Deutsch lernen am Arbeitsplatz? Cuxhavener Hotel bietet Sprachkurse an

Im Strandhotel Duhnen sitzen mehrere Mitarbeiter und ein Lehrer bei einem Sprachkurs an einem runden Holztisch.

Deutsch lernen am Arbeitsplatz? Cuxhavener Hotel bietet Sprachkurse an

Bild: Radio Bremen | Helge Hommers

Im Strandhotel Duhnen arbeiten Menschen aus 19 Nationen. Deutsch lernen ausländische Angestellte bei einem ehemaligen Lehrer – ein Angebot, das aus der Not heraus geboren ist.

Mit einem elektronischen Stift tippt Heinz Rehse gegen das digitale Whiteboard. "So, liebe Leute, wir haben uns ja über Adjektive unterhalten", sagt der pensionierte Deutschlehrer und blickt in die überwiegend spanischsprachige Runde. Seine vier Schülerinnen und Schüler nicken wiederholt, während sie in ihren Arbeitsheften blättern. "Und die kann man ja steigern", fährt Rehse fort, woraufhin die Gruppe im Chor mitspricht: "Groß, größer, am größten."

Sprachunterricht statt Ruhestand

Ein Deutschlehrer steht neben einem Holztisch, an dem zwei Hotelmitarbeiter sitzen.
Seit Mai 2024 ist Heinz Rehse (rechts) als Deutschlehrer im Strandhotel Duhnen angestellt. Bild: Radio Bremen | Helge Hommers

Zweimal die Woche fährt der Cuxhavener zum Strandhotel Duhnen. In einem Nebenraum, in dessen Mitte ein runder Holztisch steht und ein Segelschiff-Gemälde an der Wand hängt, gibt er in zwei Einheiten täglich Sprachunterricht. "Die Deutschvermittlung an ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich wirklich bemühen, hier Fuß zu fassen, ist eine tolle Aufgabe", betont Rehse. Tatenlos seinen Ruhestand zu genießen und vor allem auf dem Sofa zu liegen, kommt für den 76-Jährigen ohnehin nicht infrage. "Es macht mir einfach Spaß und außerdem bin ich nicht nur unter Gleichaltrigen."

Nichts gegen Gleichaltrige, aber ich bin gern mit jungen Menschen zusammen und bekomme auch noch neue Impulse für mich.

Sprachlehrer Heinz Rehse

100 Mitarbeiter aus 19 Nationen

In dem Hotel arbeiten rund 100 Menschen aus 19 Nationen. Einige können kein Deutsch, möchten es aber lernen. Dafür besuchten sie bislang Sprachkurse an der Volkshochschule. Was zwar immer gut geklappt hat, aber einen Nachteil mit sich bringt: Die Kurse werden überwiegend abends angeboten. Sowohl für das Hotel als auch für die Angestellten ein eher schlechtes Zeitfenster, erklärt Hoteldirektor Kristian Kamp: "Viele Mitarbeiter brauchen wir im Abendgeschäft. Für uns ist das dann ein Zeitproblem."

Blick auf die Fassade vom Strandhotel Duhnen in Cuxhaven.
Im Strandhotel Duhnen arbeiten Menschen unter anderem aus Indien, Simbabwe und Kolumbien. Bild: Radio Bremen | Helge Hommers

Über einen der Kurse lernte seine Frau Annette schließlich den VHS-Lehrer Rehse kennen. Spontan fragte die Hoteldirektorin, ob er sich vorstellen könne, ihre Mitarbeiter auch vor Ort im Hotel zu unterrichten. Rehse bejahte. Seit Mai des vergangenen Jahres bittet er nun als Minijobber in Duhnen zum Unterricht – und das stets am Nachmittag.

Die meisten Angestellten haben dann noch frei und sind – anders als nach der Schicht – noch frisch im Kopf. Auch dass für viele der Fahrtweg kürzer ausfällt und die Kursteilnehmer durch die gemeinsame Arbeit vertraut miteinander sind, macht sich bezahlt.

Man kennt sich, das hat dann auch was mit Wohlfühlen zu tun. Es macht den Unterricht flüssiger, aber auch gezielter.

Hoteldirektor Kristian Kamp

Zwei Gruppen mit maximal sechs Schülern

Aufgeteilt sind die Sprachschüler in Anfänger und Fortgeschrittene. Die Gruppen sind maximal sechs Personen groß. Rund 15 Mitarbeiter nutzen das freiwillige Angebot regelmäßig. Einer ist Earnest Johnson, der seit fünf Monaten im Housekeeping angestellt ist.

Eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter vom Strandhotel Duhnen in Cuxhaven stehen lächelnd vor einem Whiteboard.
Der Inder Earnest Johnson (rechts) und die Kolumbianerin Estefanny Cantillo nehmen am Anfängerkurs teil. Bild: Radio Bremen | Helge Hommers

"Wenn ich die Sprache mehr verstehe, kann ich mich besser mit meinen Kollegen und den Gästen verständigen", sagt Johnson, der aus Indien kommt und vor allem Englisch spricht. "Ich kenne viele deutsche Wörter, aber weiß oft noch nicht, wie ich sie in einem Satz zusammensetzen muss." Trotzdem fühlt sich der 25-Jährige wohl in dem Kurs. "Es ist nicht zu schwierig für mich, weil unser Lehrer gut Englisch spricht und ich ihn jederzeit fragen kann", sagt Johnson.

Moud Rutendo Mucheka kommt aus Simbabwe und arbeitet im Service. Die 31-Jährige ist erst seit drei Monaten in Deutschland, gehört aber schon zur Fortgeschrittenen-Gruppe. "In der Berufsschule lernen wir alles auf Deutsch, auch deswegen nehme ich an dem Kurs teil", sagt Mucheka.

Eine Mitarbeiterin vom Strandhotel Duhnen hält lächelnd einen Strift in der Hand.
Mag das Wort "wunderbar": Moud Rutendo Mucheka. Bild: Radio Bremen | Helge Hommers

Sie weiß es zu schätzen, dass Rehse sich Zeit für seine Schüler nimmt. "Er hat sehr viel Geduld mit uns Studenten, das finde ich sehr wichtig." Ihr gefällt die deutsche Sprache, auch wenn ihr das Hören oft noch schwerfällt. Eine sprachliche Entdeckung aber hat es ihr besonders angetan: "Mein Lieblingswort ist 'wunderbar'", erzählt sie lächelnd.

Es hat eine schöne Bedeutung und auch es auszusprechen, ist einfach schön.

Hotelangestellte Moud Rutendo Mucheka

Maßnahme gegen Fachkräftemangel?

Geht es nach Hoteldirektor Kamp, könnte das Modell ein Lösungsansatz für den Fachkräftemangel sein. "Nicht nur in unserer Branche sind wir auf den Zuzug von ausländischen Mitarbeitern angewiesen – und das bringt oft das Sprachproblem mit sich", sagt Kamp, der auch Cuxhavener Vorsitzender vom Hotel- und Gaststättenverband ist. Im Strandhotel Duhnen habe man jedoch "nicht die Rakete neu erfunden", sondern nur die Bedürfnisse zueinander gebracht.

Wir haben im Erlernen der deutschen Sprache tatsächlich eine Beschleunigung, weil der Unterricht sehr konzentriert und regelmäßig stattfindet. Auch vonseiten der Lernenden hat das einen hohen Zuspruch, weil ihnen Deutsch auf diese Art und Weise anscheinend am schnellsten beigebracht wird.

Hoteldirektor Kamp

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Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Tag, 23. Januar 2024, 13:10 Uhr