Diese Retter aus dem Kreis Cuxhaven kommen im Notfall per App

Zwei Männer stehen nebeneinander, der eine hält ein Handy in die Kamera.

Diese Retter aus dem Kreis Cuxhaven kommen im Notfall per App

Bild: Radio Bremen | Carolin Henkenberens

Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jede Minute. Deshalb engagieren sich mehr als 15.000 Menschen als "Mobile Retter". Wie läuft so ein Einsatz ab und wer kann helfen?

Als ein schriller Alarm auf seinem Handy ertönt, liegt Tim Brockmeyer auf dem Sofa. Er ist Notfallsanitäter, doch dieser Einsatz ist neu für ihn – sein erster als ehrenamtlicher "Mobiler Retter".

Ich weiß, dass es ein Sonntag war und ich hatte einen späten Nachmittagsschlaf gemacht. Mein Handy hat gepiept und mir angesagt, dass ich geortet werde. Und im nächsten Moment bimmelte das Handy aber auch schon wieder und sagte, ich hätte einen mobilen Rettereinsatz.

Ein Mann mit Brille guckt in die Kamera.
Tim Brockmeyer, "Mobiler Retter"

Brockmeyer tippt auf "Einsatz annehmen", zieht seine Schuhe an und steigt ins Auto. Die App navigiert ihn zum Einsatzort. Zeitgleich hat sich ein Krankenwagen auf den Weg gemacht. Nach fünf oder sechs Minuten ist er vor Ort, erinnert sich der "Mobile Retter". "Wir haben reanimiert, einen älteren Herrn. Also ich überbrücke die Zeit bis zum Eintreffen des Regelrettungsdienstes."

15.000 "Mobile Retter" engagieren sich deutschlandweit

Eine Frau ist über einen am Boden liegenden Mann gebeugt und drückt beide Hände auf seinen Brustkorb.
Mit jeder Minute, die ohne Herzdruckmassage verstreicht, sinkt die Überlebenschance der Patienten um zehn Prozent. Bild: Mobile Retter

Viele Menschen haben ihren ersten und letzten Erste-Hilfe-Kurs mit dem Führerschein absolviert – oft vor langer Zeit. Dabei kann Erste Hilfe Leben retten. Denn neun Minuten dauert es in Deutschland im Schnitt, bis im Notfall der Krankenwagen da ist. Nicht selten kommt die Hilfe zu spät, wenn es um Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand geht.

Deshalb engagieren sich deutschlandweit mehr als 15.000 sogenannte "Mobile Retter". Per App werden sie alarmiert, wenn sich in ihrer Nähe ein Herz-Kreislauf-Stillstand ereignet. Seit knapp einem Jahr gibt es das System auch in Bremerhaven sowie den Landkreisen Cuxhaven, Osterholz und Rotenburg.

Jede Minute zählt

Herzdruckmassage und Beatmen – wenn es zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand kommt, ist es wichtig, damit sofort zu starten. Florian Santen ist wie Brockmeyer ebenfalls "Mobiler Retter" aus Nordholz. Als Sanitäter weiß er, dass es im Notfall schnell gehen muss: Mit jeder Minute, die ungenutzt verstreicht, sinkt die Überlebenschance der Patienten um zehn Prozent, erklärt er.

Wenn wir davon ausgehen, dass der Rettungsdienst im Regelschnitt nach neun Minuten da ist, dann fangen wir quasi als Rettungsdienst bei knapp zehn Prozent Überlebenswahrscheinlichkeit an. Und um genau dieses Intervall zu füllen, gibt es das Projekt "Mobile Retter".

Ein Mann im blauen Pullover guckt in die Kamera.
Florian Santen, "Mobiler Retter"

So funktioniert die Registrierung

Die App "Mobile Retter" auf einem Smartphone installiert
In der App können sich nur Menschen mit medizinischem Hintergrund registrieren. Bild: dpa | Birgit Kalle/Kreis Unna

"Mobile Retterinnen und Retter" sollen eine Ergänzung sein zum Krankenwagen, kein Ersatz. Registrieren können sich nur Menschen mit medizinischem Wissen, etwa Ärzte, Feuerwehrleute, Rettungs- und Pflegefachkräfte. Sobald unter der 112 ein Notruf wegen eines Herz-Kreislauf-Stillstands eingeht, alarmiert die App zwei Retter, die sich im Umkreis von fünf Kilometern befinden.

"Sollte es dann so sein, dass ein 'Mobiler Retter' den Einsatz weder bestätigt oder auch aktiv ablehnt, geht das System weiter und guckt: Wo ist der nächste 'Mobile Retter', sodass im Idealfall zwei Retter alarmiert werden", erklärt Santen.

Für die Menschen, die auf Hilfe warten, ist es im ersten Moment egal, wer da in der Tür steht. Ob wir 'Mobile Retter' sind, der Rettungsdienst oder jemand, der es über die Freiwillige Feuerwehr mitbekommen hat. Da ist jemand zum Helfen – und die Menschen sind dankbar.

Ein Mann mit Brille guckt in die Kamera.
Tim Brockmeyer, "Mobiler Retter"

Weitere Helfer gesucht

In der Region Bremerhaven/Cuxhaven und Osterholz kam es bisher zu rund 80 Einsätzen. Im Schnitt waren die Retter dabei nach etwa drei Minuten vor Ort.

404 "Mobile Retter" sind derzeit in dieser Region registriert. Doch es werden weitere Helfer gesucht, sagt Stephanie Bachmann vom Landkreis Cuxhaven. Sie betont aber: Im Notfall kann jeder helfen: "Was zählt ist, etwas tun, helfen. Wer ist denn im Notfall als Erstes vor Ort? Bekannte, Verwandte, Familienmitglieder, Nachbarn. Wichtig ist, dass sie anfangen mit der Reanimation. Denn alles ist schlimmer als nichts tun. Man kann nichts falsch machen."

Autorinnen

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Das Wochenende aus Bremerhaven, 5. April 2023, 11.40 Uhr