Zurück zu 19 Prozent Mehrwertsteuer: So besorgt sind Gastronomen
Noch gut ein halbes Jahr gilt der ermäßigte Corona-Steuersatz, dann wird die Mehrwertsteuer wieder angepasst. Das bereitet vielen Bremerhavener Gastronomen Kopfzerbrechen.
Cafés und Restaurants sind gerade im Sommer sehr beliebt sowohl bei Touristen als auch bei Einheimischen. So ist es auch in Bremerhaven. Doch nach den Corona-Jahren erlebte die Branche nur eine kurze Erholungspause, denn zu den steigenden Energie- und Personalkosten und neben der Inflation kommt jetzt noch eine Ausgaben hinzu: Die Mehrwertsteuer von 19 Prozent, statt wie zuletzt nur sieben Prozent.
Gastronomin Jennifer Dagligil aus Bremerhaven betreibt ein Frühstückscafé, mehrheitlich kommen Einheimische. Sie steht zu ihren Preisen – auch dann, wenn die Mehrwertsteuer hochgeht:
Wir haben das Rückgrat zu sagen 'Ey, pass mal auf: Unsere Eier kommen hier aus Elmlohe, der Humus ist selbst gemacht, die Tomatenstreichcreme ist selbst gemacht, die Milch kommt aus Gnarrenburg. Das ist arschteuer hier.'
Jennifer Dagligil, Café-Betreiberin
Die Gastronomin gibt die höheren Einkaufspreise an ihre Gäste weiter. Das mache sie mit ihrer freundlichen und offenen Art wieder wett, der persönliche Kundenkontakt rechtfertige die höheren Preise, meint die 31-Jährige.
Ihre Stammgäste unterstützen sie mit dem Slogan: "Support your locals." Für die persönlich Wohnzimmeratmosphäre zahlen sie gern ein paar Euro mehr.
19 Prozent Mehrwertsteuer zu viel für Gastronomen?
In einem Touristen-Restaurant im Neuen Hafen sieht die Stimmung anders aus. Bei Weißwein, Fisch und Hafenblick machen die steigenden Preise den Gästen von Inhaber Steffen Heumann zu schaffen. "Irgendwann ist der Bogen so überspannt, dass es nicht mehr weitergeht", sagt er.
Der Weg in Richtung 19 Prozent geht auf keinen Fall. Das wäre für viele, viele Gastronomen das Ende.
Steffen Heumann, Restaurant-Betreiber aus Bremerhaven
So sieht es auch der Hotel- und Gaststättenverband Bremen (Dehoga). Und begründet: "Andere Bereiche, die mit uns konkurrieren – wie Einzelhandel, Bäckereien oder Schlachtereien – verkaufen ihr Essen für sieben Prozent", sagt Nathalie Rübsteck. Sie ist die Geschäftsführerin der Dehoga in Bremen. Nach einer aktuellen Dehoga-Umfrage würde eines von zehn Lokalen im Land Bremen schließen müssen.
Immer weniger Veranstaltungen in der Gastronomie
Kneipenbesitzer Willy Reinhard findet die Entwicklung in der Gastrobranche jetzt schon schlimm. Der 56-Jährige betreibt eine Kultkneipe mit Biergarten. Er bedauert, dass es keine Weihnachtsfeiern mehr gebe und Geburtstage eher zuhause gefeiert werden. Solche Veranstaltungen seien jetzt schon weniger geworden.
Dann wird Personal gekürzt, dann wird der Service verschlechtert, dann wird die Karte gekürzt. Jeder versucht ja irgendwie seinen Weg zu finden, da noch seinen Gewinn zu machen.
Willy Reinhard, Kneipenbetreiber
Überhaupt noch schwarze Zahlen zu schreiben, sagt Reinhard, werde für Gastronomen immer schwieriger. Auch seine Grenze sei erreicht. Seine Gäste merkten das auch.
Aber einige finden die Mehrwertsteuererhöhung sinnvoll, da so der Staat mehr Geld zum Investieren hätte. Ein Gast zählt auf, wofür der Staat mehr Geld ausgeben könnte: Ausbau des Schienennetz, mehr Kita-Plätze und mehr Ausbildungsplätze.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Sonntagssendung aus Bremerhaven, 11 bis 13 Uhr, 23. Juli 2023