Interview
"Gen Z" und Arbeit? "Genauso leistungsbereit wie es alle mal waren"
Immer mal wieder stehen junge Menschen in der Kritik – wegen ihrer vermeintlich laxen Einstellung zur Arbeit. Expertin Yaël Meier erklärt bei "3nach9", warum sich das nicht erhärten lässt.
Sie wollen nicht arbeiten. Und wenn doch, dann höchstens vier Tage in der Woche und zu einem hohen Einstiegsgehalt. Mit solchen Vorurteilen sieht sich die Generation Z auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert. Yaël Meier möchte junges Denken in Unternehmen bringen. Die 24-jährige Schweizerin ist selbst Unternehmerin und zweifache Mutter. 2020 gründete sie eine Werbe- und Beratungsagentur, die Konzernen unter anderem die Bedürfnisse ihrer Generation erklärt. Bei "3nach9" erzählt sie, worauf es ankommt.
Yaël Meier, was ist eigentlich die Generation Z?
Die Gen Z sind Leute, die zwischen 1995 und 2010 geboren sind. Was die Generation von anderen unterscheidet, ist, dass wir zum Beispiel ein Leben ohne Internet nicht kennen. Ich und meine Generation wurden geprägt durch den Kontext, in dem wir aufgewachsen sind. Das macht uns anders. Die Vorurteile sind der Grund, warum man aktuell viel über diese Generation spricht, denn auf dem Arbeitsmarkt wollen sie nicht mehr arbeiten – heißt es.
Es gibt viele Vorurteile gegenüber der Generation Z. Sie sei nicht leistungsbereit, will Home Office, eine Vier-Tage-Woche und ein hohes Einstiegsgehalt. Was erwartet Ihre Generation wirklich vom Arbeitsmarkt?
Bei allen Vorurteilen ist etwas Wahres dran. Aber das Problem ist nicht, dass junge Leute nicht mehr arbeiten wollen und nicht mehr leistungsbereit sind, sondern dass es wegen der demographischen Entwicklung einfach nicht mehr genügend junge Leute gibt. Das heißt, man muss um die jungen Leute kämpfen. Als die Boomer (Anm. d. Red.: Menschen der besonders geburtenstarken Jahrgänge 1957 bis 1968) in den Arbeitsmarkt eingestiegen sind, hatten sie eine unglaublich große Konkurrenz. Man musste sich anstrengen, um den Job zu bekommen, im Job zu bleiben und Karriere zu machen. Heute gibt es viel zu wenige Arbeitskräfte und das spüren die Talente, die auf dem Markt sind. Die Unternehmen strengen sich jetzt an, die Talente zu bekommen.
Aber ich glaube, das ist gar nichts Schlechtes, weil es vielleicht auch von toxischen Arbeitsmodellen weggeht – weil man Arbeitnehmende mehr ins Zentrum setzt. Man muss einfach wissen und verstehen, wie man diese neuen Talente ansprechen und sie motivieren muss, weil das ein bisschen anders geworden ist.
Yaël Meier, Unternehmerin
Die Generation Z stellt also Erwartungen an den Arbeitsmarkt. Aber was kann sie zum Arbeitsmarkt beitragen?
Junge Leute wollen leisten. Ich glaube auch, dass wir auf viele Widerstände treffen. Zum Beispiel Social Media bietet unglaublich viele Möglichkeiten, was Schattenseiten, aber auch viele positive Dinge mit sich bringt. Mit den Schattenseiten muss man auch lernen, klarzukommen. Wir sind genauso leistungsbereit, wie es alle mal waren. Wir können einfach andere Forderungen stellen. Ich habe zum Beispiel einen guten Freund, der eine Lehre als Koch gemacht hat. Da wurde er geschlagen mit der Pfanne. Ich glaube nicht, dass es gut ist, dass das damals passiert ist. Wenn heute jemand mit 15 Jahren einsteigt und sagt: "Ich komme nicht mehr zur Arbeit, wenn ich geschlagen werde, unbezahlte Überstunden mache, nicht wertgeschätzt und nicht ernst genommen werde. Das mach ich nicht mit." – dann ist das etwas Positives, weil es Stärke beweist, für sich einstehen zu können und weil es den Arbeitsmarkt positiv verändern kann.
Glauben Sie, dass die Gen Z damit etwas für alle verändert?
Ich glaube auf jeden Fall, dass die Generation Z etwas auf dem Arbeitsmarkt verändert. Aber es sind ja nicht nur sie, es sind auch die Umstände, in denen wir in die Wirtschaft eintreten.
Was wir brauchen, sind Unternehmen, die uns Verantwortung übergeben.
Yaël Meier, Unternehmerin
Dann sind auch junge Menschen bereit, mehr als nur das Nötigste für ihren Job zu geben.
In Vorstellungsgesprächen wird immer noch häufig die eine Frage gestellt: Wo sehen Sie sich in zehn Jahren? Wie ist das bei Ihnen?
Ich habe mein Leben nie vorgeplant. Ich hätte vor zehn Jahren nie gedacht, dass ich heute hier bin. Darum möchte ich mir auch meine nächsten zehn Jahre nicht jetzt schon vorstellen. Ich werde da sein, wo ich dann bin.
(Das Gespräch führten Judith Rakers und Giovanni di Lorenzo für 3nach9. Aufgeschrieben und redigiert hat es Alec Gosewisch.)
Dieses Thema im Programm: 3nach9, 20. Dezember 2024, 22 Uhr