Als Strom in Bremen noch Luxus war
Bis alle Bremer zuhause Strom hatten, war es ein langer Weg. Alles begann 1893 mit einem Kraftwerk hinter dem Hauptbahnhof. Damals reichte der Strom nur für rund 200 Villen.
- Strom als Luxusgut.
- Elektrisches Zeitalter sorgt in Bremen für Wachstum und neue Jobs.
- Bremens erstes umweltfreundliches Kraftwerk: Das Weserkraftwerk.
In einem eigenen kleinen Museum in Hastedt erzählen drei ehemaliger Stadtwerke-Mitarbeiter, wie der Strom nach Bremen in die Häuser kommt. Mit der Stromproduktion ging es 1893 direkt hinter dem Hauptbahnhof los.
"Das erste Kraftwerk stand damals in der Schlachthofstraße, der heutigen Theodor-Heuss-Allee. Es war ein Gleichstromkraftwerk und hatte eine Einrichtung von drei Dampfmaschinen. Das waren Expansionsmaschinen, also praktisch Schiffsmaschinen, die es damals schon gab", erzählt Rolf Hannet vom Bremer Museum für Netztechnik.
Strom als Luxusgut
Er erklärt, wie der Kraftstrom erzeugt wurde: Über den Kolben wurde Wasserdampf eingeleitet, der diese dann in Bewegung setzte. Eine Welle trieb den Generator an. Mit dem Strom können damals gerade mal 1.200 Glühlampen leuchten, vorzugsweise am Hauptbahnhof, in Lokalen und Geschäften und in einigen wenigen Privatwohnungen.
Man muss wissen, dass es damals ganz am Anfang immer nur um Beleuchtung ging. Es ging darum, die Straßen sicherer zu machen und dafür Beleuchtung zu haben.
Rolf Hannet, Bremer Museum für Netztechnik
Einen Privathaushalt an die Stromversorgung anzuschließen und zu versorgen, kostete 500 Mark, damals das Jahresgehalt eines Handelsangestellten. Rolf Hannet: "Das war nur für Privilegierte am Anfang. Das war richtig teuer, das konnten sich wirklich nur Leute mit Geld leisten." Und der Strom konnte anfangs noch nicht sicher über weite Strecken transportiert werden: Er erreicht gerade mal rund 200 Villen rund um den Bremer Hauptbahnhof.
Bilderstrecke: Wie der Strom nach Bremen kam
Elektrisches Zeitalter sorgt in Bremen für Wachstum und neue Jobs
Mit dem Beginn der Industrialisierung und des elektrischen Zeitalters wächst Bremen und es entstehen vollkommen neue Berufe. Rita Schwab, ehemalige SWB-Betriebsrätin erzählt: "Die Leute kamen vom Land und hatten althergebrachte Berufe, waren vielleicht Karrenbauer oder Schmid gewesen und mussten nun nach und nach darin geschult werden, diese hochmoderne Technik aufzubauen, zu warten und zu bedienen."
Auch weil sich der Strom durch neue Erfindungen plötzlich viel besser transportieren lässt, kauft die Stadt den Hastedter Bauern ein Riesenstück Land ab und beschließt 1904, hier ein Wechselstrom-Kraftwerk zu bauen. Man baut in nur zwei Jahren ein Kraftwerk für Bremens erstes Industriegebiet – mit dem Wasseranschluss am Hemelinger Hafen für die Binnenschiffe voller Steinkohle. Dieses Kraftwerk bekommt bald den Kosenamen "die sieben schwarzen Raben": Weil es Häuser und selbst die Wäsche auf der Leine bei falschem Wind mit Kohlenstaub überzieht. Aber das Kraftwerk Hastedt schafft es mit einigen Erweiterungen und Umbauten schließlich, Bremens Strombedarf komplett zu decken.
Es hat tatsächlich von 1906 bis 1933 gedauert, bis der Strom wirklich überall in der Stadt ankam. Es waren damals wie heute riesige Investitionen nötig, um die Versorgung bis in die letzten Gassen sicherzustellen.
Christoph Brinkmann
Bremens erstes umweltfreundliches Kraftwerk: Das Weserkraftwerk
Bremens umweltfreundlichste Stromgeschichte spielt gleich neben dem Kraftwerk Hastedt: Die Bremer wollten ihre Weser vertiefen, um die Häfen der Stadt auch für tiefergehende Schiffe erreichbar zu machen. Doch die Achimer Bauern hatten die Befürchtung, dass ihnen dadurch im Oberlauf der Weser die Felder vertrocknen würden.
Derweil forderte Preußen von Bremen den Bau eines Staus der Weser. Und wenn man schon ein Wehr baut, kann man sich die Kraft des Wassers auch zunutze machen: Das Weserkraftwerk ist beim Bau 1911 Europas modernstes Wasserkraftwerk.
Neun Turbinen versorgten tausende Haushalte mit Strom. Doch es kam auch manchmal zu Problemen bei der Stromversorgung durch das Kraftwerk: "Das Wasserkraftwerk hatte immer wieder große Schwierigkeiten. Im Winter ging wegen Eisgangs fast gar nichts und das waren noch lange Winter mit viel Eis auf dem Fluss. Und auch Ebbe und Flut spielten eine ungute Rolle", berichtet Archivar Rolf Hannet. Trotzdem konnte das Wasserkraftwerk damals ein Drittel des Bremer Strombedarfs decken.
Letztlich ist das Wasserkraftwerk aber länger als alle anderen Bremer Kraftwerke in Betrieb: Erst nach fast 80 Jahren geht dieses Baudenkmal vom Netz und muss dem neuen Weserwehr weichen. Und auch da sollen die Bremer erst wieder überzeugt werden, dass sich hier ein Wasserkraftwerk lohnt: Zwei Turbinen versorgen hier immerhin 17.000 Haushalte mit Strom.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 20. März 2023, 19:30 Uhr