv sei. Hannah und Oskar sehen es sogar genau umgekehrt. Beide kommen aus dem Bremer Umland. "Bremen ist als kleiner Stadtstaat einzigartig", sagt Hannah. Die Polizei sei von geradezu familiären, persönlichen Strukturen geprägt, gleichzeitig aber eine großstädtische und sogar eine Landespolizei. "Ich finde das deutlich interessanter als die Polizeiausbildung in Niedersachsen."
Oskar betont, dass er durch das Duale Studium in Bremen, anders als das in Niedersachsen der Fall wäre, den Großteil seiner Zeit an einem festen Standort verbringen könne. "Das ist auch mit Blick auf Freundschaften und die Familie ein Vorteil", sagt er.
Ein bisschen anders liegen die Dinge bei Noel. Noel kommt aus Hamburg, hatte sich sowohl dort als auch in Bremen um ein duales Studium bei der Polizei beworben. Allerdings hätte er in Hamburg lediglich einen Ausbildungsplatz für den mittleren Dienst bekommen. In Bremen dagegen wird er nun für den gehobenen Polizeidienst (Laufbahngruppe 2) ausgebildet: "Das ist natürlich attraktiver", sagt Noel dazu.
Ausschließlich gehobener Dienst
Zum Hintergrund: Die Polizei Bremen bildet Einsteiger ausschließlich für den gehobenen Dienst aus. Konkret bedeutet das: Wer hier anfängt, durchläuft berufsbegleitend ein dreijähriges Bachelor-Studium, darf sich nach erfolgreichem Abschluss Polizeikommissar nennen. "Letztlich besteht das Duale Studium aus eineinhalb Jahren Studium und eineinhalb Jahren Praxis", fasst Arsen Orcjan zusammen. Orcjan wirbt für die Polizei Bremen Studierende an.
So sicher sich Hannah, Oskar und Noel darin sind, dass sie bei der Polizei Bremen den richtigen Studienplatz gefunden haben, so offen ist derzeit für alle drei, in welcher Weise sie sich danach bei der Polizei spezialisieren oder welche Karrierestufe sie ansteuern wollen. "Das müssen sie aber jetzt auch noch nicht wissen", sagt Orcjan dazu. Schließlich sei das gerade das Schöne am dualen Studium: Es eröffne viele Perspektiven.
Unabhängig davon, wohin es während ihres dualen Studiums bei der Polizei Bremen Hannah, Oskar und Noel letztlich auch führen mag, stellen sie indes schon jetzt fest, dass ihre Entscheidung für die Polizei in ihrem Umfeld gut ankommt. "Sehr gespannt" seien Freunde und Familie auf ihre Erzählungen von der Arbeit, sagen Oskar und Hannah unisono. Und mit einem Lächeln im Gesicht ergänzt Noel: "Kürzlich hat mein Vater mir gesagt, dass er stolz auf mich ist." Sehr gut getan habe ihm das, sagt er dazu.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 27. November 2023, 19.30 Uhr