Fragen & Antworten

Wenn der Chef im Urlaub nervt: Diese Rechte haben Bremer Arbeitnehmer

Ein Mann läuft mit einem Hndy am Ohr am Strand entlang.

Im Urlaub für die Arbeit erreichbar sein – ganz normal?

Bild: Imago

Eine repräsentative Umfrage hat ergeben: Immer mehr Menschen sind während ihres Sommerurlaubs für den Job erreichbar. Die Arbeitnehmerkammer Bremen warnt vor diesem Trend.

Schnell eine Firmen-Mail beantworten, die SMS der Chefin oder eine kurze Frage des Kollegen. Der (Arbeits-)Alltag stellt sich auch im Urlaub schnell wieder ein. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands bitkom.

Danach sind über zwei Drittel der erwerbstätigen Menschen in Deutschland auch in ihrem Urlaub für den Job erreichbar. Bei den 50- bis 64-jährigen Berufstätigen sind sogar 73 Prozent im Sommerurlaub beruflich erreichbar; bei den 16- bis 29-Jährigen dagegen nur 51 Prozent.

Für die Umfrage hat bitkom nach eigenen Angaben die Antworten von 1.005 Menschen ab 16 Jahren ausgewertet.

Die Arbeitnehmerkammer Bremen sieht die Ergebnisse der Umfrage mit Sorge. Seit Jahren nehme die Belastung der Arbeitnehmer zu. Im schlimmsten Fall würde sich so keine Erholung einstellen. Und: Eine Erreichbarkeit im Urlaub kann der Arbeitgeber nur in wenigen Fällen vom Arbeitnehmer verlangen:

Eine Frau hält ein rotes Paragrafen-Zeichen in den Händen (Symbolbild)
Laut Bundesurlaubsgesetz soll sich der Arbeitnehmer im Urlaub erholen. Bild: Imago | Panthermedia/Andrey Popov

Müssen Arbeitnehmer im Urlaub erreichbar sein?

Grundsätzlich nein. Der Urlaub gilt der Erholung, das ist im Bundesurlaubsgesetz auch so geregelt. Trotzdem haben viele Arbeitnehmer individuelle Vereinbarungen in ihrem Arbeitsvertrag. Die verpflichten zum Beispiel dazu, einmal am Tag das Diensthandy zu checken, sagt Rechtsberater Torsten Kleine von der Arbeitnehmerkammer Bremen. Doch diese Regelungen seien unzulässig, so Kleine. Denn der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer im Urlaub gänzlich freizustellen.

Wie viel Zeit dürfen Arbeitgeber von mir im Urlaub fordern?

Die Arbeitnehmerkammer sagt: Gar keine. Der gesetzliche bestimmte Mindesturlaub von 24 Tagen dient ausschließlich der Erholung.

Gibt es Ausnahmen?

Ja – für Urlaub, der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus geht, also vom Arbeitgeber geregelt ist. In diesem Fall ist es dem Arbeitgeber erlaubt, individuelle Vereinbarungen zu treffen. Die können dann auch die Erreichbarkeit im Urlaub betreffen, sagt Torsten Kleine.

Ein junger Mann hat erschöpft seinen Kopf zwischen seine Unterlagen auf den Schreibtisch gelegt
Dauernde Erreichbarkeit kann im schlimmsten Fall psychische Folgen haben. Bild: dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Welche Folgen hat dauernde Erreichbarkeit?

Die Arbeitnehmerkammer beobachtet einen Trend hin zu mehr Belastung im Job. Durch Forderung nach ständiger Erreichbarkeit erzeugen Arbeitgeber einen enormen Druck und die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen, sagt Torsten Kleine.

Jörn Hons von der AOK Bremen warnt vor starken Einschnitten in die psychische und physische Gesundheit. Dauerstress ohne Erholung könne demnach im schlimmsten Fall zum Burn Out führen. Aber auch zum Beispiel zu Bluthochdruck. Das erhöhe über Jahre das Risiko, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden, so Hons. Auch Diabetes und Übergewicht können eine mögliche Form von Dauerstress sein.

Was kann ich tun, wenn mich mein Arbeitgeber trotzdem im Urlaub anrufen möchte?

Bei den Beratungen der Arbeitnehmerkammer Bremen taucht diese Frage immer wieder auf. Grundsätzlich ist niemand dazu verpflichtet, in seinem gesetzlichen Mindesturlaub zu arbeiten.

Wer aber Angst vor schlechter Stimmung im Job hat, dem rät Torsten Kleine zunächst, das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen. Wenn das nicht funktioniert oder keine Option ist, empfiehlt er den Betriebsrat einzuschalten – soweit ein solcher existiert.

Autorin

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 10. Juli 2024, 7:40 Uhr