Hintergrund
"Halle für Alle": Die Stadthalle in Bremen wird 60 Jahre alt
Warum ist sie lang und nicht rund? Warum wandte sich ihr Architekt von ihr ab? Und wofür wurde Bremens Stadthalle eigentlich schon alles genutzt? Das verraten wir hier.
Die Bremer Stadthalle wird in dieser Woche 60 Jahre alt. Seit ihrer Einweihung am 31. Oktober 1964 diente sie vielen Zwecken. Sie war Bühne für Bands, Sportlerinnen, Musiker und Parteien und – für mehr als 50 Millionen Gäste. Dies sind Highlights aus sechs Jahrzehnten.
1 Ein Dach für das Sechstagerennen
Bremens Bürgermeister Wilhelm Kaisen eröffnete vor genau sechs Jahrzehnten die damals modernste Stadthalle Deutschlands. Mit ihren 10.500 Plätzen konnten Hannover und Hamburg nicht mithalten.
Auf dem Programm der riesigen Vielzweckhalle stand nach der Eröffnung vieles, was die Herzen der Bremerinnen und Bremer in den 1960er Jahren höhen schlagen ließ. Vom internationalen Militärkonzert bis zur Eiskunstschau "Holiday on Ice", vom Hallenhandball bis zum Reckturnen.
Doch vor allem für eine Veranstaltung war die neue Halle konzipiert worden: das neue Bremer Sechstagerennen. Das erste hatte zwar bereits 1910 stattgefunden, war dann aber in der Versenkung verschwunden. Jetzt sollte eine Neuauflage her. Mit dem neuen Dach über dem Kopf wurde die zweite Auflage des Radrennens zum Erfolg – und fand von da an jährlich statt. Die Kurven der Bahn standen in den ersten Jahren noch ganzjährig in der Stadthalle.
2 Konzerte: Rolling Stones bis Helene Fischer
Es dauerte nicht lange, bis die Stadthalle auch Rock- und Popstars nach Bremen lockte. Zu den ersten zählten 1967 die Rolling Stones, die damals allerdings noch vor halbvollen Rängen auftraten.
1974 startete Alice Cooper seine Deutschland-Tournee in der Bremer Stadthalle. Die schwedische Popband Abba füllte die Halle 1979 bis auf den letzten Platz. Und für die Bühnenshow der britischen Rockband Queen wurde im selben Jahr so viel Strom gebraucht, dass die Veranstalter die Deutsche Bahn darum bitten mussten, per Stromkabel über die Bürgerweide das Stellwerk am Hauptbahnhof anzapfen zu dürfen.
Die australischen Hardrocker von AC/DC traten erstmals 1980 in der Stadthalle auf. Elton John kam 1984, 1987 dann Peter Gabriel. Und zur Jahrtausendwende schauten Bryan Adams und Britney Spears vorbei, in den 2000ern Joe Cocker, Lionel Richie und die Sängerin Pink – für letztere wurde die Halle von außen erstmals in pinkes Licht getaucht. In den 2010er kamen unter anderen der Geiger David Garrett und Gitarrenvirtuose Mark Knopfler.
Diese Musikstars spielten schon in der Stadthalle
Neben internationalen Stars wie Elton John, Rod Stewart, Supertramp, Sting, A-ha, Depeche Mode oder Linkin Park war auch das Wer-ist-Wer der deutschen Musik zu Gast in der Stadthalle. Udo Lindenberg startete 1979 in Bremen seine damals revolutionäre "Rock-Revue", eine vom Regisseur Peter Zadek inszenierte, an ein Musical erinnernde Grönland-Reise, die unter Lindenberg zur "Dröhnland-Reise" wurde. James Last, Udo Jürgens, Peter Maffay, die Ärzte, die Toten Hosen und Rammstein, die Fantastischen Vier und Tokio Hotel, Pur, Roland Kaiser und Helene Fischer, sie alle haben schon in der Stadthalle gespielt.
3 Sport: Six Days bis Karate-WM
Seit der Eröffnung war die Stadthalle stets auch die größte Turn- und Sporthalle Bremens.
Neben den Radrennfahrern der seit 1965 ausgetragenen Six Days waren seit Eröffnung der Halle fast fünf Jahrzehnte auch die Reiterinnen und Reiter zu Gast: die German Classics und später das Euroclassic Pferde-Festival wurden bis 2013 in Bremen ausgetragen – sie waren zeitweise das weltweit am höchsten dotierte Hallenturnier im Pferdesport.
