Fragen & Antworten
Wieso ausländische Lehrkräfte für Schulen immer wichtiger werden
Auch Schulen in Bremen suchen händeringend Lehrerinnen und Lehrer. Pädagogen mit ausländischen Abschlüssen können helfen – die Hürden sind aber oft hoch.
In Bremen gibt es viele ausländische Lehrkräfte, die hier zwar leben, aber nicht unterrichten dürfen. Die Bremer Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) will das jetzt ändern oder es ihnen zumindest erleichtern. Was steckt dahinter?
Bund und Länder diskutieren schon seit vielen Jahren darüber, ausländische Abschlüsse schneller und einfacher anzuerkennen. Warum geht das jetzt plötzlich?
Die Politik hat begriffen, dass der Lehrkräftemangel noch länger anhalten wird. Experten gehen davon aus, dass es bundesweit in den Schulen auch in den kommenden 20 Jahren nicht genügend Pädagogen geben wird. Der Nachwuchs fehlt. Derzeit kommen geburtenschwache Jahrgänge an die Universitäten, wodurch auch weniger junge Menschen sich für das Lehramt ausbilden lassen. Gleichzeitig aber steigt die Schülerzahl. Die Stadt Bremen hat zwar in den vergangenen Jahren mehr Lehrkräfte eingestellt, aber trotzdem fehlten zu Beginn dieses Schuljahrs um die 100 von ihnen. Der Druck auf die Politik ist groß.
Was war das Problem bisher?
In Deutschland müssen alle angehenden Lehrkräfte mindestens zwei Unterrichtsfächer studieren. Das ist in kaum einem anderen Land so. Die meisten ausländischen Lehrkräfte bringen oft nur das Wissen für ein Schulfach mit. Und wer schon viele Jahre in seiner Heimat unterrichtet hat, will dann nicht noch einmal an die Uni, um ein zweites Schulfach zu studieren. So kommt es, dass viele von ihnen hier nicht in ihrem eigentlichen Beruf arbeiten.
Was ändert sich jetzt konkret?
Generell will Bremen in Zukunft, verstärkt Lehrkräfte einstellen, die nur in einem Schulfach unterrichten können. Dafür wurde auch das Quereinsteigerprogramm gestartet. Und das gilt auch für ausländische Lehrkräfte. Allerdings erhalten diese Personen dann nur eine sogenannte Lehrbefähigung und werden schlechter bezahlt. Das kann bis zu 400 Euro im Monat ausmachen.
Außerdem soll, stärker als bisher, anerkannt werden, wenn ausländische Lehrkräfte schon viele Jahre in ihrer Heimat unterrichtet haben, kündigte Bildungssenatorin Aulepp jüngst an. Und die anspruchsvolle C2-Sprachprüfung muss nicht mehr unbedingt bestanden werden, bevor unterrichtet werden darf. Sie ist die schwerste der Prüfungen in Deutschland und Europa, um das Sprachniveau einer Person zu testen.
Was bedeutet das für die Schulen und den Unterricht?
Manche Bildungsexperten warnen davor, die ausländischen Lehrkräfte, und damit auch die Schulen, zu überfordern. Den meisten ist das pädagogische System in Deutschland fremd. Irina Holt zum Beispiel hat in Russland fünf Jahre studiert, Englisch und Deutsch auf Lehramt. Hier in Bremen hat sie einen sogenannten Anpassungslehrgang gemacht und dabei ganz neue Unterrichtsmethoden kennengelernt.
Hier in Deutschland lernen die Schülerinnen und Schüler mehr zusammen und in Projekten. Ich unterrichte jetzt ganz anders.
Irina Holt
Die Bildungsgewerkschaft GEW hat auch deshalb immer wieder gefordert, dass die neuen Kolleginnen und Kollegen am Anfang erfahrene Lehrkräfte als Unterstützung fest an die Seite bekommen. Jetzt hat die Senatorin versprochen, dass die Schulen zwei Entlastungsstunden pro Woche dafür bekommen sollen.
Und ergibt das Sinn, weniger Deutschkenntnisse zu verlangen?
Die Bremer Bildungssenatorin ist fest entschlossen, die Hürden für eine Einstellung zu senken. In Bremerhaven ist die C2-Prüfung auch schon abgeschafft. Es bleibt aber noch die C1-Prüfung. Auch die ist schon nicht einfach und setzt einiges an Deutschkenntnissen voraus.
Viele der angehenden Lehrkräfte werden jedenfalls erleichtert sein. "Die C2-Sprachprüfung ist schon ziemlich speziell und herausfordernd. Sie kann für viele ein Hindernis sein", sagt Thaina Mücke. Die 28-Jährige kommt aus Brasilien, unterrichtet inzwischen am Schulzentrum Bördestraße und spricht selbst sehr gut Deutsch. Auch die GEW sagt, dass diese Prüfung wenig mit der Unterrichtssituation in der Schule zu tun hat.
Wie viele ausländische Lehrkräfte wird es denn jetzt bald an den Bremer Schulen geben?
Bremen hat erst vor etwa fünf Jahren angefangen, das System der Anerkennung von ausländischen Abschlüssen besser aufzustellen. Deshalb ist ihre Zahl noch recht gering. Bisher haben 22 Menschen ein Anpassungsverfahren, so wie Irina Holt und Thaina Mücke, abgeschlossen. Das heißt sie mussten an der Universität Bremen noch Kurse belegen. Und sie haben dann in den Schulen noch mehrere Monate geübt, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Erst dann haben sie die volle Anerkennung als Lehrkraft bekommen. Bremen hält derzeit 48 Plätze an Schulen für Interessierte frei. Bisher wurden diese aber nicht alle genutzt.
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Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 23. März 2023, 13:40 Uhr