Interview

Bremer Arzt erklärt: Wie sich der Rauchstopp auf den Körper auswirkt

Eine Person zerreißt eine Zigarette

Bremer Arzt: So belohnt der Körper werdende Nichtraucher

Bild: dpa/Rüdiger Rebmann

Weniger Husten, eine bessere Gesundheit: Wer mit dem Rauchen aufhört, belohnt sich selbst. Trotzdem ist es schwer. Ein Bremer Arzt erklärt, wie man es schaffen kann.

Mehr als sieben Millionen Menschen sterben jährlich an den Folgen des Rauchens. Darauf macht die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zum Weltnichtrauchertag am 31. Mai aufmerksam. Sie möchte möglichst viele Raucherinnen und Raucher dazu bewegen, mit dem Rauchen aufzuhören.

Steven Demedts, Chefarzt der Lungenklinik am Klinikum Bremen-Ost, erklärt, wieso es Gewohnheitsrauchern so schwerfällt, dauerhaft die Finger von Zigaretten zu lassen, obwohl es ihnen der Körper nahezu umgehend dankt – und wie man trotz aller Schwierigkeiten zum Nichtraucher werden kann.

Ein Mann mit Brille und im weißen Kittel lächelt in die Kamera
Leitet die Lungenklinik am Klinikum Bremen-Ost: Steven Demedts. Bild: Gesundheit Nord | Kerstin Hase

Herr Demedts, wie schnell erholt sich der Körper eines Menschen, der mit dem Rauchen aufhört?

Die ersten Effekte sind schon nach wenigen Stunden bis wenigen Tagen nachweisbar. Die roten Blutkörperchen verlieren das Kohlenmonoxid, das durch das Rauchen an sie gebunden wird. Auch die Lähmung und die Beeinträchtigung der Flimmerhärchen in der Lunge werden nach wenigen Tagen schon schwächer. Im weiteren Verlauf wird die Wahrscheinlichkeit einer Tumorerkrankung kleiner. Das Rauchen ist für eine Vielzahl von Erkrankungen vor allem der Lunge aber auch von Herz-Kreislauferkrankungen ein wesentlicher Risikofaktor.

Woran spüre ich als neuer Nichtraucher zuerst, dass meinem Körper der Verzicht auf Zigaretten guttut?

Im besten Fall stellen Sie schon sehr schnell fest, dass Sie nicht mehr so viel husten müssen, dass Ihre Lunge nicht mehr so gereizt wirkt. Als nächstes könnte Ihnen auffallen, dass Sie körperlich belastbarer werden: beim Fahrradfahren, beim Treppensteigen oder auch beim Sport. Auch das kann man durchaus schon nach wenigen Wochen der Rauchfreiheit bemerken.

Kann, wer mit dem Rauchen aufhört, auch wieder vollständig auf das Level eines Menschen kommen, der nie geraucht hat?

Nein, leider nicht. Das Rauchen führt zu einer irreversiblen Schädigung der Lunge und der Atemwege. Das heißt: Es ist nicht möglich, einen einmal eingetretenen Schaden wieder rückgängig zu machen. Das Ausmaß dieser Schädigung hängt stark davon ab, wie viel und wie lange man geraucht hat.

Ob diese Schäden zwangsläufig Symptome nach sich ziehen, ob der Betroffene die Schäden also bemerken wird, ist eine andere Frage. Das ist nicht zwangsläufig so. Aber es ist leider so, dass Menschen, die lange geraucht haben, auch nach Beendigung des Rauchens ein erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen behalten, gerade des Risikos für Lungenkrebs. Dieses Risiko wird nie so niedrig sein wie bei Menschen, die nie in ihrem Leben geraucht haben.

Dennoch verringert natürlich das Risiko schwerer Erkrankungen, wer mit dem Rauchen aufhört. Egal, wie lange ein Mensch geraucht hat: Er kann vom Aufhören profitieren, es ist aus medizinischer Sicht immer zu empfehlen.

Sie haben viel mit Patientinnen und Patienten zu tun, die sich gern das Rauchen abgewöhnen würden. Aber: Es ist schwierig. Aus Ihrer Erfahrung: Wie lange müssen einstige Raucher schon dem Rauchen abgeschworen haben, bis ihnen der Verzicht auf die Zigarette nicht mehr schwerfällt?

Ehrlicherweise muss man leider sagen, dass ein gewisses Rückfallrisiko immer bestehen bleiben wird. Es gibt einige Menschen, die auch nach Jahren der rauchfreien Zeit wieder zur Zigarette greifen. Aber das Rückfallrisiko wird umso kleiner, je länger man nicht raucht. Umgekehrt: Die ersten Tage sind für angehende Nichtraucher am schwersten, dann wird es leichter.

Was geht in dem Körper eines angehenden Nichtrauchers beim Entzug vor?

Der wichtigste Stoff, der uns abhängig macht, ist das Nikotin. Wenn man aufhört mit dem Rauchen, sinkt die Nikotinkonzentration im Körper. Dadurch treten viele unerwünschte Effekte auf. Die Menschen werden unter Umständen unruhig. Vielleicht wird ihnen auch schwindelig, sie verspüren einen starken Drang zu rauchen, wollen die Entzugserscheinungen beenden.

Aber lässt diese körperliche Abhängigkeit vom Nikotin, die Sie da beschreiben, nicht schnell nach, viel schneller als die psychische?

In der Tat. Die körperliche Abhängigkeit sollte innerhalb weniger Wochen überwunden sein. Aber die psychische Abhängigkeit kann viel länger andauern. Gerade dann, wenn das Rauchen mit vielen Ritualen einhergegangen ist, wie zum Beispiel mit der Zigarette zum Kaffee am Morgen. Viele verbinden mit dem Rauchen aufgrund dieser Rituale auch positive Erinnerungen. Den Automatismus dahinter aufzubrechen, ist schwierig. Das kann leider Wochen, Monate oder auch Jahre anhalten, dass man in der einen oder anderen Situation meint: Jetzt gehört eigentlich eine Zigarette dazu. Das macht es für einige Menschen besonders schwer, dauerhaft mit dem Rauchen aufzuhören.

Was raten Sie Menschen, die mit dem Rauchen aufhören wollen?

Man sollte das Aufhören planen. Man sollte sich dafür einen Termin auswählen und dann an diesem Termin alle Zigaretten aus dem Haus rausschmeißen, außerdem die Feuerzeuge und die Aschenbecher, alles, was einen an das Rauchen erinnert und einen Rückfall begünstigen würde.

Für diejenigen, die vorher schon einmal oder mehrmals versucht hatten, sich das Rauchen abzugewöhnen, kann es nach Rücksprache mit dem Arzt auch sinnvoll sein, Ersatzpräparate einzusetzen: Nikotinkaugummis oder Nikotinpflaster.

Was halten Sie von E-Zigaretten als Ersatz für konventionelle Zigaretten?

Anders als in anderen Ländern wie zum Beispiel Großbritannien werden E-Zigaretten in Deutschland nicht als Alternative zu anderen Zigaretten empfohlen. Die langfristige Schädigung durch E-Zigaretten ist noch nicht ausreichend erforscht. Auch ich würde daher von E-Zigaretten abraten.

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 31. Mai 2023, 5:56 Uhr