Im Tischtennis wurde die EM in der Bremer Stadthalle im Jahr 2000 und die WM 2006 ausgespielt, zur Handball-WM wurden 2007 Spiele in der Stadthalle ausgetragen. Im Karate wurde hier 2003 die EM und 2014 die WM ausgekämpft. Und die Radballer und Kunstradfahrerinnen haben ihre Weltmeisterschaften erst in diesem Oktober in der Stadthalle unter sich ausgemacht.
Die Tennis-Stars haben in Bremen 1998 ihren Davis-Cup ausgetragen. Boris Becker, Timo Boll und Dirk Nowitzki, sie alle haben in Bremens "Halle für Alle" gespielt. Andere Sportgrößen wie der Boxer Max Schmeling oder die US-Sprinterin Florence Griffith-Joyner waren zumindest zu Gast. Letztere eröffnete 1989 das Sechstagerennen für das damals als unerhört geltende Honorar von 150.000 D-Mark – inflationsbereinigt wären das heute gut 150.000 Euro.
Diese Sportler hatten schon Auftritte in der Stadthalle
Aber auch für die Clubs der Region war und ist die Stadthalle Anlaufstation. Der einstige Handball-Bundesligist TV Grambke spielte ab Ende der 1970er Jahre seine Heimspiele unter dem Trapezdach der Stadthalle, die Basketballer der Eisbären Bremerhaven haben ihr Saisonauftaktspiel im September 2024 ebenfalls in die ÖVB-Arena verlegt.
Aber auch Hallenfußballer, Volleyballerinnen, Handball, Freestyle-Motocross, Kunstturner, Tänzerinnen und Tänzer füllen die Ränge der Arena regelmäßig – 2025 wird die Tanz-DM auf ihrem Parkett stattfinden.
4 Unterhaltung: Zirkus, Hip-Hop, "Wetten, dass…?"
Wie sehr die Stadthalle für Vielfalt steht, zeigt der Blick auf die vielen Shows und Veranstaltungen, die hier schon stattgefunden haben. Sei es die Hip-Hop-WM 2002, die Cheerleading-WM 2009 oder die für November 2024 zum wiederholten Male geplanten Auftritte der Zirkusakrobaten des Cirque du Soleil.
1998 trat der berühmteste Zauberer seiner Zeit, David Copperfield, erstmals in der Stadthalle auf. Und 2025 sollen die Ehrlich Brothers das Publikum in der ÖVB-Arena erneut verzaubern.
Die Catcher und Wrestler blicken in Bremen auf viele Auftritte zurück, ebenso wie die Eiskunstläuferinnen von "Holida on Ice". Die ZDF-Show "Wetten, dass…?" fand sogar achtmal in Bremen statt.
Die "Drei Fragezeichen" hatten ebenso Auftritte wie die bekanntesten deutschen Comediens. Und auch der erst jüngst wieder zur deutschen ESC-Hoffnung erklärte Stefan Raab hatte in der Bremer Stadthalle einen seiner wichtigsten Karrieremomente, als er vor knapp 25 Jahren mit seinem Hit "Wadde hadde dudde da?" in der Stadthalle Bremen den deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest gewann.
5 Wirtschaft und Politik: Kongresse, Parteitage, Pandemie
Die Stadthalle bot aber auch für ernstere Veranstaltungen immer wieder Raum. Neben Messen und Kongressen nutzten zu Wahlkampfzeiten Parteien und Spitzenpolitiker die Stadthalle regelmäßig. So trat der damalige Kanzler Helmut Schmidt (SPD) im Bundestagswahlkampf 1976 hier auf. Auch sein Nachfolger Helmut Kohl (CDU) war mehrfach Gast in der Bremer Stadthalle.
Und nachdem der einstige Studentenführer Rudi Dutschke 1979 in der Stadthalle im Bürgerschaftswahlkampf für die damals noch in Gründung befindlichen Grünen für Strom aus Sonnenenergie geworben hatte, wurde der in Bremen gastierende bayerische CSU-Politiker Hans-Josef Strauß 1980 mit Stinkbomben beworfen.
Diese Kongresse und Parteitage fanden in der Stadthalle statt
Die FDP gehörte ebenfalls stets zu den Stammgästen in der Stadthalle. Hier hielt sie 1979, 1992, 1999 und 2003 ihre Bundesparteitage ab.
Nicht zuletzt diente die Halle während der Pandemie für die Bremische Bürgerschaft als Ausweichquartier, in dem die Abstandsregeln eingehalten werden konnten.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 23. Oktober 2024, 19:30 Uhr