Bremer mit Assistenzhund: Vier Pfoten für ein eigenständiges Leben

Tobias mit dem Assistenzhund Leo

Vier Pfoten für ein eigenständiges Leben

Bild: privat

Die chronische Nervenkrankheit ME/CFS hat Tobias Meyer aus dem Leben gehauen. Labrador Leo lernt, wie er ihn als Assistenzhund optimal unterstützen kann.

Seit einer Corona-Infektion vor rund zwei Jahren ist Tobias Meyer aus Bremen-Schwachhausen chronisch krank. Er hat ME/CFS: myalgische Enzephalomyelitis. CFS steht für Chronic Fatigue Syndrom. Die schlimmste Form von Long Covid, die bekannt ist. Ein unsichtbares Leiden, dass den 44-Jährigen komplett Schachmatt setzt. An Arbeiten ist nicht zu denken. Er ist schon damit ausgelastet, den ganz normalen Alltag zu bewältigen.

Probleme im Alltag

Gangunsicherheiten, Fokusprobleme, Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden und verbummelte Sachen – Tobias Meyer kann nicht mehr alleine einkaufen. Er reagiert sehr empfindlich auf Geräusche. Auch die vielen optischen Eindrücke überlasten ihn. Sie sorgen dafür, dass der Kopf nach relativ kurzer Zeitspanne dicht ist.

Doch Tobias Meyer will sich nicht damit abfinden. Anstatt irgendwann zum Pflegefall zu werden, will er seine Eigenständigkeit zurückgewinnen, bestenfalls sogar wieder zur Arbeit. Mit Hilfe eines Assistenzhundes, der ihn begleitet: zur Arztpraxis, ins Kino, ins Restaurant oder eben in den Supermarkt.

Die Hoffnung ist, dass der Assistenzhund mir Selbstbestimmung zurück gibt und die Möglichkeit, mich auch ohne menschliche Hilfe aus dem Haus zu bewegen.

Tobias Meyer

Vorbereitung für den Einzug

Ostern 2025 dürfte es soweit sein, dass der Labrador-Retriever Leo, knapp zwei Jahre alt, bei ihm einzieht. Eine Hundebox steht bereits in der Wohnung. Die beiden gewöhnen sich dann aneinander, üben eine Menge und gehen, wenn sie soweit sind, zur Assistenzhundprüfung. "Leo ist dann der fünfte Hund in Deutschland, der einem Menschen mit ME/CFS hilft", sagt Katharina Küsters von der gemeinnützigen Firma "Helfende Pfoten".

Tobias Meyer macht sich Sorgen, dass es Schwierigkeiten geben könnte, wenn er mit Leo unterwegs ist. Denn Leo ist, anders als ein Blindenhund, für Außenstehende nicht sofort als Assistenzhund erkennbar. Trotzdem gilt er vor dem Gesetz als Hilfsmittel und darf überall mit hin, wo ein normaler Mensch in Straßenkleidung auch hin darf. In jeden Supermarkt und selbst ins Flugzeug.

Gutes Herz und viel Übung

Zum Glück hat Leo den perfekten Charakter dafür, sagt Astrid Voss. Sie ist Hundetrainerin, lebt in Flensburg und bildet Leo aus. Dinge holen, nah am Körper gehen, Anzeichen von Überforderung an Mimik und Gestik erkennen – das klappt schon alles sehr gut. "Wenn er jetzt noch seine Begeisterung für Eichhörnchen in den Griff bekommt, ist er soweit", sagt sie.

Der Assistenzhund Leo (schwarzer Labrador) mit seiner Hundetrainerin.
Labrador Leo und Assistenzhundtrainerin Astrid Voss Bild: Multrinity Fotografie

Dass Leo allein schon alle Gegenstände in der Wohnung zusammensuchen kann, die nötig sind, um zusammen rauszugehen, hilft Tobias Meyer, Energie zu sparen und nicht schon vorm Losgehen geschafft zu sein.

Tierische Lebensretter in neuer Funktion

Etwa 3.000 Assistenzhunde arbeiten in Deutschland, gut die Hälfte davon als Blindenhunde, die wohl bekannteste Assistenzhund-Art. Hunde lesen den Menschen sehr genau, sagt Katharina Küsters von "Helfende Pfoten". Sie erkennen oft Anzeichen für Überforderung, bevor der Mensch es selbst mitbekommt, so Küsters.

Sie berichtet von einem ME/CFS-Assistenzhund, der, kurz bevor Frauchen fällt, auf die Hinterbeine geht und der eher kleinen Frau beide Vorderpfoten auf die Schulter stellt. "So bringt er sie auf den Boden. Damit sie dann auch nicht mehr so tief fällt," sagt Küsters.

Voller Einsatz für neues Leben

So herausfordernd das tägliche Training mit dem Assistenzhund ist, damit er tatsächlich Türen aufmachen kann und beispielsweise eine Medikamententasche von einem Smartphone unterscheiden lernt, so stark ist dann aber auch die Unterstützung für die Betroffenen. Das ganze ist mit vielen Kosten verbunden, denn Assistenzhunde für ME/CFS Patienten werden nicht von der Krankenkasse bezahlt. Daher sammelt ein Arbeitskollege von Tobias Meyer online Spenden.

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Autor

  • Zu sehen ist ein Porträtfoto von Mario Neumann. Blaue Augen, relativ kurze, dunkelblonde Haare. Er hat die Arme verschränkt und lächelt.
    Mario Neumann Autor

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 5. März 2025, 15:14 Uhr