Phil Porter hat mitten in Bremen sein Paradies gefunden
Content note: In diesem Text wird Suizid thematisiert.
Phil Porter ist Künstler, Fotograf und Stadtführer und feiert Bremen als sein "Rom des Nordens". Das Bremer Schnoorviertel ist sein Paradies.
Die Art, wie er lebt und liebt, hat Phil Porter in ein Geschäft verpackt. Sein Vintage-Laden "Schnoor One" ist so etwas wie eine begehbare Schatzkiste. Hier verkauft Porter Möbelstücke, Requisiten aus seinen Fotoshootings, dekorative Schätze – und Geschichten. Er selbst nennt es ein Kaufhaus der alten Schule: "Man tritt dort ein, es zwitschern die Vögel, es gibt einen leichten Nebel, der aus dem Laden heraustritt und es gibt ein sehr warmes Licht. Überall ist es orange und grün."
Sein Look soll Höflichkeit ausstrahlen
Auch seine Outfits sind besonders. "Dass ich aus der Zeit gefallen bin, fing schon mit der Schulzeit an, weil ich schon in der vierten Klasse Anzüge getragen habe", so Porter. Schon damals verehrte er Filmstars wie Marilyn Monroe. Von anderen wurde er gehänselt und gemobbt. "Ich wollte mit meiner Garderobe schon immer Höflichkeit und Offenheit ausstrahlen. Ich wollte dem, was ich erlebt habe, etwas entgegensetzen."
Wenn die Sehnsucht erfüllt ist, möchte ich gern Platz machen für das nächste Schöne.
Phil Porter über die Kunst, Vergangenes hinter sich zu lassen
Egal ob er für Kampagnen, auf Hochzeiten oder für Einzelpersonen fotografiert: Phil Porter ist schnell entflammt und inszeniert mit viel Liebe zum Detail. Die Kulissen sind immer besonders, seine Fotos bunt und opulent oder geheimnisvoll und tiefgründig. Seine Werke liebt Porter abgöttisch – für vier bis sechs Wochen. "Dann verliere ich das Interesse daran. Vielleicht, weil ich damit dann etwas erfüllt habe, wo eine Sehnsucht in mir schlummerte. Und wenn die Sehnsucht dann erfüllt ist, möchte ich gern Platz machen für das nächste Schöne". Angestellt als Fotograf für eine Agentur zu arbeiten, kam dabei nie für ihn infrage: "Nein. Dafür ist mir das Menschsein zu wichtig."
Türen und Dächer öffnen sich für ihn
Immer wieder schafft Phil Porter es, andere Bremerinnen und Bremer von seinen Ideen und mit seiner Begeisterung anzustecken. Viele Menschen haben ihm ihre Türen zu den Dächern der Stadt geöffnet: Porter kommt in den Dom hinein, auf die Dächer des Johann-Jacobs-Hauses oder auf das der ehemaligen Beluga-Reederei. "Wenn man oft genug fragt und ein Anliegen hat, wird einem in dieser Stadt zugehört – das darf man nicht verschweigen."
Sinnlichkeit kommt gern zu kurz. Im ganzen Leben.
Phil Porter über das, was er transportieren möchte
Porter veranstaltet Events oder Stadtführungen, die so schillernde Namen wie "Bremer Horizonte", "Rom des Nordens" oder "Vom Dom bis zum Mond" tragen. Dabei zeigt er nicht nur Gebäude und Sehenswürdigkeiten, sondern möchte unterhalten und inspirieren. Andere sollen seine Stadt mit alle Sinnen erleben, denn: "Sinnlichkeit kommt gern zu kurz. Im ganzen Leben." Dabei spart Porter als Stadtführer die Schattenseiten Bremens nicht aus: "Es geht auch ums Eingemachte. Es geht um Zwangsprostitution, um Armut, es geht um all das, was man in dieser Stadt auch ignoriert."
Das Grübeln ist ein großer Teil von ihm
Phil Porter lebt für die Veränderung. In der Öffentlichkeit wird er häufig als Hedonist wahrgenommen, der das Spiel mit der Aufmerksamkeit sucht. Doch wer ihn näher kennenlernt, bekommt auch eine sehr stille Seite zu sehen: "Neben der Liebe ist tatsächlich die Traurigkeit und die Melancholie ein sehr großer Teil von mir. Viele denken immer, ich bin ein Paradiesvogel, ein bunter Hund, laut, schillernd. Doch mein größeres Ich, wenn man so möchte, ist sehr nachdenklich und ruhig und still und sitzt zu Hause oder liegt im Bett und kuschelt sich ein und grübelt."
Eine ausgestreckte Hand in dieser Situation war für mich ein Zeichen, wie einfach sich die Welt verändern lässt.
Phil Porter über eine Organistin, die ihm zur Seite stand, als er sich das Leben nehmen wollte
Schon als Kind hatte er einen ersten Suizid-Versuch unternommen, als junger Erwachsener folgte ein zweiter. Damals lebte Porter in Enger im Kreis Herford und fand in einem seiner dunkelsten Momente Zuflucht in einer Kirche. Die anwesende Kirchen-Organistin bot ihm an, für ihn weiterzuspielen und für ihn da zu sein, wenn er möchte. "Eine ausgestreckte Hand in dieser Situation war für mich ein Zeichen, wie einfach sich die Welt verändern lässt", erinnert sich Porter an diesen Schlüsselmoment. Noch heute erzählt er bei seinen Stadtführungen im Bremer Dom davon.
Meine Neugierde ist meine größte Stärke.
Phil Porter über seine Zukunftspläne
Gerade macht sich Porter viele Gedanken darum, wer er künftig sein möchte und welchen Weg er persönlich, aber auch beruflich einschlagen wird. Lange, sagt Porter, habe er sich darüber definiert hat, wie erfolgreich er war. "Ich mache mir momentan viele Gedanken darüber, wer ich eigentlich bin. Und der, der ich nicht bin, ist ein guter Geschäftsmann, wenn man das klassisch so sagen mag." Trotzdem arbeitet er an seinem Traum, im Schnoorviertel ein magisches Postamt zu eröffnen. Denn eines ist ihm gewiss: "Meine Neugierde ist meine größte Stärke."
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 16. Januar 2025, 18:05 Uhr