Bovenschulte hält Kindergrundsicherung für große Entlastung für Bremen
In Bremen wachsen besonders viele Kinder in Armut auf. Die neue Kindergrundsicherung könnte aus Sicht von Bremens Bürgermeister ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung der Armut sein.
Die neue Kindergrundsicherung ruft in Bremen gespaltene Reaktionen hervor. Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) und das SPD-geführte Sozialressort begrüßen die Einigung der Ampel-Koalition. Zustimmung kommt auch von Grünen und FDP. Kritik äußerten dagegen Linke und CDU.
Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sieht in der Kindergrundsicherung eine große Entlastung für Bremen mit seiner hohen Anzahl von Kindern in Armut. "Es ist ganz wichtig, dass Kinder eine eigenständige Grundsicherung haben, die auch den tatsächlich Bedarf abdeckt. Dass das Ganze unbürokratisch organisiert wird, dass es schnell ausgezahlt wird, dass die Familien, die den Anspruch haben, auch zügig an das Geld kommen", sagte Bovenschulte der dpa.
Bund investiert 2,4 Milliarden Euro Mehrausgaben ab 2025
Im Land Bremen leben nach Angaben der Sozialsenatorin rund 133.000 Minderjährige, davon erhalten rund 33.000 Bürgergeld und weitere 10.000 den sogenannten Kinderzuschlag. Kinderzuschlag wird Familien gewährt, deren Einkommen so hoch ist, dass sie keinen Anspruch auf Bürgergeld haben, aber so niedrig, dass sie das Wohngeld als einzige Sozialleistung beziehen können.
Nach monatelangem Ringen hatte sich die Ampel-Koalition auf die Eckpunkte der künftigen Kindergrundsicherung geeinigt. Ab 2025 sind Mehrausgaben von zunächst etwa 2,4 Milliarden Euro geplant.
"Aus der Holschuld der Familien wird eine Bringschuld des Staates"
Auch Bremens SPD-Sozialsenatorin Claudia Schilling lobt den Kompromiss. "Richtig ist der Paradigmenwechsel: Aus der Holschuld der Familien wird eine Bringschuld des Staates", sagte Schilling zu buten un binnen. Dadurch erreiche man auch diejenigen, die sich mit Formularen und Behörden schwertun. Der jetzige Kompromiss solle aber nicht das Ende der Fahnenstange sein.
Auf Dauer wird es nicht reichen, das bestehende Niveau abzusichern. Perspektivisch müssen wir die Leistungen für Familien mit Kindern erhöhen
Bremens SPD-Sozialsenatorin Claudia Schilling
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Henrike Müller, wertet die Einigung als Erfolg im Kampf gegen Kinderarmut. Gerade in Bremen und Bremerhaven würden "sehr viele Alleinerziehende von der neuen Leistung profitieren". Sie erwartet, dass das Geld schnell an die Familien ausgezahlt wird.
Für die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Katharina Kähler, ist "die neue Kindergrundsicherung ohne Zweifel ein klarer Fortschritt bei der Bekämpfung von Kinderarmut in Deutschland." Seit Jahren habe die SPD von Bremen aus ein solches Gesetz eingefordert. Womöglich werde kein Bundesland so sehr davon profitieren wie Bremen und Bremerhaven.
"Als wollte man einen Knochenbruch mit einem Pflaster heilen"
Scharfe Kritik kommt von den Bremer Linken. Die Kindergrundsicherung sei nicht geeignet, Kinderarmut grundlegend zu bekämpfen, sagt Fraktionschefin Sophia Leonidakis. Die Sozialverbände hätten 20 bis 24 Milliarden Euro errechnet, die nötig wären, um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen. "Die nun beschlossenen 2,4 Milliarden Euro wirken als wollte man einen Knochenbruch mit einem Pflaster heilen", so Leonidakis. Die Bundesregierung bleibe meilenweit hinter der Anforderung zurück.
Auch CDU-Politikerin Sandra Ahrens sagt, dass der Vorstoß den Kindern in Bremen und Bremerhaven kein bisschen helfen werde. "Der Bund und die Länder müssen stattdessen massiv in bessere Bildung investieren, angefangen in den Krippen. Nur Bildung hilft auf Dauer gegen Armut", so Ahrens.
FDP-Politiker Ole Humpich betont, dass Erwerbstätigkeit besser vor Armut schütze als jedes noch so gute Transfersystem. "Deshalb ist es richtig und wichtig, dass von der Reform keine Anreize ausgehen, sich nicht um Arbeit zu bemühen", sagt Humpich.
Bündnis Deutschland war für eine Stellungnahme bislang nicht zu erreichen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 28. August 2023, 19:30 Uhr