Stehen Suchtkranke in Bremerhaven bald auf der Straße?

Blick auf ein rotes Backsteingebäude.

Stehen Suchtkranke in Bremerhaven bald auf der Straße?

Bild: Radio Bremen | Heinrich Pfeiffer

21 Suchtkranke leben in den Häusern "Anker I" und "Anker II" der Arbeiterwohlfahrt. Die sollen geschlossen werden. Die Bewohner fürchten, bald obdachlos zu sein.

Rebecca ist Ende 20, alkohol- und kokainabhängig. Doch so langsam geht es in ihrem Leben bergauf. Mithilfe der Arbeiterwohlfahrt (AWO) meistert sie den Alltag und hat angefangen, ihren Realschulabschluss nachzuholen. Und nun soll plötzlich Schluss sein: Ende März sollen die Häusern "Anker I" und "Anker II" geschlossen werden.

Es geht um Geld: Die AWO fordert mehr finanzielle Unterstützung, um die Einrichtungen zu betreiben. Die Kosten tragen das Land Bremen und die Stadt Bremerhaven. Laut Magistrat ist es nicht zu einer Einigung gekommen, die Schließung der Einrichtungen sei sicher.

Blick auf ein rotes Backsteingebäude.
Neben dem Haus "Anker II" (oben) soll auch die Einrichtung "Anker I" geschlossen werden. Bild: Radio Bremen | Heinrich Pfeiffer

Die Stadt ist zwar verpflichtet, ein entsprechendes Angebot für Suchtkranke vorzuhalten, eine rechtliche Verpflichtung, genau dieses Angebot mit der AWO weiterzuführen, besteht jedoch nicht. Und eine neue Lösung gibt es noch nicht. "Inwieweit der Wegfall des Leistungsangebots zukünftig kompensiert werden kann, ist derzeit offen", sagt Stadtrat Martin Günthner.

Bewohner kritisieren fragwürdige Alternativen

Die AWO hingegen hat noch ein wenig Hoffnung: "Aktuell versuchen wir, die Einrichtung an einen alternativen Anbieter zu verkaufen", teilt Eckart Kroon, Geschäftsführer der Unternehmensgruppe AWO Bremerhaven, auf Nachfrage von buten un binnen mit. "Erst wenn es nicht gelingt, einen Käufer zu finden, würde die Schließung realisiert."

Dennoch hat die AWO ihre Mitarbeiter und die Bewohner bereits über die Situation informiert und ihnen alternative Angebote gemacht. Die AWO ist optimistisch, aufgrund des Fachkräftemangels alle Mitarbeiter in anderen Einrichtungen unterbringen zu können. Für die Bewohner alternative Angebote zu finden, ist jedoch nicht so leicht. Zu den Alternativen zählen nicht nur Unterkünfte außerhalb Bremerhavens, sondern sogar geschlossene Einrichtungen und Obdachlosenunterkünfte.

Da kam die Frage auf: Was passiert, wenn wir nichts finden? Und es wurde tatsächlich gesagt, die letzte Instanz wäre das Obdachlosenheim.

Rebecca, Suchtkranke

Betroffene fühlen sich im Stich gelassen

Rebecca erinnert sich, wie geschockt die Bewohner waren, als sie von der drohenden Schließung erfuhren. "Einige hatten an dem Tag definitiv mit Suchtdruck zu kämpfen", sagt sie. "Mein Trauma ist hochgeholt worden. Ich bin tatsächlich schon einmal obdachlos gewesen, das war für mich als junge Frau keine schöne Zeit."

Die Einrichtungen seien ihr Zuhause, sagt Rebecca. Sie würden wie eine Familie zusammenwohnen. Jeder hat ein eigenes Zimmer. Die Betreuerinnen und Betreuer helfen ihnen, ein geregeltes Leben zu führen. Ziel ist, eine Arbeit zu finden und wieder eigenverantwortlich leben zu können. In eine andere Stadt zu ziehen, sei für viele keine Option. Einige hätten in Bremerhaven gerade einen Job oder eine Ausbildung angefangen oder würden hier ihren Schulabschluss nachholen.

Rebecca hat eine Wohnung gefunden

Rebecca befürchtet, dass einige ihrer Mitbewohner rückfällig werden, wenn sie ihre gewohnte Umgebung verlieren. "Da sehe ich schwarz. Ich habe Angst, irgendwelchen Leuten aus meinem Haus auf der Straße zu begegnen, während sie betrunken sind, und ich weiß, dass sie obdachlos sind", sagt Rebecca.

Rebecca hat es geschafft, auf eigene Faust eine Wohnung zu finden. Doch die meisten ihrer Mitbewohner haben noch keine Lösung gefunden. Viele bräuchten noch Unterstützung: "Der Worst Case wäre eine Einrichtung, die nicht richtig mit Betreuung auf Suchtprobleme eingehen kann. Die Süchtigen haben Angst, dass sie dann dort stranden, wo ihnen nicht mehr geholfen wird", berichtet sie. Rebecca fürchtet, dass bei einigen sogar Suizidgefahr bestehe.

Autorinnen und Autoren

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 16. Januar 2025, 17.10 Uhr