Interview

Bremer Forscher empfiehlt späteren Schulstart für ältere Schüler

Bremer Chronobiologe erklärt, wie sich die innere Uhr verändert

Bild: Imago | Panthermedia

Einen späteren Schulstart wünschen sich wohl viele Bremer Schülerinnen und Schüler. Chronobiologe Sören Häfker hält das nicht immer für gut – ab 15 Jahren aber für ratsam.

Eigentlich promoviert Sören Häfker am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven über genetisch gesteuerte Uhren in planktonischen Krebsen. Denn die Chronobiologie beschäftigt sich unter anderem mit sich wiederholenden Verhaltensmustern bei Organismen und wie sich die Zeit auf sie auswirkt. "Innere Uhren gibt es in der Natur überall", sagt Häfker. Und die Mechanismen funktionieren bei allen Tieren ähnlich – auch beim Menschen.

Häfker erklärt, dass jeder Mensch einem individuellen Chronotyp entspricht. Das bedeutet, dass sie zu verschiedenen Uhrzeiten unterschiedlich leistungsfähig sind. Könnte man an diese Chronotypen also den Schulstart anlehnen?

Herr Häfker, wie stehen Sie zu einem späteren Unterrichtsbeginn?

Es ist erstmal wichtig, dass man guckt, für welche Klassenstufen das gemacht wird. Der Chronotyp ist genetisch durch die Eltern vererbt, aber verändert sich mit dem Alter. Kleine Kinder, wie viele Eltern wissen, sind Frühaufsteher. Danach verschiebt sich der Chronotyp aber immer weiter nach hinten, bis zum Alter zwischen 15 und 20 Jahren. Da ist man eher ein Langschläfer, der erst abends richtig aktiv wird. Ich würde zwar keine Klassenstufe festlegen, aber ab 15 Jahren aufwärts ist ein späterer Schulbeginn zu empfehlen.

Warum können wir zu einer späteren Uhrzeit geistig mehr leisten?

Das liegt daran, wie die inneren Uhren unseren Stoffwechsel steuern. Sie steuern, wie schläfrig wir sind und wann wir Hunger bekommen. Unsere geistige Leistungsfähigkeit ist auch ein Faktor, der besonders für die Schüler relevant ist.

Der Chronobiologe Sören Häfker im Studio von buten un binnen
Der Chronobiologe Sören Häfker promoviert am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven über genetisch gesteuerte Uhren in planktonischen Krebsen. Bild: Radio Bremen

Ein späterer Unterrichtsbeginn könnte Eltern zur Last fallen. Wie könnte ein Angebot gestaltet werden, dass in der ersten Stunde vor dem eigentlichen Unterrichtsbeginn stattfindet?

Idealerweise wäre das etwas, was draußen stattfinden kann. Natürliches Licht ist das Beste, um die innere Uhr und auch sich selbst auf Trapp zu bringen. Ansonsten wäre Sportunterricht eine Möglichkeit. Generell alles, was nicht in dunklen Räumen stattfindet. Das ist natürlich speziell in der dunklen Jahreszeit nicht immer möglich, aber es würde dabei helfen, dass die Schüler besser aktiv werden und auch besser arbeiten können.

Welche Konsequenzen kann es haben, wenn man permanent gegen seine innere Uhr anarbeitet?

Dazu gibt es viele Studien, die sich eher mit Themen wie Schichtarbeit beschäftigen. Das kann tatsächlich gesundheitliche Konsequenzen haben. Zum Schulanfang ist mir nichts an Studien bekannt, dazu möchte ich keine großen Ansagen machen. Generell ist es aber nicht förderlich.

(Das Gespräch führte Felix Krömer für buten un binnen TV. Aufgeschrieben und redigiert hat es Alec Gosewich.)

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Bild: Radio Bremen

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Autor

  • Felix Krömer
    Felix Krömer

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen mit Sportblitz, 22. September 2024, 19:30 Uhr