Fragen & Antworten
Parken auf Gehwegen: Bundesgericht verhandelt über Bremer Ärgernis
Am Vormittag verhandelt das Bundesverwaltungsgericht die Klage von Bremer Anwohnern zu aufgesetztem Parken. Dem Urteil könnte eine bundesweite Bedeutung zukommen. Ein Überblick.
Wie ist der aktuelle Stand beim aufgesetzten Parken in Bremen?
Laut Straßenverkehrsordnung ist das sogenannte aufgesetzte Parken, also das Abstellen eines Fahrzeugs mit zwei Rädern auf dem Fußweg, verboten. Nur an einigen Stellen, wo es explizit durch Straßenschilder gekennzeichnet ist, ist es ausnahmsweise erlaubt. In Bremen und in anderen Städten ist das Parken auf dem Gehweg allerdings gängige Praxis und wird geduldet.
Mehrere Anwohner in Bremen wollen das Recht auf einen freien Gehweg einklagen und fordern von der Stadt, dass sie gegen das aufgesetzte Parken vorgeht. Die Verkehrsbehörde entwickelt derzeit Parkkonzepte für die eng bebauten Stadtteile. Und seit diesem Jahr geht die Innenbehörde in einzelnen Straßen gegen das aufgesetzte Parken vor, verteilt Strafzettel und schleppt Autos ab.
Wo und wie wird denn kontrolliert?
Seit diesem Jahr geht die Innenbehörde zunächst in 13 Straßen in der östlichen Vorstadt und in Mitte gegen das aufgesetzte Parken vor: in der Hildesheimer Straße, Hülsenstraße, Besselstraße, Linienstraße, Schweizer Straße, Bismarckstraße, Im Krummen Arm, Mecklenburger Straße, Lippestraße, Beim Paulskloster, Weberstraße, Sankt-Pauli-Straße und In der Runken.
Im Februar hat die Behörde 650 gelbe Karten und Anwohnerinformationen verteilt. Die gelben Karten dienen, wie beim Fußball, als Verwarnung für Falschparker. Außerdem hat die Stadt in den genannten Straßen Halteverbotsschilder aufgestellt. Und jetzt gehen sie aktiv gegen das aufgesetzte Parken vor.
Wurden auch schon Fahrzeuge abgeschleppt?
Ja, seit Ende Mai hat das Ordnungsamt 929 Verwarnungen erteilt und 70 Fahrzeuge abgeschleppt. "Vor allem um die Rettungssicherheit zu gewährleisten", erklärt Eva Brosenne, Abteilungsleiterin der Verkehrsüberwachung. "Es geht darum, dass vorwiegend die großen Feuerwehrfahrzeuge — Leiterwagen zum Beispiel — durchkommen." Teilweise hätte das Ordnungsamt auch enge Stellen beobachtet, an denen selbst Krankenwagen und Einsatzfahrzeuge der Polizei schlecht hätten durchfahren können, sagt Brosenne. Das ist der Hauptgrund, warum die Behörde jetzt das Falschparken ahndet. "Damit Einsatzfahrzeuge aller Art, aber letztlich auch die Müllabfuhr ordentlich arbeiten können."
Werden nur im Viertel Autos abgeschleppt?
Das Ordnungsamt hat gemeinsam mit der Verkehrsbehörde und dem Amt für Straßen und Verkehr ein mehrstufiges Projekt aufgesetzt. Nach den Straßen im Viertel und in der östlichen Vorstadt sollen weitere Stadtteile folgen. In Findorff steht die Abstimmung mit dem Beirat unmittelbar bevor. Im Anschluss daran folgen die Stadtteile Neustadt, Walle und Schwachhausen sowie sukzessive alle weiteren Stadtteile, für die noch keine Reihenfolge festgelegt wurde.
"Die Bearbeitung der Stadtteile Neustadt, Walle und Schwachhausen wird in diesem Jahr angestrebt", heißt es von der Verkehrsbehörde. Wie schnell das geht, ist allerdings davon abhängig, wie viel Personal das Ordnungsamt zur Verfügung hat und wie die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden verläuft.
Also steht noch nichts genau fest?
Die Mobilitätsbehörde wird da wenig konkret. Das kritisiert auch der mobilitätspolitische Sprecher der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, Ralph Saxe. "In einem ersten Schritt wurde in zwölf Straßen im Viertel die Rettungssicherheit wiederhergestellt, eine Neuordnung des Parkens jedoch noch in keinem Quartier umgesetzt." Dass nun erst einmal die Rettungssicherheit "im Laufe des Jahres" in drei weiteren Quartieren bearbeitet werden soll, geht ihm zu langsam.
Wir bezweifeln die Umsetzung in diesem Jahr, wenn da nicht mehr Nachdruck drauf gelegt wird. Denn alles wird unter den Vorbehalt von personellen Kapazitäten gestellt. Wann die Rettungssicherheit in der ganzen Stadt realisiert werden kann, steht offenbar in den Sternen.
Ralph Saxe, mobilitätspolitischer Sprecher der Grünen-Bürgerschaftsfraktion
Das Mobilitätsressort ist laut Pressesprecher René Möller gerade "mitten im Prozess, das Parken neu zu ordnen und mit den Beiräten in Kontakt, um alternative Parkmöglichkeiten zu identifizieren". Zudem werde aktuell eine Online-Bürgerbefragung ausgewertet.
Und wie ist der Stand der Klage?
Vor dem Bremer Verwaltungsgericht hatten die Kläger Erfolg. Das Gericht hat entschieden, dass die Stadt gegen die Falschparker auf dem Gehweg vorgehen muss. Daraufhin hat die Behörde Berufung eingelegt und mehr Spielraum bekommen. Sie muss nicht sofort und auch nicht als Erstes in den Wohnstraßen der Kläger die Autos abschleppen.
Gegen dieses Urteil legten beide Parteien Berufung ein. Nun wird vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig weiterverhandelt. Beide Seiten erhoffen sich dabei eine endgültige Klärung.
Was ist bei dem Verhandlungstermin zu erwarten?
Bei der Auftaktverhandlung am Bundesverwaltungsgericht ist laut Gerichtssprecher noch kein Urteil zu erwarten. Trotzdem schauen nicht nur Bremerinnen und Bremer gespannt auf die Verhandlungen. Denn das aufgesetzte Parken ist auch in vielen anderen Städten in Deutschland ein Problem.
"Es sind mehr Autos geworden und die Autos sind größer geworden: größer, länger, schwerer. Und der Platz wird ja nicht mehr. Und da muss man einfach gucken, weil es einmal das Thema Rettungssicherheit gibt und dann, dass es einfach nicht genug Platz gibt für alle, die zu Fuß gehen", sagt Anwohnerin und Klägerin Cerstin Kratzsch. "Es ist ja in den Vorinstanzen bestätigt worden ist, dass Handlungsbedarf ist. Und jetzt sind wir frohen Mutes, dass bei der Verhandlung Dinge festgestellt werden. Weil es eigentlich klar ist, dass ein Gehweg eben ein Gehweg und kein Parkplatz ist", sagt die Bremerin.
Die Entscheidung des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts könnte also die Frage, wem der Bürgersteig gehört, endgültig klären.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Rundschau am Morgen, 6. Juni 2024, 7 Uhr