Fragen & Antworten
Gefährliche Bakterien: Was Blaualgen lieben und was gegen sie hilft
Anfang Mai warnte das Umweltressort vor dem Baden in zwei Bremer Badeseen. Warum die Seen wieder freigegeben sind und wie sich Blaualgen vermehren.
Am 6. Mai hatten Bremer Umweltressort und Gesundheitsamt auf ihrer Website davor gewarnt, im Sportparksee Grambke und im Grambker See baden zu gehen. Grund war eine kritische Konzentration von Blaualgen, die die Behörde als gesundheitsgefährdend einstufte. Eine Überprüfung des Wassers in der Woche darauf ergab aber etwas anderes – die Badeseen konnten wieder freigegeben werden.
Welche Gesundheitsprobleme verursachen Blaualgen?
Der Name Blaualgen ist irreführend. Eigentlich handelt es sich um Bakterien, genauer um Cyanobakterien. Sie zeigen sich vor allem auf stehenden Gewässern durch einen blaugrün aussehenden Teppich. Haut- und Schleimhautreizungen, allergische Reaktionen, Bindehautentzündungen und Ohrenschmerzen können bei Kontakt mit belastetem Wasser auftreten. "Das Verschlucken von belastetem Wasser kann zu Durchfallerkrankungen führen. Auch Atemwegserkrankungen sind möglich. Eine besondere Risikogruppe sind im Uferbereich der Badestelle spielende Kleinkinder im Krabbelalter. Auf Grund ihres Spielverhaltens und durch häufigen Hand-Mund-Kontakt können sie unbeabsichtigt größere Mengen Sand und Wasser aufnehmen. Aber auch ältere Kinder können beim Toben im Flachwasserbereich größere Wassermengen verschlucken", schreibt das Bremer Umweltressort auf seiner Website.
Wie kann es sein, dass sich innerhalb von einer Woche keine bedrohliche Konzentration von Blaualgen im Sportparksee Grambke und im Grambker See mehr messen ließ?
"Auffällige Blaualgenvorkommen können innerhalb kurzer Zeit verschwinden, zum einen über Winddrift, durch die sie in nicht einsehbare Bereiche eines Sees vertrieben werden, oder durch natürliche Prozesse im See, wenn die Blaualgen durch andere Arten des Phytoplanktons (frei im Wasser schwimmenden Algen), zum Beispiel Grünalgen, Kieselalgen, Goldalgen, verdrängt werden oder absterben und damit ihr Anteil abnimmt", teilt das Umweltressort schriftlich auf Anfrage von buten un binnen mit. Das Erscheinungsbild eines Badegewässers könne sich so innerhalb von einem Tag ändern.
Was brauchen Blaualgen, um zu gedeihen?
Damit es zu einer explosionsartigen Vermehrung, der sogenannten Blaualgenblüte, kommt, brauchen die Bakterien Nährstoffe und für sie günstiges Wetter. "Günstige Bedingungen für Blaualgen sind ein hoher Nähstoffgehalt im Wasser, insbesondere an Phosphor, hohe Temperaturen, Sonne und relative Windstille", erklärt Michael Schirmer. Er ist emeritierter Professor für aquatische Ökologie an der Universität Bremen. "Blaualgen tragen winzige Öltröpfchen in ihrer Zelle, wenn das Wasser ruhig ist, wandern sie nach oben unter die Wasseroberfläche, wo sie viel Licht mitbekommen."
Wie das Ökosystem See aufgebaut ist
Wird es in den kommenden Jahren mehr und über die Monate längeren Befall von Blaualgen in Bremer Badeseen geben?
"Der Klimawandel kann durch bereits früh einsetzende warme Tage mit vielen Sonnenstunden dazu beitragen, dass sich die Cyanobakterien in den Gewässern explosionsartig vermehren", teilt das Umweltressort schriftlich mit. "Ihr Vorkommen bleibt allerdings unvorhersehbar, dennoch ist davon auszugehen, dass sich Blaualgen zunehmend in den Gewässern entwickeln können." Davon geht auch Schirmer aus. "Die Bakterien gehören zu unseren Gewässern. In den letzten Jahren ist es immer häufiger, dass sie zu Massenentwicklungen neigen, was gesundheitliche Probleme verursachen kann." Es sei zu befürchten, dass es mehr davon geben werde, genaue Vorhersagen seien aber sehr schwer zu treffen.
Welche anderen Gewässer in Bremen sind anfällig für eine Ausbreitung von Blaualgen?
Kein Potenzial sieht Schirmer bei Weser und Wümme. "An der Badestelle am Café Sand gibt es relativ wenig Blaualgen, weil das Wasser dort Turbulenzen hat. Die Weser ist für die Ausbreitung von Blaualgen ungeeignet." Ähnlich sei es bei der Wümme. Der kleine Fluss habe außerdem keinen hohen Phosphorgehalt. Anders sehe es beim Werdersee aus. Das sei praktisch ein stehendes Gewässer mit kaum Bewegung. "Die Vorhersage ist extrem schwer, aber wenn man nicht aufpasst, könnte es Probleme geben", sagt Schirmer. Auch am Unisee wurden in der Vergangenheit schon hohe Konzentrationen von Blaualgen festgestellt.
Es komme auch auf die Lage eines Sees an, sagt Schirmer. "Liegt ein See in Ost-West-Richtung, ist das vorteilhaft, weil dann der Wind Turbulenzen im Wasser erzeugt, wenn er kräftiger weht." Dadurch werden die an der Wasseroberfläche treibenden Blaualgen nach unten gedrückt, wo sie weniger oder gar kein Licht mehr abbekommen und zurückgehen können, erklärt Schirmer. Zwar gibt es Möglichkeiten, die Ausbreitung einzudämmen, die sind aber aufwendig, sagt der Biologe. "Umwälzanlagen erfordern die entsprechende Technik und kosten Geld." Es bestehe sogar die Gefahr, dass noch mehr Phosphor aufgewirbelt werde, wenn man nicht vorsichtig genug vorgehe. Auch die Kontrolle von Nährstoffen im Wasser sei sehr aufwendig.
Quelle: buten un binnen.