Diese Bremerin begleitet Menschen vor ihrem Tod
Viele Menschen sind in ihrer letzten Lebensphase allein. Ehrenamtliche Hospizbegleiter können für sie da sein – so wie die Bremerin Gabi Murr.
Gabi Murr begleitet Menschen vor ihrem Tod. Sie ist da in der Zeit, bevor Menschen sterben. "Jeder darf Angst haben, darf Sorgen haben, es ist ja nicht so, dass es nicht da ist, wenn ich nicht drüber rede", sagt sie. Seit fünf Jahren begleitet die Bremerin Menschen als ehrenamtliche Hospizbegleiterin. Sie möchte die Themen Sterben, Trauer und Tod aus der Tabuzone herausholen: "Da beschäftigt sich niemand gerne mit und trotzdem können wir alle nicht davor weglaufen. Früher oder später ereilt es uns, entweder uns selber oder im Freundes,- Familien,- oder Bekanntenkreis."
An diesem Nachmittag besucht sie Ria Gebauer im Stadtteilhaus der Bremer Heimstiftung, ein Altenpflegeheim in Bremen Findorff. Die 91-Jährige sitzt in ihrem Zimmer zwischen bunten Kissen auf einem graubraunen Sofa am Fenster. "Hallo Frau Gebauer, haben Sie schon gewartet?", fragt Gabi Murr. Ria Gebauer lächelt. "Ja, ich bin aufgestanden. Dachte, ich steh mal auf", sagt sie. "Das ist doch auch schön jetzt bei der Sonne."
Die Frauen unterhalten sich vertraut. Sie sehen sich einmal in der Woche. Die Hospizhilfe bietet für Schwerstkranke oder für Menschen wie Ria Gebauer, die über 90 Jahre alt sind, diese Besuche an. Gabi Murr hat ihr Ehrenamt schon zu der Zeit begonnen, als sie noch als Pädagogin in einer Behindertenbetreuung gearbeitet hat. Heute ist die 63-Jährige im Ruhestand.
Platz für Sorgen und Ängste
Sie hat sich für die Ausbildung als ehrenamtliche Hospizbegleiterin entschieden, weil sie selbst erfahren hat, wie wichtig es ist, über Trauer zu sprechen. "Mein Vater hat nicht über seine Krebserkrankung gesprochen und hat das eigentlich verdrängt und meine Mutter wusste gar nicht wohin mit ihren Ängsten und Sorgen, deswegen denke ich, es ist einfach wichtig, sich mitzuteilen", erzählt sie.
Ria Gebauer hat Glück. Sie bekommt Besuch von ihren Söhnen, Schwiegertöchtern und Enkeln. Die 91-Jährige hat Probleme mit den Augen, aber ihr Gedächtnis funktioniert noch gut und so genießt sie die Gespräche mit Gabi Murr. Denn im Heim hat sie zwar auch Kontakte zu anderen Bewohnerinnen und Bewohnern, aber nicht mit allen sind zusammenhängende Gespräche noch möglich. Viele sind dement.
Tod als Gesprächsthema
Hospizarbeit bedeutet Sterbebegleitung. Gabi Murr begleitet die Menschen meist bis kurz vor dem Tod. Eher selten ist sie direkt in dem Moment bei ihnen, wenn sie sterben. Aber sie sieht sie oft noch ein paar Tage davor.
Bei ihren Gesprächen nimmt sie sich zurück und geht auf die Menschen ein. "Ich stehe nicht jemandem gegenüber und meine sagen zu können, was für denjenigen gut ist, sondern eher eben abzuwarten, was bringt diese Person mit oder was möchte sie mitteilen oder vielleicht auch mal ein Schweigen auszuhalten", sagt sie. Über das Thema Tod sprechen die Menschen, die Gabi Murr besucht, nicht oft. Aber in den Gesprächen äußern einige ihre Ängste.
Oft ist es ja so, dass es Angst ist vor Schmerzen, also vor diesem Zustand davor, sich nicht mehr äußern zu können, oft sind es eher diese Dinge davor und dann gar nicht mehr der Tod selber.
Hospizbegleiterin Gabi Murr
Ein bereicherndes Ehrenamt
Die Hospizbegleiterin unterhält sich bei ihren Besuchen nicht nur. Sie unternimmt, wenn möglich, auch mit den Menschen Dinge, die sie sich wünschen. "Es kann sein, dass jemand lieber nochmal raus und ein Eis essen möchte. Es ist gar nicht immer das große Schwere, sondern kann auch das Alltägliche sein und das Leichte und das Schöne, was jemand vielleicht nochmal erleben möchte."
Mit Ria Gebauer spielt sie gern Karten im Wintergarten oder sie gehen gemeinsam nach draußen. An diesem Nachmittag sind sie ins Gespräch vertieft. "Ich bin am Sonnabend hier runtergelaufen zum Eiscafé. Da habe ich hin und zurück und zwei Stunden gebraucht", erzählt die 91-jährige Ria Gebauer. "Ich find's toll, dass Sie das machen", antwortet Gabi Murr.
Die Hospizbegleiterin erlebt es als bereichernd, für Menschen wie Gebauer in ihrer letzten Lebensphase da zu sein. Die Arbeit geht aber nicht spurlos an ihr vorbei. Besonders, wenn sie Menschen gehen lassen muss, die sie über längere Zeit begleitet hat, erzählt sie. "Schöne Momente sind, wenn sich jemand freut, wenn ich komme, dass ich mit jemandem Zeit verbringe. Dann ist es schon so, dass es Freude gibt, wenn ich komme und ja Dankbarkeit, dass ich da bin und mir Zeit nehme."
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 18. Mai 2024, 13:40 Uhr