Einbrüche und Drogen: Wie Menschen im Bremer Viertel damit leben
Das Leben und Arbeiten im Viertel wird rauer. Das sagen zumindest Anwohner und Ladenbesitzer. Sie fürchten Pöbeleien, Einbrüche und Folgen von Drogen. So schützen sie sich.
Das Viertel ist einer der beliebtesten Stadtteile Bremens. Es gibt Cafés, Kneipen, Restaurants und teils originelle Einkaufsmöglichkeiten, ein großes kulturelles Angebot – aber gleichzeitig auch jede Menge Probleme. Viele sorgen sich wegen Überfällen, Pöbeleien, Drogen und Schmutz. Menschen werden vorsichtiger, einige haben nicht einmal mehr Lust, im Viertel shoppen oder feiern zu gehen. Anwohner und Ladenbesitzer haben buten un binnen erzählt, wie sie mit der Lage umgehen.
Gitter vor dem Friseursalon
Jeanette A. hat ein Stahlgitter vor ihre Friseursalontür bauen lassen. Kosten: 7.500 Euro. Vorher ist sie im Laden mit einem Messer attackiert worden, wie Jeanette A. erzählt. Und Unbekannte haben in den Friseursalon gepinkelt.
Nun bleibt das Gitter zu – und die Ladentür auf. Einmal sei das Gitter bisher demoliert worden: Jemand trat mit dem Fuß dagegen und verbog so das Gitter. Doch es hielt stand. Jeanette A. findet es traurig, dass es so weit gekommen ist, aber es müsse eben weitergehen.
Es ist unangenehmer geworden, darum auch das Gitter. Diebstähle, Unsicherheit, viele Drogen – die Leute fühlen sich nicht mehr so sicher, wenn sie abends ausgehen. Leider.
Jeanette A., Friseurin im Bremer Viertel
Kameras gegen Ladendiebstähle
Vor drei Monaten hat Mojtaba R. die erste Kamera installiert, wie er sagt. Ein entsprechender Aufkleber über der Eingangstür seines Chico-Shops weist darauf hin. Es wurde einfach zu viel geklaut, erzählt er weiter. Vor allem Bier und andere Getränke. Er wolle noch eine weitere Kamera anbringen, damit er keinen toten Winkel mehr hat.
Das Viertel ist schlimm geworden, wegen dieser Drogenhändler. Viele Kunden von mir stehen unter Drogen. Am schlimmsten ist Kokain.
Mojtaba R., Kioskbesitzer im Bremer Viertel
Es gehe ihm aber nicht darum, mit Videoaufzeichnungen jemandem einen Ladendiebstahl nachzuweisen. Er hat bisher noch nie die Polizei gerufen, sagt er, nur einmal den Krankenwagen, als einer auf den Stufen vor seinem Kiosk bewusstlos wurde. Mojtaba wolle einfach nur sehen, wer was klaut und die Person davon abhalten.
Einer hat vor meinen Augen eine Flasche geklaut, sich hier hingesetzt und daraus getrunken. Ich konnte nichts sagen, weil es ein Obdachloser war.
Mojtaba R., Kioskbesitzer im Bremer Viertel
Erst, als der Mann eine zweite Flasche klauen wollte, habe er den Dieb rausgeschmissen. "Ich habe gesagt: 'Bitte. Du kannst nicht hier die ganze Zeit von mir klauen und vor meinen Augen sitzen und trinken. Das geht nicht.'" Darauf angesprochen sei der Mann ohne großes Aufsehen gegangen.
Aber es gibt auch manche, die aggressiv sind oder zu laut. Wegen der Nachbarschaft habe ich auch Schilder angebracht, damit die Leute ein bisschen leise bleiben.
Mojtaba R., Kioskbesitzer im Bremer Viertel
Türsteher in der Schänke
Ingo S. und Eliza K. betreiben die "Schänke", eine Kultkneipe beim Ziegenmarkt. Vor der Pandemie war der Laden rund um die Uhr offen. Das ist Geschichte. Der Spaßfaktor ist inzwischen ziemlich gering, sagt Ingo S.
Um unliebsame Gäste fernzuhalten oder im Konfliktfall schnell wieder loszuwerden, sind inzwischen Türsteher an den Wochenenden im Einsatz. Denn vor der Kneipe hingen Drogenabhängige herum, mit denen viel diskutiert werden müsse. Nicht nur wegen zu lauter Bluetooth-Boxen.
Weil sie voll sind. Voll wie Raketen, überdosiert mit was weiß ich. Das müssen Mittel sein, die sind noch nicht mal erprobt, glaube ich. Dann diese Unstimmigkeiten, viele Hauereien. Das Gewaltpotenzial ist so dermaßen hoch gestiegen.
Ingo S., Betreiber der "Schänke" im Bremer Viertel
Diese Menschen hielten Gäste ab, mindestens ein Drittel weniger kämen jetzt, schätzt der Wirt. "Wenn ein Abend mau ist, ist um zwei Uhr Feierabend." Eigentlich öffnet die Kneipe bis mindestens sechs Uhr. Neue Kameras sollen Diebstähle verhindern, gerade Taschendiebe sind laut den Kneipenbetreibern ein Problem. Der Gewinn werde durch die Situation erheblich geschmälert.
Familie verlässt das Bremer Viertel
Die vierköpfige Familie von Anke P. wohnt mitten im Viertel. "Jede Nacht ist da was los, sei es laute Musik, die dich um vier Uhr weckt oder Konflikte, die im Rausch lautstark auf offener Straße ausgetragen werden", erzählt sie. Beim ersten Schritt morgens aus der Tür habe sie auch schon verletzte Menschen blutend auf der Straße liegen sehen.
Du kannst deine Kids halt schlecht zum Bäcker schicken, weil du nicht weißt, ob da gerade eine Person ist, der es nicht gut geht. Und dann kriegen die das halt mit, das volle Leid.
Anke P., Bewohnerin im Bremer Viertel
Weil es keine bezahlbare Wohnung in einer ruhigeren Ecke des Viertels gab, zieht die Familie jetzt in einen anderen Stadtteil.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 31. August 2023, 7:40 Uhr