Warum gesetzlich Versicherte in Bremen länger auf Arzttermine warten
Die Gesetzlichen Kassen kritisieren eine Ungleichbehandlung bei der Vergabe von Arztterminen zwischen Kassen- und Privatversicherten. Das Problem besteht offenbar auch in Bremen.
Sind Sie privat oder gesetzlich versichert? Wer einen Termin bei einem Facharzt buchen will, bekommt diese Frage häufig zuerst gestellt. Wer privat versichert ist, hat Glück: Oft ist ein Termin in den kommenden Tagen frei, wie eine testweise Terminvereinbarung in der Online-Terminbuchungs-App "Doctolib" für das Stadtgebiet Bremen zeigt. Gesetzlich Versicherte schauen laut App hingegen in die Röhre, müssen Wochen oder sogar Monate warten.
Auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen spricht von einer Bevorzugung von Privatversicherten gegenüber gesetzlich Versicherten bei der Vergabe von Arztterminen. Er fordert, Termine vor allem nach Dringlichkeit zu vergeben. Das Problem gebe es in Bremen seit Jahren – unabhängig von Terminbuchungs-Apps, sagt Edeltraud Paul-Bauer von der Patientenberatung im Gesundheitspolitik-Informationszentrum "Gesundheitsladen Bremen".
Höherer Verdienst durch Privatpatienten?
Paul-Bauer glaubt, dass die unterschiedliche Vergütung der Kassen- und Privatpatienten dazu führt, dass offenbar Privatpatienten bei der Terminvergabe bevorzugt werden. Bei Privatpatienten könnten Ärzte für Leistungen deutlich höhere Sätze abrechnen. "Viele Ärztinnen und Ärzte sagen, dass ihnen Privatpatienten die Praxis finanzieren mit ihren Beiträgen – auch für die gesetzlich Versicherten", sagt Paul-Bauer. So argumentiert auch der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV): Privatversicherte würden zu einem großen Teil das Gesundheitssystem finanzieren, heißt es von der PKV. Paul-Bauer weist darauf hin, dass ein Arzt mit einer Kassenzulassung dazu verpflichtet ist, eben auch gesetzlich Versicherte zu behandeln.
Privatversicherte "lohnen" sich finanziell mehr
Uwe Schwichtenberg behandelt Kassen- und Privatpatienten nach eigenen Angaben gleichermaßen. Der Dermatologe aus Bremen-Nord ist Landesvorsitzender des Verbandes für Dermatologen in Bremen. Schwichtenberg ist sich sicher: Privatpatienten bekommen nicht immer früher einen Termin, auch bei ihm in der Praxis nicht. Eine Aufteilung nach Art der Krankenversicherung findet er trotzdem sinnvoll, denn gesetzlich Versicherte kosteten Ärztinnen und Ärzten häufig viel Geld, sagt er.
Das Problem: Pro Quartal bekommt er für eine einfache Behandlung eines gesetzlich versicherten Patienten rund 15 Euro von der Krankenkasse – egal, wie oft der Patient den Arzt besucht. Miete, Strom, Behandlungskosten – all das muss er davon bezahlen. Privatversicherte bringen Ärzten mehr Geld ein, denn diese Behandlungen können zu höheren Sätzen abgerechnet werden.
Kaum Lösungen für ein komplexes Problem
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) fordert – ähnlich wie der Spitzenverband der gesetzlich Versicherten – eine Vergabe von Terminen nach Dringlichkeit. Im Dezember warf er der FDP und der Union vor, eine Verbesserung des Systems zu blockieren. Der Bremer Dermatologe sieht darin eine Lösung, Ärzten statt einer Pauschale pro Quartal die tatsächlich aufgewendete Behandlungszeit für gesetzlich Versicherte zu zahlen. "Damit ich mich endlich wieder kümmern kann", fügt Schwichtenberg hinzu.
Egal, ob gesetzlich oder privat versichert: Wer krank und in Not ist, kann in eine Praxis kommen. Dafür gibt es offene Sprechstunden oder Notfall-Sprechstunden. Daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern. Da sind sich die Beteiligten aus Politik, Medizin und Patientenvertretung einig.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Vormittag, 10. Januar 2025, 10:10 Uhr