Interview

Personalmangel bei der Polizei Bremen: Was tun gegen Raser und Poser?

Ein getuntes Auto fährt bei Dunkelheit auf einer Straße vorbei
Viele Poser brettern besonders gern im Dunkeln durch die Städte. Bild: dpa | Julian Stratenschulte

Der Polizei Bremen fehlt Personal. Deshalb verzichtet sie vorerst auf ihre "Kontrollgruppe Raser und Poser". Polizeidirektorin Andrea Wittrock sagt, was das bedeutet.

Möglichst wenige Angeber mit heulenden Motoren und erst recht keine Raser, die anderer Menschen Leben gefährden: Dafür sollte in den letzten Jahren insbesondere die eigens eingerichtete "Kontrollgruppe Raser und Poser" der Polizei Bremen sorgen – und hatte reichlich zu tun. Bis zum vorigen Jahr hat die Polizei die Gruppe daher kontinuierlich erweitert: von zunächst 19 Mitarbeitenden im Gründungsjahr 2019 auf 32 Mitarbeitende im Jahr 2022.

Zumindest aus Sicht der Polizei erzielte die Einheit, die sich aus Polizistinnen und Polizisten verschiedener Dienststellen zusammensetzte, gute Resultate: Sie überführte Autofahrer der Geschwindigkeitsüberschreitung, machte Hotspots ausfindig, zwang potentielle Poser durch Präsenz zur Zurückhaltung. Trotz dieser Erfolge aus den Vorjahren verzichtet die Polizei Bremen dieses Jahr auf den Einsatz der Kontrollgruppe. Es fehle am erforderlichen Personal, so die Erklärung aus dem Innenressort. buten un binnen hat Polizeidirektorin Andrea Wittrock gefragt, wie die Polizei nun dafür sorgen will, dass Raser und Poser auf Bremens Straßen nicht Überhand nehmen.

Dunkelhaarige Frau mittleren Alters in Polizei-Uniform sitz an einem Schreibtisch und guckt in die Kamera
Andrea Wittrock leitet die Direktion Einsatz der Polizei Bremen. Bild: Polizei Bremen

Frau Wittrock, Sie haben vorigen Herbst bei buten un binnen die Arbeit der Kontrollgruppe "Raser und Poser" im höchsten Maße gelobt. Trotzdem wird die Kontrollgruppe dieses Jahr wegen Personalmangels pausieren. Wie passt das zusammen? Und: Hätte die Polizei nicht anderweitig Kapazitäten schaffen können als ausgerechnet auf Kosten der Kontrollgruppe?

Eine Botschaft ist mir sehr wichtig: Die Maßnahmen gegen Raser und Poser sind nicht eingestellt. Der Polizei Bremen ist das Thema weiterhin sehr wichtig – daran hat sich nichts geändert! Aber leider muss die Kontrollgruppe als konzentrierte Einheit pausieren – aufgrund von Priorisierungen und anderer Schwerpunktsetzungen in dieser Saison, wie beispielsweise der Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen am Hauptbahnhof.

Wir haben jedoch eine andere Organisationsform gefunden, die es uns ermöglicht, das Thema im Blick zu behalten: Die Spezialisten der Verkehrspolizei sind selbstverständlich nach wie vor auf der Straße und werden dabei vom Einsatzdienst der Polizei mit unterstützt. Die Polizei Bremen wird also auch weiterhin konsequent gegen entsprechende erkannte Verhaltensstörer vorgehen.

Was die Kontrollgruppe Raser und Poser aufgedeckt hat

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Es fällt auf, dass die Kontrollgruppe kaum Fälle von vermeidbarer Lärmbelästigung geahndet oder auch nur aufgedeckt hat. Das widerspricht dem subjektiven Eindruck vieler Bremer, wonach nahezu ständig Autofahrer mit heulenden Motoren auf Bremens Straßen unterwegs sind. Worauf führen Sie die bescheidenen Erfolge der Kontrollgruppe in diesem Zusammenhang zurück?

Wenn wir entsprechende Verstöße vermeidbarer Lärmbelästigung feststellen, gehen wir auch dagegen vor – nicht nur mit unseren Spezialisten aus der Verkehrspolizei. Dieses ist Aufgabe aller Polizistinnen und Polizisten! Wir können aber auch feststellen, dass sich das entsprechende Klientel unter den Autofahrern anpasst, wenn Polizeikräfte in der Nähe vermutet werden.

Bei einer Ahndung von aufheulenden Motoren et cetera ist eine Beweisführung immer schwierig, da es situativ und individuell betrachtet werden muss. Wir nehmen ergänzend gerne Hinweise aus der Bevölkerung an, wenn entsprechendes Verhalten festgestellt wird, um unsere Maßnahmen gezielter zu planen. In diesem Zusammenhang müssen wir uns aber eines immer vor Augen halten: Die meisten auffälligen Kraftfahrzeuge haben eine zugelassene Auspuffanlage, so dass eine Ahndung aufgrund von technischen Veränderungen ausscheidet. Hier ist auch der Gesetzgeber gefordert, für entsprechende Begrenzungen zu sorgen.

Zu den Erfolgen der Kontrollgruppe zählt nach Informationen ihrer Kolleginnen und Kollegen auch, dass die Gruppe örtliche Brennpunkte hat identifizieren können. Um welche Orte handelt es sich dabei, und wie werden Sie dort künftig den Verkehr kontrollieren?

Bei den örtlichen Brennpunkten handelt es sich insbesondere um das Ostertor- und Steintorviertel, den Bereich Brill/Schlachte/Martinistraße und um die Überseestadt. Wir haben und werden insbesondere mit der Durchführung von Geschwindigkeitsmessungen in unregelmäßigen Abständen reagieren.

Zum Teil stellen wir bei diesen Maßnahmen keine besonderen Auffälligkeiten fest. Zum Teil wurden aber auch – in Einzelfällen – erhebliche Überschreitungen registriert, die entsprechende Fahrverbote zur Folge hatten. Neben den festgestellten Geschwindigkeitsverstößen waren auch diverse Verhaltensverstöße auffällig, zum Beispiel: unnützes Hin- und Herfahren, unnötiges Erzeugen von Lärm.

Sie hatten im Herbst auch erklärt, dass Sie sogenannte "Lärmblitzer" für ein interessantes Mittel halten, um Poser zu verfolgen. Wann wird die Polizei Bremen solche Lärmblitzer in welchem Umfang einsetzen?

Wir haben uns bereits mit dieser Technik auseinandergesetzt und verfolgen sehr gespannt die weitere Entwicklung. Aktuell sind für den Einsatz dieser Lärmblitzer aber noch nicht alle technischen und rechtlichen Fragen geklärt. In Berlin findet gerade deswegen eine Initiative des Verkehrsressorts statt, um Daten zu gewinnen.

Sie sagen, dass die Kontrollgruppe Poser und Raser nicht aufgelöst worden sei, sondern lediglich dieses Jahr pausieren werde. Wann genau wird die Gruppe in welcher Personalstärke ihre Arbeit wieder aufnehmen?

Wir haben ein hohes Interesse daran, dass die Gruppe als Einheit ihre Arbeit in der kommenden Saison wieder aufnimmt. Das werden wir im Winterhalbjahr prüfen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es aber noch zu früh für eine Aussage.

Wieso es die Kontrollgruppe "Raser und Poser" derzeit nicht gibt

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 24. Juni 2023, 19.30 Uhr