Fragen & Antworten
Cannabis Social Clubs: So lief die erste legale Abgabe Deutschlands
In Ganderkesee wurde zum ersten Mal in Deutschland Gras an die Mitglieder eines Cannabis Social Clubs verteilt. Wie das funktioniert und wer dahinter steckt.
Ein historisches Ereignis: Nach fast 100 Jahren Prohibition können Cannabis-Konsumenten ihr Gras ganz legal bekommen – und das ohne Rezept. Der erste genehmigte Cannabis Social Club sitzt in Ganderkesee und ist Vorreiter bei dem neuen Konzept. Nach der ersten Ernte wird nun zwei Wochen später das Produkt an die Mitglieder weitergegeben. Wie das ablief und welche Hürden noch bevorstehen.
Wie lief der erste Abgabetag?
Aus ganz Deutschland kamen Pressevertreter zur Schlutter Mühle nach Ganderkesee, um sich das Ganze anzuschauen. Der Cannabis Social Club (CSC) Ganderkesee hat die erste Ernte an etwa 60 Mitglieder verteilt. Die Abgabe selbst fand hinter verschlossener Tür ohne Kameras statt und auch das Produkt wurde in undurchsichtigen Papiertüten versteckt. Grund ist laut CSC das Cannabisgesetz, das den Vereinen konsumfördernde Inhalte – also auch mögliche Werbung – verbietet.
Der erste Abnehmer war Michael Jaskulewiecz, ein 46-jähriger Pflegedienstleiter aus dem Raum Oldenburg. Weil er mal auf der Straße an schlechtes Gras gekommen sei, habe er vor vielen Jahren aufgehört, sagt er. Mit dem kontrollierten sauberen Cannabis fühle er sich nun sicher.
Es ist ein geiles Gefühl. Allerdings auch komisch, nun so offen zu sagen 'Ja, ich konsumiere Cannabis', aber irgendjemand muss ja der erste sein und sich trauen.
Michael Jaskulewiecz, Vereinsmitglied CSC Ganderkesee
Die restlichen Mitglieder kamen ebenfalls aus der Region. Sowohl junge als auch alte Menschen waren dabei. Von regelmäßigen Konsumenten bis zu absoluten Neulingen war alles vertreten. Nichts abgegeben wurde an diesem Tag an die 18- bis 21-jährigen Mitglieder. Diese bekommen gesetzlich vorgeschrieben nur Cannabis mit einem geringeren THC-Gehalt. Das soll bei der nächsten Abgabe in zwei Wochen passieren. Konsumieren durften die Mitglieder vor Ort ebenfalls nicht.
Wie viel wird pro Person vergeben?
Die Abgabe ist gesetzlich geregelt. Eine Einzelperson darf an einem Tag 25 Gramm abholen, allerdings liegt die Grenze bei 50 Gramm pro Monat. Am ersten Abgabetag gingen ohnehin nicht so hohe Mengen über den Tisch. Die meisten Mitglieder holten sich erstmal wenige Gramm zum Probieren. So wie Michael Jaskulewiecz, der sich von allen vier angebotenen Sorten ein Gramm mitnahm.
Wie viele Mitglieder hat der Club?
Die Nachfrage ist groß: 500 Mitglieder darf ein Cannabisclub haben und diese sind in Ganderkesee ausgereizt. Zudem stehen laut Vereinsvorstand über 1.000 Personen auf der Warteliste. Um der großen Nachfrage gerecht zu werden, helfen die Vorstandsmitglieder des CSC Ganderkesee bereits beim Aufbau zwei weiterer Vereine in der Region, die dann primär für die Personen auf der Warteliste gedacht seien.
Wir wollen die Menschen nicht dem Schwarzmarkt überlassen.
Daniel Keune, Erster Vorstandsvorsitzender CSC Ganderkesee
Wie funktioniert der Cannabis Social Club?
Der CSC darf keinen Gewinn erwirtschaften. Auch die Vorstandsvorsitzenden machen ihre Arbeit ehrenamtlich. Daniel Keune beispielsweise ist eigentlich Elektroniker und plant Industrieanlagen. "Meine Motivation ist, sauberes Gras ohne Beimischungen herzustellen. Außerdem stehe ich hinter diesem Konzept der Prävention und Aufklärung", so der Vorsitzende.
Die Mitglieder zahlen einen individuellen Mitgliedsbeitrag – entweder einmalig oder regelmäßig. Bei dem Verein in Ganderkesee gibt es keine Grundgebühr. Das heißt, dass jedes Mitglied selbst entscheiden kann, was es zahlen will. Das handhaben die Cannabisclubs allerdings unterschiedlich.
Wer einen Beitrag eingezahlt hat, bekommt dann über eine App Credits gutgeschrieben. Diese Credits können wiederum bei der Abgabe gegen die Sorten eingetauscht werden. Umgerechnet liegen die Preise dann bei circa 10 Euro pro Gramm.
Welche Hürden gibt es bei dem Club?
Damit ein Club genehmigt wird, muss er viele gesetzliche Anforderungen erfüllen – von Transport über Etikettierung bis hin zur Abgabe. Auch Jugendschutz und Sicherheitskonzepte müssen gewährleistet sein. Bei dem CSC Ganderkesee prüfen eine Präventionsbeauftragte und ein Jugendschutzkoordinator ihre Mitglieder genau und bieten bei Auffälligkeiten Hilfe und Beratung an oder vermitteln die Personen an andere Stellen weiter. Der Ort, wo das Cannabis angebaut wird, wird außerdem aus Sicherheitsgründen nicht bekannt gegeben. Als größte Hürde empfindet der Verein allerdings den Ruf, der Cannabiskonsumenten vorauseilt.
Wir sind an erster Front, zu zeigen, dass wir ganz normale Menschen sind.
Daniel Keune, Erster Vorstandsvorsitzender CSC Ganderkesee
Was sind die nächsten Schritte?
In zwei Wochen steht laut Keune die nächste Abgabe bevor. Die Pflanzen würden so geerntet, dass sie in regelmäßigen Abständen Cannabis an die Mitglieder weitergeben könnten. Insgesamt dürfte der Verein bis zu 75 Kilo pro Jahr produzieren.
Dieses Thema im Programm: buten un binnn, 2. November 2024, 19:30 Uhr