Reichspogromnacht: An diesen Orten wird in Bremen der Opfer gedacht
Fünf Bremerinnen und Bremer jüdischen Glaubens wurden in der Reichspogromnacht ermordet. Ihnen und den anderen Opfern wird im Land Bremen an diesen Orten gedacht.
Am 9. November 1938 riefen die Nationalsozialisten dazu auf Synagogen und jüdische Geschäfte zu zerstören. Mehr als 1.400 Synagogen und jüdische Bethäuser wurden in dieser Nacht angezündet, 400 Menschen wurden ermordet und etwa 30.000 Menschen wurden in Konzentrationslager verschleppt.
In Bremen wurde damals die Synagoge in der Kolpingstraße in Brand gesetzt und mehr als 30 jüdische Geschäfte zerstört. Am und um den 9. November wird traditionell der Opfer dieser November-Pogrome gedacht – auch im Land Bremen gibt es einige Gedenkveranstaltungen.
1 Nacht der Jugend im Bremer Rathaus
Im Bremer Rathaus findet am 6. November wieder die "Nacht der Jugend" statt. Ab 18 Uhr gedenken Bremer Jugendliche hier der Opfer der Reichspogromnacht. Auf dem Programm stehen mehrere Beiträge zum Thema Respekt, Musik und jugendpolitische Debatten.
Außerdem werden zwei Zeitzeugen von ihren Erlebnissen berichten: Dr. Eva Umlauf, der als Zweijährige in Auschwitz ihre KZ-Nummer in den Unterarm tätowiert wurde. Und Friedrich Buhlrich, dessen drei Halbgeschwister von den Nationalsozialisten ermordet wurden.
Das diesjährige Motto ist "Respekt:voll". Den Organisatoren zufolge, soll die Veranstaltung daran erinnern, wie wichtig Respekt für ein friedliches Zusammenleben in einer Demokratie ist.
Die Veranstalter erwarten etwa 650 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Nacht der Jugend findet seit 1998 jedes Jahr im Bremer Rathaus statt. Sie wird von einem ehrenamtlichen Organisationsteam in Zusammenarbeit mit der Senatskanzlei veranstaltet.
2 Gedenkstunde im Schnoor
Am Mahnmal vor dem Landherrnamt in der Dechanatstraße erinnern Mitglieder der Bremischen Bürgerschaft und des Senats am 8. November an die Bremer Opfer der November-Pogrome. In Bremen wurden in der Reichspogromnacht fünf Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens ermordet. Aus Rücksicht auf den jüdischen Ruhetag Schabbat findet die Gedenkstunde schon einen Tag vor dem Jahrestag statt. Die Gedenkstunde beginnt um 11 Uhr.
Dr. Anastassia Pletoukhina ist dieses Jahr als Rednerin eingeladen. Sie ist Sozialwissenschaftlerin und leitende Repräsentantin der Jewish Agency for Israel in Berlin. Im Jahr 2019 überlebte sie den antisemitischen Anschlag auf eine Synagoge in Halle (Saale).
Wie in jedem Jahr gestalten Schülerinnen und Schülern der St.-Johannis-Schule und der Landesrabbiner der Jüdischen Gemeinde Bremen, Netanel Teitelbaum, die Gedenkstunde mit. Außerdem werden Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Horn mit einem Vortrag und mit einer Performance ihr Engagement für die Demokratie vorstellen.
3 Kranzniederlegung in Bremerhaven
Am 8. November um 14 Uhr gibt es eine weitere Gedenkveranstaltung am Synagogengedenkstein in der Ludwigstraße (Ecke Schulstraße) in Bremerhaven. Zum Thema "Erinnern! Aber wie?" wird Dr. Beate Porombka, Vorsitzende des Jeanette-Schocken-Preis – Bremerhavener Bürgerpreis für Literatur e.V, eine Rede halten. Anschließend wird Landesrabbiner Netanel Teiltelbaum das traditionelle Totengebet "Kaddisch" sprechen. Am Ende der Veranstaltung wird gemeinsam ein Kranz am Synagogengedenkstein niedergelegt.
Auch diese Veranstaltung findet aus Rücksicht auf den jüdischen Ruhetags Schabbat schon am 8. November statt.
4 Stolpersteine-Rundgang im Stephani-Quartier
Die Kulturkirche St. Stephani Bremen lädt am 9. November zu einem Stolpersteine-Rundgang durch das Stephani-Quartier ein. Der Rundgang mit Pastor Friedrich Scherrer beginnt am Begegnungszentrum St. Michaelis - St. Stephani am Doventorsteinweg 51 um 15 Uhr.
5 Einweihung des Jacob-Wolff-Platzes in Vegesack
Das Ortsamt Vegesack nimmt den 9. November zum Anlass den Jacob-Wolff-Platz in Vegesack einzuweihen. Die Veranstaltung beginnt um 15 Uhr.
An diesem Platz stand früher die Synagoge der jüdischen Gemeinde, die vom NS-Regime niedergebrannt wurde. Jacob Wolff war der letzte Vorsteher der jüdischen Gemeinde. Er wurde später im Konzentrationslager Theresienstadt inhaftiert und starb dort im Dezember 1942.
Das Straßenschild des Platzes soll symbolisch enthüllt werden. Dazu gibt es Wortbeiträge der Beiratssprecherin Heike Spreche, von Ortsamtsleiter Gunnar Sgolik und von Elvira Noa, Vorsitzende der jüdischen Gemeinde im Lande Bremen. Auch Bürgermeister Andreas Bovenschulte wird eine Rede halten.
6 Gedenkveranstaltung und Lesung in Bremerhaven
Die Menorah – Liberale jüdische Gemeinde Bremen/Bremerhaven lädt am 9. November von 17:45 bis 18 Uhr zu einer Gedenkveranstaltung nach Bremerhaven ein. Treffpunkt ist die Chanukkia neben der großen Kirche in der Bürgermeister-Smidt-Str. 45.
Kommunikationswissenschaftler Ruben Gerczikow wird bei der Veranstaltung dabei sein. Er recherchiert unter anderem zu antisemitischen Strukturen im digitalen und öffentlichen Raum. Außerdem wird der Politik- und Religionswissenschaftler Monty Ott teilnehmen. Er beschäftigt sich in einen Beiträgen regelmäßig mit Antisemitismus und Erinnerungskultur.
Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung werden beide Gäste um 18:30 Uhr im Deutschen Auswandererhaus ein Lesung zu ihrem Buch "Wir lassen uns nicht unterkriegen – Junge jüdische Politik in Deutschland" geben und laden zu einer Podiumsdiskussion ein. Die Lesung findet innerhalb des Jüdischen Kulturprogramms "Resonanzen" im Deutschen Auswandererhaus statt.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 7. November 2024, 7:35 Uhr