Fragen & Antworten
Welche Ideen es für das Parkplatz-Problem in Bremens Innenstadt gibt
Das Mobilitätsressort sucht online nach Flächen für Quartiersgaragen. Warum es Sinn macht, die Anwohner zu fragen und welche Parkalternativen es gibt, erklärt ein Verkehrsingenieur.
Wie ist die aktuelle Situation in den Bremer Vierteln mit wenigen Parkplätzen?
Das aufgesetzte Parken, also das Auto mit zwei Reifen auf dem Gehweg und zwei Reifen auf der Straße abzustellen, ist nach der Straßenverkehrsordnung nicht erlaubt. Ausnahmen bilden speziell gekennzeichnete Flächen. In den engen Straßen stadtnaher Viertel wurde das aufgesetzte Parken in Bremen aber lange toleriert. Damit soll nun Schluss sein. Außerdem gibt es Straßen, in denen Rettungsfahrzeuge wegen vieler parkender Autos nicht mehr durchkommen.
Das Mobilitätsressort hat sich jetzt folgende dicht beparkte Straßen in der Östlichen Vorstadt und in Mitte vorgenommen, die stellenweise zu eng zugeparkt seien, um Rettungsfahrzeuge durchzulassen: Körnerwall, Schweizer Straße, "Kleiner" Sielwall, eine kurze Verbindungsstraße zwischen Sielwall und Osterdeich, "Kleine" Bismarckstraße, die Parallelstraße der Bismarckstraße gegenüber des Klinikums Bremen-Mitte, Hildesheimer Straße, Im Krummen Arm, Hülsenstraße, Kreuzstraße, Besselstraße, Reederstraße, Linienstraße und Herdentorswallstraße.
Nach Auskunft des Mobilitätsressorts ist man mit mehreren Beiräten im Austausch über Flächen, die stattdessen zum Parken genutzt werden können. Andere Wohnviertel wie Findorff und die Neustadt sollen als Nächstes folgen.
Was müssen Auto-Halter in den betroffenen Straße beachten?
Laut Mobilitätsressort werden die betroffenen Auto-Halter schriftlich darüber informiert, wenn und wo sie ihr Auto nicht mehr in gewohnter Weise parken dürfen. Danach will das Amt für Straßen und Verkehr Verkehrsschilder aufstellen und die Fahrbahn markieren. Anschließend soll das Ordnungsamt verstärkt an diesen Stellen kontrollieren und bei Bedarf "Gelbe Karten" verteilen. Diese weisen Auto-Halter darauf hin, dass sie falsch parken und im Wiederholungsfall mit Verwarngeldern rechnen müssen. Ordnungswidrigkeitsanzeigen und Autos abschleppen lassen soll erst danach kommen.
Wie ist die Vorgehensweise beim Planen neuer Quartiersparkplätze?
Zunächst muss man berechnen, wie viele Menschen in einem Quartier überhaupt Bedarf an einem Parkplatz haben. Man muss den sogenannten Motorisierungsgrad einer Nachbarschaft ermitteln, erklärt Verkehrsexperte Carsten-Wilm Müller. Er ist Verkehrsingenieur und lehrte bis zu seiner Pensionierung an der Hochschule Bremen. "Da bin ich grob geschätzt bei 400 Autos pro 1.000 Einwohnern." Nehme man großzügig geschätzt an, dass im Bremer "Viertel" etwa 10.000 Menschen leben, geht es um 4.000 Autos.
Doch nicht alle dieser Autos benötigen neuen Parkraum, denn viele von ihnen stehen schon jetzt auf Flächen, wo das Parken erlaubt ist. "Gehen wir mal davon aus, dass ein Drittel dieser Fahrzeuge aufgesetzt parkt, das sind ungefähr 1.300 bis 1.400 Fahrzeuge, ohne Besucher." Wohin also sollen diese Autos? Müller sieht neben platzsparenden Quartiersgaragen noch eine andere Möglichkeit: Den Nahverkehr so attraktiv machen, dass Menschen auf das Auto verzichten.
Was ist Vertical Parking und könnte das eine Alternative sein?
Beim Vertical Parking werden Autos übereinander in einer Art Parkturm untergebracht – und zwar ohne Fahrer. Das funktioniert mit Hilfe von Maschinen: Man fährt das Auto auf eine Fläche und steigt dann aus. Den Rest übernimmt die Technik. So wird das Auto mit Hydraulik an einen freien Platz im Parkturm gehoben und auf Wunsch wieder nach unten befördert. Der Platz für Rampen wie in herkömmlichen Parkhäusern entfällt. Müller gibt allerdings zu bedenken, dass nicht jede freie Fläche für solche Türme geeignet ist. "Das bietet sich an auf dem Gelände eines Supermarktes, denn dort ist sowieso viel Verkehr und da kann ich Platz einsparen. So etwas ins Herz des Viertels zu pflanzen, wo in der Umgebung auch vielleicht denkmalgeschützte Gebäude sind, das stelle ich mir wirklich nicht einfach vor." Man müsse "mit hoher Sensibilität suchen und den Kontakt zur Bevölkerung suchen, was die Stadt ja jetzt auch macht. Der Konsens ist aus meiner Sicht der, der am längsten hält."
Bliebe noch die Frage, wer die Kosten trägt. Müller kann sich private Investoren für die Errichtung und den Betrieb von Parktürmen vorstellen, oder sogar Anwohner. "Es könnten Zusammenschlüsse von Anwohnern sein, die gemeinsam investieren wollen, wie zum Beispiel bei Anwohner-Wärmekraftwerken oder Gemeinschaftsunternehmungen." Fest steht für ihn: Der Turm müsste für die Investierenden einen Gewinn abwerfen.
Wie kann man es schaffen, dass Menschen weniger Autos haben?
Dass die Menschen in den Städten weniger Autos haben, könne man nur mit einem attraktiven Nahverkehr erreichen, meint der Verkehrsexperte. "Attraktiv heißt nicht, das ich 500 Meter zu einer Haltestelle laufen muss, es heißt nicht, dass ich in den schwachen Verkehrszeiten eine stündliche oder halbstündliche Bedienung habe. Sondern das heißt, dass ich von da, wo ich bin, eine gute Möglichkeit habe, sicher und bezahlbar wegzukommen. Im Moment sieht das ein bisschen schwierig aus." Busse und Straßenbahnen könnten ein Gerüst darstellen, aber zwischen den bestehenden Nahverkehrsachsen müsse man viel feinteiliger denken.
"Kleine selbstfahrende Busse mit bis zu zehn Sitzplätzen kann ich mir auch im Viertel vorstellen. Sie fahren mit einer Geschwindigkeit von 15 bis 20 Stundenkilometern und sind etwa zwei Meter breit." Auch E-Scooter seien eine Möglichkeit. Für sie sollte es nach Müller aber Abstellorte geben, damit sie nicht am Ende in der Weser landeten.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 19. Februar 2024, 15 Uhr