"Ein befreiendes Gefühl" – Lilienthaler zurück in ihren Häusern
Knapp hundert Lilienthaler durften am Sonntag zurück in ihre Häuser. Die Erleichterung bei vielen ist groß. Doch die Hochwasser-Situation bleibt angespannt.
Seit zwei Wochen hält das Hochwasser Bremen und Niedersachsen in Atem: Am Wochenende ist das Wasser in den Flüssen noch einmal kräftig angestiegen. Aber seit Sonntag entspannt sich die Lage langsam. Und auch die letzten rund 100 Evakuierten in der Gemeinde Lilienthal durften in ihre Häuser zurückkehren.
Ein befreiendes Gefühl – und man kann und darf wieder im eigenen Bett schlafen. Allein das ist schön zu wissen und zu sehen.
Friedrich Blum, Anwohner in Lilienthal
Friedrich Blum ist einer von knapp 100 Lilienthalern, die nach elf Tagen Evakuierung wieder nach Hause zurückkehren dürfen – in seine Wohnung im Stadskanaal in Lilienthal-Mitte. Mitten in der Nacht vom 27. auf den 28. Dezember hat es an seiner Tür geklingelt, weil der Deich an der direkt hinter dem Haus liegenden Wörpe zu brechen drohte. Die Evakuierung traf das Ehepaar aber nicht völlig unvorbereitet. Blum wohnt direkt an der Wörpe. Daher habe er immer auch einen Blick auf die Arbeiten am Deich gehabt und konnte direkt aus erster Hand mitbekommen, wenn sich Fachleute unterhalten haben.
Und dann hat man ja spitze Ohren und hört dann ganz besonders hin. Von daher hat man schon ein beruhigendes Gefühl gehabt und auch ein Gefühl der Sicherheit, wenn es denn zu einem Deichbruch kommt, dass die dann Maßnahmen ergreifen und das kann man ja auch sehen, wie das hier aussieht.
Friedrich Blum, Anwohner in Lilienthal
Verständnis für die Evakuierung
Noch immer ist der Deich hinter seinem Haus mit hunderten Sandsäcken verstärkt. Tagelang waren Einsatzkräfte rund um die Uhr vor Ort, haben den Deich gestopft, gesichert und beobachtet. Dass am Ende trotzdem evakuiert werden musste, dafür haben die Lilienthaler hier Verständnis.
Wir wussten, dass das gemacht werden muss, dass die unseren Popo retten wollen. Ist ja auch so, wollen wir hier irgendwie im Wasser sitzen? Nee, wollen wir nicht.
Annemie Menken, Anwohnerin in Lilienthal
Trotzdem war auch hier die Freude groß, als die Nachricht kam, dass die Familie wieder nach Hause darf: "Dann sind wir erstmal in Freudensprünge ausgebrochen", sagt Menken. Trotzdem hätten sie nach der Rückkehr nun erst einmal kalte Füße. Denn auch wenn Strom und Gas im Laufe des Nachmittags wieder angestellt werden konnten, dauert es etwas, bis die Wohnungen wieder richtig warm werden.
Pumpen gegen den Frost
Auch wenn sich die Lage in Lilienthal nun merklich entspannt, die Pegelstände wieder deutlich sinken und die Deiche weiter halten, wird fleißig weitergearbeitet. Nur wenige hundert Meter weiter laufen die Pumpen nach wie vor auf Hochtouren. Sie pumpen das Wasser aus noch überfluteten Straßenzügen in Richtung Wörpe und Wümmewiesen, erklärt Lilienthals Bürgermeister Kim Fürwentsches (Grüne). Denn die Wohnstraßen müssen gerade jetzt bei den frostigen Temperaturen unbedingt vom Wasser befreit werden. Solange die Straßen nicht trocken seien, könnten die restlichen Häuser nämlich nicht mit Strom versorgt werden, sagt Fürwentsches.
Wir erwarten minus sieben bis minus zehn Grad in der Nacht und das ist natürlich für alle Häuser eine Riesengefahr, deshalb diese Notmaßnahme, damit wir so schnell wie möglich das Wasser aus der Fläche rausbekommen, damit wir ganz normal den Strom wieder anstellen können.
Kim Fürwentsches (Grüne), Bürgermeister Gemeinde Lilienthal
Probleme bereitet der Gemeinde außerdem die überlastete Kanalisation. Weiterhin bittet die Gemeinde darum, nicht mehr Wasser als unbedingt nötig in den Abwasserkanal einzuspeisen. Denn die Kanalisation sei immer noch komplett voll. "Da bleibt die Situation weiter angespannt", sagt Lilienthals Bürgermeister.
Durchhaltevermögen ist nun gefragt
Bis die Pegelstände der Flüsse wieder auf ein Normalniveau gesunken sind und sich auch der Grundwasserspiegel, der nach wie vor für viel Wasser in Kellern und Gärten sorgt, normalisiert hat, wird es aber wohl noch einige Wochen dauern. Durchhaltevermögen ist daher gefragt – auch wenn jetzt erstmal bei vielen die Erleichterung da ist, dass das Schlimmste überstanden ist.
Ich hab wirklich das Gefühl, es geht jetzt wirklich langsam wieder aufwärts.
Ingrid Schleich, Anwohnerin in Lilienthal
Und viel Lob gibt es von den Lilienthalern für die ganzen Hilfskräfte, die im Einsatz sind, und für den Bürgermeister.
Wir waren immer gut informiert, wussten immer, was ist, ohne Angst zu machen, sondern einfach nur ganz klar gesagt, was Sache ist. Also, das gab schon ein bisschen Beruhigung.
Ingrid Schleich, Anwohnerin in Lilienthal
Dieses Thema im Programm: buten un binnen mit Sportblitz, 7. Januar 2024, 19:30 Uhr