Bremer Liebesgeschichte: David Safiers "Solange wir leben" im Theater

Das Theater Bremen bringt "Solange wie leben" von David Safier auf die Bühne. Es geht darin um die Geschichte seiner Eltern. Safier hofft auf einen Abend voller Emotionen.
Zeitweise dürfte sich das Publikum wie auf dem Bahnhof vorkommen. Regisseurin Alize Zandwijk und Bühnenbildner Thomas Rupert projizieren einen Film an eine Leinwand im Hintergrund. Er zeigt den Bremer Hauptbahnhof von innen – mitsamt flatternder Tauben. Die Figuren auf der Bühne spielen dazu zwischen gepackten Koffern, begleitet von nachdenklich stimmender Klaviermusik und menschlichem Pfeifen (Musik: Matti Weber).
"Solange wir leben" – das ist ein Roman, in dem es auch um das Aufgeben einer alten Heimat zugunsten einer neuen, zugunsten Bremens geht. Der Bremer Autor David Safier erzählt hier auf gut 460 Seiten die Liebesgeschichte seiner Eltern.
Sein jüdischer Vater Joschi wurde durch den Holocaust aus Wien nach Israel vertrieben. Als Seefahrer kommt er im Jahr 1961 nach Bremen und verliebt sich hier in die zwanzig Jahre jüngere Waltraut. Sie ist ein Kriegskind, das ohne Schulabschluss alleinerziehend bei Karstadt in der Parfum-Abteilung arbeitet. Für sie verlässt Joschi seine Familie in Israel, zieht ins Land der Feinde nach Bremen und gründet eine neue Familie mit Waltraut. 1966 kommt der gemeinsame Sohn David zur Welt.
Theater-Regisseurin Alize Zandwijk versucht – so viel wird beim Besuch einer Probe schnell klar – Safiers Roman in opulenten Bildern zu erzählen und, auch mithilfe der Musik, eine Atmosphäre zu erzeugen, die das Publikum zur Reflexion des Treibens auf der Bühne einlädt.
"Ich spüre und sehe ihre Begeisterung"

Autor David Safier zeigt sich von dieser Herangehensweise im Gespräch mit buten un binnen durchaus angetan. Er habe das schöne Gefühl, dass die Regisseurin wie die Schauspielerinnen und Schauspieler auf der Bühne großen Ehrgeiz entwickelten, um seine Geschichte zu erzählen, sagt er: "Ich spüre und sehe ihre Begeisterung."
Der Autor hat nach eigenem Bekunden nicht nur mehrere Proben verfolgt. Er hat sich auch, ehe er dem Theater Bremen die Rechte an der Inszenierung zusprach, John von Düffels Theaterfassung seines Romans durchgelesen und mit der Regisseurin darüber gesprochen. Dabei sei er zu dem Ergebnis gelangt: "Sie verstehen, worum es geht." Und daher habe er der Aufführung zugestimmt – was keinesfalls selbstverständlich sei.
"Ich habe in meinem Leben mehr abgesagt als zugesagt", so Safier. Trotz dieser Skepsis gegenüber Adaptionen seiner Romane für die Theaterbühne zeigt sich der Schriftsteller überzeugt von den Chancen derartiger Inszenierungen.
Theater ist die unmittelbarste aller Kunstformen. Es wird dann gut, wenn es Lust hat auf Emotionen.
David Safier
Geschichte von Liebe und Resilienz
An Emotionen mangelt es in "Solange wir leben" nicht. In erster Linie, so Safier, sei dieser Roman eine Liebesgeschichte – eben die seiner Eltern. "Es ist eine Geschichte von Liebe und Resilienz. Darüber hinaus stecken einige "Unterthemen" in der Geschichte: Rassismus, Traumata und Alkoholismus. Um all dies zu erzählen, sei für ihn der Roman die ideale Form gewesen, so Safier, auch, weil es um eine große Zeitspanne von etwa 80 Jahren gehe.
Umso gespannter sei er nun, inwiefern es dem Theater Bremen gelinge, die Geschichte zu verdichten: "Wenn sie es gut machen – und da bin ich mir ziemlich sicher – wird man durch das Spiel der Schauspieler auch etwas dazu gewinnen." Er persönlich wisse noch nicht so recht, wie gut es ihm gelingen werde, damit umzugehen, dass andere Leute, namentlich Shirin Eissa und Guido Gallmann, seine Eltern spielen werden. Das sei doch "irgendwie ein bisschen komisch", so Safier.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist ihm der Hinweis, dass er persönlich zwar "wahrscheinlich irgendwie auf der Bühne stattfinden" werde, dass es aber nicht um ihn, sondern um seine Eltern gehe: "Warum ich so schräg geraten bin, wie ich bin – davon handelt das Stück zum Glück nicht", stellt er fest.
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Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 1. März 2025, 19.30 Uhr