Interview
Wie gespalten sind die USA vor der Wahl? 2 Bremer erzählen
Am 5. November wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Und die Welt blickt gebannt auf das enge Rennen. Zwei Exil-Amerikaner in Bremen blicken unterschiedlich auf die Wahl.
In den USA geht der Kampf ums Weiße Haus auf die Zielgeraden: Am 5. November wird gewählt. Eine tiefe Spaltung geht durch das ganze Land – zwischen Demokraten auf der einen, und Republikanern auf der anderen Seite. Wir haben zwei Exil-Amerikaner gefragt, ob sich die Spaltung auch hierzulande zeigt. Beide sind Wahl-Bremer und Vertreter jeweils einer der beiden großen Parteien. Und beide erklären im Doppelinterview, warum sie sich jeweils für die eine der zwei Seiten stark machen.
Bitte stellen Sie sich kurz vor
Kimberly Deore: Ich heiße Kimberly Deore und ich arbeite als Ärztin hier und bin seit 2010 in Deutschland.
Alan Cemore: Ich heiße Alan Cemore und bin seit 1981 in Europa und das aus beruflichen Gründen.
Welche Partei unterstützen Sie, und warum?
Deore: Ich habe Kamala Harris gewählt. Ich hatte vorher geplant, Joe Biden zu wählen, aber hatte mir schon Sorgen gemacht wegen seines Alters. Was Kamala angeht: Ich finde ihre Ideen richtig. Dazu gehört ihre Haltung in der Abtreibungsfrage. Aber sie wird auch die amerikanische Mittelschicht besser unterstützen. Das verstehe ich unter 'Demokratie': Der Staat sollte allen helfen, nicht nur den reichen Leuten.
Cemore: Ich bin Republikaner seit mittlerweile 48 Jahren. Die Republikaner sind die Partei von Abraham Lincoln. Die sind für mehr Macht in den einzelnen Bundesstaaten, für weniger Regierung und weniger Gesetze, stattdessen für mehr Selbstverantwortung für die Menschen. Das ist der wichtigste Grund für mich, warum ich eher die Republikaner wähle.
...trotz oder wegen des republikanischen Kandidaten Donald Trump?
Cemore: Ich versuche, das sachlich und sehr pragmatisch zu sehen. Deshalb folge ich auch keinen ideologischen Sachen und auch eine reine Persönlichkeitspolitik finde ich nicht gut. Und deshalb ist für mich die 'Partei-Plattform', das jeweilige Programm entscheidend. Und wenn ich mir die Plattform von den Demokraten anschaue und mit der Partei-Plattform der Republikaner vergleiche: Dann ist, was ich bei den Republikanern sehe, das, was ich gut finde.
…heißt das, der Kandidat – Donald Trump – spielt nicht die entscheidende Rolle?
Cemore: Nein, bei mir nicht.
Haben Sie etwas Gutes über die Gegenseite zu sagen?
Deore: From the top of my head: Bei Trump... also ich kann nichts Positives über ihn denken! Der ist jemand, der nur an sich denkt. Okay, es könnte lustig sein, mal ein Bier mit ihm zu trinken – obwohl, ganz ehrlich, selbst da habe ich Zweifel! Also ich will hier nicht komplett schwarzmalen, aber politisch habe ich nichts Gutes über ihn zu sagen.
Cemore: Ich sehe die Welt nicht schwarz-weiß. Natürlich gibt es positive Dinge auch auf der anderen Seite. Aber es gibt auch Punkte der anderen Seite, wo ich sage, nein, das möchte ich nicht mitmachen. Das sind eher moralische Fragen wie beispielsweise das Thema Abtreibung. Aber, ja: Bei Themen wie zum Beispiel der Wirtschaftspolitik, da ist es zu einem gewissen Grad eine Frage der jeweiligen Interpretation und Ausführung... Aber wie gesagt, einige andere Themen bei den Demokraten sind für mich ein No Go.
Was machen Sie am 5. und am 6. November?
Deore: Also am 5. November muss ich den ganzen Tag arbeiten und das ist eine gute Ablenkung. Es wird ja sowieso nichts passieren tagsüber deutscher Zeit sondern sowieso erst mit Verspätung. Und dann am nächsten Tag, am 6. November: Da müssen wir schauen, ob es überhaupt schon ein Ergebnis in den USA gibt…
Cemore: Ich werde Geburtstag feiern… Ich habe am 6. November Geburtstag (lacht).
Und wie geht es am Ende aus? Wie ist Ihre Prognose?
Cemore: Das weiß nur der liebe Gott... keine Ahnung!
Deore: Es ist sehr, sehr eng. Ich hoffe, dass Kamala am Ende gewinnt. Aber ich wäre nicht überrascht, wenn doch Trump der Gewinner wäre.
Was wünschen Sie sich für die Zeit nach der Wahl? Kommen beide so unterschiedliche Seiten in den USA jemals wieder zusammen – die Demokraten und die Republikaner?
Deore: Oh Gott, ich hoffe das sehr. Ich glaube aber, das wäre einfacher, wenn Trump nicht gewinnt. Dann könnten die beiden – Republikaner und Demokraten – endlich einen neuen Anfang machen, miteinander sprechen und nicht mehr streiten, und gemeinsam arbeiten.
Cemore: Ich kann nur hoffen, dass man mehr Liebe zueinander und mehr Menschlichkeit findet. Ich glaube, letztendlich verbinden uns – die Amerikaner sowieso, aber auch die Europäer und Amerikaner – viel mehr Sachen, als dass sie uns trennen.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 1. November 2024, 19:30 Uhr