Randale im Bremer Viertel: Zwei Werder-Ultras verurteilt
Zwei von vier Werder-Ultras müssen nun Geldstrafen zahlen. Sie waren Teil einer Gruppe, die 2017 im Viertel randaliert hatte. Die anderen beiden wurden freigesprochen.
Zwei Werder-Ultras wurden vor dem Bremer Landgericht wegen Landfriedensbruchs zu Geldstrafen verurteilt. Sie waren im Dezember 2017 Teil einer Gruppe, die nach einem Werder-Spiel im Viertel randaliert hatte. Die Geldstrafen belaufen sich auf 5400 und 4200 Euro. Die beiden anderen Angeklagten wurden freigesprochen, sie konnten nicht identifiziert werden.
Anders als die Staatsanwaltschaft ging das Gericht nicht von einem besonders schwerem Fall des Landfriedensbruchs aus. Die Verurteilten sollen die Menge angestachelt haben, konkrete Gewalthandlungen werden ihnen nicht vorgeworfen. Die Staatsanwältin hatte bei der Schlägerei zwischen Ultras aus der linken Szene und rechten Hooligans in ihrem Plädoyer gar von "bürgerkriegsähnlichen Zuständen" gesprochen. Die Richterin wies das jedoch als unangebracht zurück. Es handelte sich bei dem Vorfall stattdessen um einen auf offener Straße ausgetragenen Revierkampf.
Randale nach Werder-Spiel gegen Mainz 2017
Bei dem Prozess geht es um einen Vorfall im Dezember 2017: Nach dem Bundesliga-Spiel Werder Bremen gegen Mainz 05, zogen rund 120 Ultras aus der linken Szene durch das Steintor-Viertel. In Höhe des Ziegenmarktes stoppte der Marsch. Dann sollen bis zu 20 Personen aus der Gruppe auf die Kneipe "Schänke" losgestürmt sein. Sie hatten im Lokal offenbar rechte Hooligans entdeckt.
Laut Anklage bewaffneten die Angreifer sich mit allem, was ihnen in die Hände kommt. Stühle, Tische, Verkehrsschilder, sogar Heizpilze flogen. Fensterscheiben der Kneipe gingen zu Bruch. Danach wurde es unübersichtlich: Von einem "wechselseitigen, dynamischen Geschehen" ist im Prozess die Rede. Es habe sich eine Massenschlägerei zwischen beiden Fanlagern entwickelt.
Vorwürfe gegen Werder-Ultras
Die Bilanz neben den kaputten Fensterscheiben: ein beschädigtes Auto, eine verletzte Person sowie eine unbekannte Zahl von Verletzten aus beiden Gruppen, von denen aber aus nachvollziehbaren Gründen niemand zur Polizei gegangen ist. Außerdem habe es viele verängstigte Passanten gegeben, die die Auseinandersetzung an diesem belebten Samstagabend zur Adventszeit mitbekommen hätten.
"Die öffentliche Sicherheit war in besonders schwerwiegender Weise gestört", sagt die Staatsanwältin im Plädoyer. Sie hat deshalb Bewährungsstrafen zwischen sieben und zehn Monaten für die vier Angeklagten gefordert, wegen Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall. Konkrete Angriffe werden den vier Ultras dabei gar nicht vorgeworfen. Für den Tatbestand des Landfriedensbruchs reicht es schon, Teil einer Menschenmenge zu sein, aus der heraus Gewalttätigkeiten begangen werden.
Verteidigung bezweifelt Aussage eines Polizisten
Doch all das ziehen die Verteidiger in Zweifel. Sie forderten Freisprüche. Es fange schon damit an, dass keiner der Angeklagten zweifelsfrei identifiziert worden sei. Denn Gesichter seien auf keinem der Videos zu erkennen gewesen. Die Vorwürfe beruhen im Kern auf der Aussage eines Polizeibeamten, der in monatelanger Kleinarbeit Bilder vom Fanmarsch vor dem Spiel verglichen hat mit den Videos der Tat. Auf diese Weise will er die Angeklagten anhand ihrer Kleidung identifiziert haben.
Das Problem: Schwarze Windjacken, Werder-Schals und weiße Turnschuhe tragen viele der Ultras. Es handele sich um "szenetypische Kleidung", so die Anwälte. Außerdem habe es gar keine geschlossene Menschenmenge gegeben. Wer habe angegriffen? Wer nur zugeschaut? All das sei im Prozess unklar geblieben.
Prozesse auch gegen rechte Hooligans erwartet
Mit dem Urteil endet das erste von insgesamt vier Verfahren, die beim Landgericht noch auf die Verhandlung warten. Ein weiteres Verfahren richtet sich ebenfalls gegen linke Ultras, zwei Prozesse sollen noch gegen Hooligans aus der rechten Szene geführt werden.
Die Polizei hatte mit großem Aufwand versucht, die Ereignisse im Viertel aufzuklären und eigens eine Sonderermittlungsgruppe eingesetzt. Insgesamt 39 Wohnungen wurden durchsucht, was die Anwälte im Prozess als unverhältnismäßig kritisiert haben.
Nach der Randale sah sich die Polizei selbst schwerer Vorwürfe ausgesetzt. Sie habe die Gefahr am Spieltag völlig unterschätzt – und sei mit viel zu wenigen Beamten vor Ort gewesen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 5. Juni 2023, 6 Uhr