Interview

"Der Christopher Street Day in Bremen wird immer wichtiger"

Teilnehmende laufen beim CSD durch Bremen
Fordern mehr Toleranz und Akzeptanz: Demonstrantinnen und Demonstranten beim Christopher Street Day 2022 in Bremen. Bild: Radio Bremen | Hannah Wolf

Beim Christopher Street Day am Samstag in Bremen hoffen die Veranstalter auf viele Teilnehmer. Je mehr Menschen mitmachten, desto größer die politische Bedeutung, erklärt ein Sprecher.

Die Liste der politischen Forderungen des Christopher Street Day Bremen ist lang. So fordert der CSD mehr politischen Einsatz für Menschenrechte, Maßnahmen gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz, das Aus für geschlechtszuweisende Operationen. Und doch entzünden sich in der Öffentlichkeit immer mal wieder Debatten um die Frage, ob es sich beim CSD nicht eher um eine Party handele als um eine politische Demonstration. buten un binnen hat darüber mit Jermaine Greene, Sprecher des CSD Bremen, gesprochen.

Bärtiger Mann mit lila Pullover lächelt für professionelles Portrait in Kamera
Hofft, dass der Christopher Street Day Bremen der queeren Community zu einer größeren Sichtbarkeit in unserer Gesellschaft verhilft: Jermaine Greene. Bild: Jermaine Greene

Herr Greene, beim Christopher Street Day in Berlin vor wenigen Wochen haben mal wieder einige Medien den unterschwelligen Vorwurf erhoben, dass es beim CSD vor allem ums Feiern gehe, nicht so sehr um Politik. Wie sehen Sie das mit Blick auf den CSD Bremen am 26. August?

In meinen Augen ist ein Christopher Street Day immer eine politische Veranstaltung. Er kann nicht unpolitisch sein. Wir fördern die Sichtbarkeit der LGBTQIA+-Community (lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, transsexuell, intersexuell, queer, die Redaktion). Denn schon diese Sichtbarkeit unserer Community in der großen Gemeinschaft aller Menschen ist ein politisches Zeichen. Darüber hinaus erheben wir eine Reihe konkreter politischer Forderungen.

Hinzu kommt: Wir wollen der queeren Community in Bremen mit dem CSD zeigen, dass es hier viele queere Angebote gibt, die uns, den CSD, auch als Plattform nutzen können, um sich nach außen darzustellen. Trotzdem mag es sein, dass einige beim CSD einfach nur feiern, tanzen und sich mal ein bisschen bunter kleiden wollen. Darin sehe ich aber keinen Widerspruch. Eine Party und politische Ziele schließen sich nicht aus.

Unter anderem fordern Sie von der Politik einen besseren Schutz der queeren Community und dass die Gleichstellung queerer Menschen vorankommt. All das steht auch im Koalitionsvertrag der neuen Bremer Landesregierung. Haben Sie damit Ihre Ziele erreicht?

Nein, noch lange nicht. Ich glaube: Wenn man sich die deutschlandweiten, aber auch die europäischen politischen Entwicklungen der letzten Zeit ansieht, so müssen wir gerade jetzt besonders für den Erhalt und für den Ausbau unserer Rechte kämpfen.

Denken Sie nur an die Abschaffung des Transsexuellen-Gesetzes und die Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes. Wir haben lange dafür gekämpft und kämpfen weiter dafür. Das Bundeskabinett hat gerade einem Gesetzesentwurf zugestimmt. Das ist ein großer Erfolg. Aber noch ist das Gesetz nicht umgesetzt. Bevor das nicht geschieht, bevor es das Gesetz nicht wirklich gibt, werden wir es weiter von Bremen aus fordern. Das Gleiche gilt im Prinzip auch für das, was die Bremer Landesregierung in ihren Koalitionsvertrag geschrieben hat. Es ist noch nicht umgesetzt. Also sind wir auch noch nicht am Ziel.

Welche der anderen aktuellen Forderungen, die der CSD Bremen erhebt, liegt Ihnen persönlich besonders am Herzen?

Das Queer Mapping: Wir müssen in Bremen damit anfangen, queere Geschichte zu dokumentieren und zu archivieren. Das ist wichtig, weil wir andernfalls historisch nicht stattfinden, die queere Community historisch unsichtbar bleibt. Aber gerade die Sichtbarkeit der LGBTQIA+-Community in der Gesellschaft ist uns sehr wichtig.

In der jungen Bremer Geschichte der queeren Community gab es schlimme Vorfälle. Eine Transfrau ist von Jugendlichen in einer Straßenbahn schwer verletzt worden. Wie sicher leben queere Menschen in Bremen?

Das kommt darauf an, wen man fragt und wo man in Bremen lebt. Aber ich glaube, dass die Sicherheit homosexueller Menschen im Regelfall größer ist als die einer nichtbinären Person oder einer transgeschlechtlichen Person, der man halt gewisse Dinge ansieht. Ich habe vor ein paar Tagen mit einer Transfrau gesprochen, die gesagt hat: "In dem Moment, in dem ich die Wohnung verlasse, habe ich immer das Gefühl, dass ich von jeder Seite attackiert werden kann." Sie fühlt sich nur in ihren eigenen vier Wänden wirklich sicher.

Das hat aber nichts damit zu tun, dass Bremen ein besonders schlimmes Pflaster wäre. Das ist einfach die Realität von Transmenschen, mehr oder weniger überall in Deutschland. Das darf natürlich nicht sein! Man sieht daran, wie wichtig es ist, dass wir durch Veranstaltungen wie den Christopher Street Day Sichtbarkeit der LGBTQIA+-Community herstellen und möglichst viele Menschen mit uns zusammen auf die Straße gehen.

Demonstrationsroute für den CSD Bremen 2023

CSD-Route 2023 ERLENSTRASSE ERLENSTRASSE ERLENSTRASSE OSTERDEICH OSTERDEICH OSTERDEICH BIS M ARCKSTRASSE BIS M ARCKSTRASSE BIS M ARCKSTRASSE HOLLERALLEE HOLLERALLEE HOLLERALLEE BRE I TENWEG BRE I TENWEG BRE I TENWEG M A R TIN I ANLEGER - PIER 2 M A R TIN I ANLEGER - PIER 2 M A R TIN I ANLEGER - PIER 2 FELDSTRASSE FELDSTRASSE FELDSTRASSE OSTERDEICH OSTERDEICH OSTERDEICH BIS M ARCKSTRASSE BIS M ARCKSTRASSE BIS M ARCKSTRASSE H H H STRANDWEG STRANDWEG STRANDWEG OSTERDEICH OSTERDEICH OSTERDEICH M I T TE M I T TE M I T TE NEUS T A D T NEUS T A D T NEUS T A D T SCH W A CH H A USEN SCH W A CH H A USEN SCH W A CH H A USEN ÖSTLICHE ÖSTLICHE V ORS T A D V ORS T A D ÖSTLICHE V ORS T A D BREMEN BREMEN BREMEN Demosta r t und K undgebungsplatz

Was glauben Sie: Wie viele Bremerinnen und Bremer werden am Samstag zum Christopher Street Day mit Ihnen auf die Straße gehen?

Im letzten Jahr waren es 12.000 Menschen. Wir hoffen, dass es diesmal mehr sein werden. Wir würden uns auf 13.000, 14.000 oder 15.000 Menschen freuen. Damit man sieht, dass das Ganze wächst. Der CSD in Bremen wird eine feste Institution, die immer wichtiger wird. Aber natürlich muss das Wetter auch einigermaßen mitspielen. Sonnenschein wäre eine Hilfe.

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 26. August 2023, 19.30 Uhr