Prozess und kurioses Nachspiel – die Bremer "Bunkermorde" (Teil 2)
Informationen zum Audio
- Aus der Serie & dem Podcast: Mord Nordwest – Der True-Crime-Podcast von buten un binnen
- Veröffentlicht am: 2. Februar 2023
Der Prozess gegen die Verantwortlichen für den Bunkermord bringt Urteile, die für Empörung sorgen. Am Ende geht der Fall bis vor den Bundesgerichtshof.
Mehr als 14 Jahre lang lag eine Anklageschrift gegen mutmaßliche Helfer bei einem besonders abscheulichen Verbrechen, den sogenannten "Bunkermorden", unbearbeitet auf irgendeinem Schreibtisch oder in irgendeinem Schrank oder Regal im Bremer Landgericht. Erst als buten un binnen-Reporter Dirk Blumenthal sich nach dem Schicksal der Anklageschrift und der Angeklagten erkundigte und einen Film über die skandalöse Saumseligkeit der zuständigen Richter machte, wurde über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden.
Verurteilt wegen Totschlag – nicht Mord
Aber auch zuvor hatte die juristische Aufarbeitung der "Bunkermorde" schon für eher negative Schlagzeilen gesorgt. Der Prozess gegen die drei Männer, die Ayshe Dizim und Serif Alpsozman umgebracht haben, und gegen einen eher niederrangigen PKK-Funktionär beginnt im August 2000 und endet am 4. April 2001. Er endet damit, dass zwei der Haupttäter zu je 15 und der dritte zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt werden – wegen Totschlag und nicht wegen Mord. Der PKK-Funktionär bekommt 9,5 Jahre wegen Beihilfe.
Die Staatsanwaltschaft legt gegen das Urteil Revision ein, soweit es die Haupttäter betrifft. Der Bundesgerichtshof entscheidet, die Tatsachenfeststellungen des Bremer Landgerichts seien alle korrekt, die drei Angeklagten hätten danach aber wegen Mord und nicht wegen Totschlag verurteilt werden müssen. Er hebt das Urteil auf. Eine andere Strafkammer des Bremer Landgerichts verhandelt neu. Das Urteil im Februar 2003 lautet wieder auf Totschlag, und einer der Täter bekommt noch zwei Jahre weniger als im ersten Prozess. Das stößt selbst bei anderen Richtern des Bremer Landgerichts auf Unverständnis. Das Urteil wird rechtskräftig. Die Verurteilten sind mittlerweile alle längst wieder frei.
Tathelfer gerieten in Vergessenheit
Aber es gab eben noch eine andere Anklageschrift und andere Angeklagte, nämlich zwei Brüderpaare, die auch zum PKK-Umfeld gehörten: die Brüder K. und die Brüder Ö.. Die Anklage lautete auf Beihilfe zum Mord. Die vier hatten mehrere Monate in Untersuchungshaft gesessen.
In der Wohnung von Mawali K. sollen Ayshe Dizim und Serif Alpsozman vor der Tat stundenlang festgehalten worden sein. Hallim K. soll sie da bewacht haben. Nach der Tat haben die Brüder K. den Tätern angeblich frische Kleidung gegeben und die blutverschmierte Tatkleidung versteckt. Nevvaf Ö. hat das Auto zu Verfügung gestellt, mit dem Ayshe und Serif zum Bunker Valentin gefahren worden sind und mit dem Serif dann überfahren worden ist. Als die Täter nach der Tat zurückkamen, haben die Brüder Ö. den Wagen so gründlich saubergemacht, wie es eben ging. Und Abdulllah Ö. hat danach auch noch neue Reifen aufziehen lassen. Die Spurensicherer der Polizei fanden später trotzdem Blut und Fleischfetzen von Serif Alpsozman unter dem Auto. Das alles steht so in der Anklageschrift der Bremer Staatsanwaltschaft vom 24. April 2000.
Zur Anklage kam es nicht mehr
Und die lag dann mehr als 14 Jahre unbearbeitet im Bremer Landgericht rum. Bis der Radio Bremen-Reporter Wind von der Schlamperei bekam und sie öffentlich machte. Mögliche Vorwürfe gegen die beiden Brüderpaare wegen zum Beispiel Begünstigung oder Strafvereitelung oder Freiheitsberaubung oder Nötigung waren da längst verjährt. Und die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen Beihilfe zum Mord oder zum Totschlag lehnte die zuständige Landgerichtskammer fast 15 Jahre nach Anklageerhebung ab. Und die Brüder seien, entschieden die Richter, für die erlittene Untersuchungshaft zu entschädigen.