Was es bedeutet, wenn an Bremer Grundschulen der Unterricht ausfällt

Eine Frau steht neben einer Tafel und unterrichtet Kinder.

Lehrermangel an Grundschulen belastet Eltern

Bild: Imago | Steffen Schellhorn

In Bremen gibt es nicht genug Lehrkräfte. Zusätzlich sorgen Krankheitsfälle dafür, dass viel Unterricht ausfällt. Zwei Familien berichten, was das für sie und ihren Alltag bedeutet.

Andrea Müller sorgt sich um die Zukunft ihrer Tochter. Die achtjährige Meta besucht die zweite Klasse der Grundschule an der Düsseldorfer Straße in Bremen-Osterholz. Eigentlich soll Meta hier alle Grundlagen für ihre weitere Schullaufbahn lernen: Lesen, Schreiben, Rechnen, Geometrie. Eigentlich. "Seit Anfang Februar hat sie keinen Fachunterricht. Kein Deutsch, kein Mathe", erzählt Andrea Müller. Denn die Klassenlehrerin ist krank – und ständig fällt der Unterricht aus.

Dass der Unterricht ausfällt, hat Andrea Müller von ihrer Tochter Meta erfahren. Erst, nachdem die Eltern bei der Schulleitung nachgefragt haben, sind sie über die Details informiert worden. Die Schule habe sich so gut wie möglich bemüht, Vertretung für die Unterrichtsstunden zu organisieren. Diese Vertretung ist aber nicht mit durchschnittlichem Fachunterricht vergleichbar. "In den Unterrichtsstunden haben wir dann zum Beispiel Malzeit und Spielezeit und freie Arbeitszeiten", berichtet Meta.

Aufholen ist kaum möglich

Weil es diese Betreuungsstunden gibt, falle der Unterricht in diesem Sinne nicht aus, sagt das Bildungsressort. Aber: An der Düsseldorfer Straße gebe es "gehäufte Vertretungsanlässe", die Schule habe sich zuletzt in einer "angespannten Personalsituation" befunden – Krankheitsfälle, Schwangerschaft oder Elternzeit, erklärt eine Ressortsprecherin. Die vakanten Stunden seien schulintern besetzt worden, Fachunterricht finde jetzt auch wieder regelmäßig statt.

Ich frage mich: Wann soll das alles wiederholt werden?

Andrea Müller, Mutter einer Zweitklässlerin

Laut Andrea Müller hat Meta nun das erste Mal seit Wochen wieder Deutschunterricht, der Matheunterricht soll auch bald wieder beginnen. Aber sie sorgt sich, wie Meta die verlorene Zeit wieder wettmachen soll: "Wir werden immer damit vertröstet: Das wird alles wieder aufgeholt und in der 5. Klasse wird sowieso alles wiederholt. Ich frage mich nur: Wann soll das alles wiederholt werden?"

Zuhause ist das aus Sicht von Andrea Müller nicht möglich. Denn: Wenn ihre Tochter erst am Nachmittag nach Hause kommt nach einem langen Schultag, sei es kaum möglich, nochmal gemeinsam auf Matheaufgaben zu schauen. Und auch Meta sagt: Alleine nachholen sei für sie schwierig. "Wir können halt nicht, weil wir das nicht beigebracht kriegen."

Fehlende Vertretungsmöglichkeiten verschärfen den Personalmangel

So wie Familie Müller geht es vielen Eltern in Bremen. Der Personalrat Schulen sagt: Die Unterrichtsversorgung in Bremen sei nicht gut. Nicht nur wegen der offenen Stellen, sondern auch wegen fehlender Vertretungsmöglichkeiten. Die Bildungsbehörde hingegen sagt: Man sei im engen Austausch mit den Schulen, um solche Lücken schnell zu schließen. Die Personalversorgung insgesamt liege aber bei 94 Prozent – und damit sei die Grundversorgung an den Schulen abgedeckt.

Matthias Köhler erlebt das anders. Seine Kinder besuchen die erste und dritte Klasse der Grundschule Düsseldorfer Straße. "Es gab immer in Angebot für Notbetreuung mit der Bitte, die Kinder so viel wie möglich zuhause zu betreuen." Das sei an 20 bis 30 Tagen im Zeitraum von vier Monaten der Fall gewesen. Und an vier Tagen sei der Schulbetrieb sogar komplett eingestellt worden.

Nicht nur der fehlende Unterrichtsstoff macht Matthias Köhler sorgen, sondern auch die fehlende Regelmäßigkeit im Schulbetrieb. "Darunter leidet das Familienleben, darunter leidet das berufliche Umfeld." Er müsse ständig flexibel sein und kurzfristig reagieren – sein Arbeitgeber unterstütze ihn aber. Trotzdem: "Das ist ein großer Stress, der aufgrund Unberechenbarkeit bei den Eltern und auch bei den Kindern entsteht."

Wir arbeiten am Wochenende, wir arbeiten nachts, wenn die Kinder schlafen. Das ist sehr anstrengend.

Matthias Köhler, Vater von zwei Grundschülern

Er und seine Frau mussten beide Kinder oft den halben oder den gesamten Tag zuhause betreuen. Dabei sind beide eigentlich voll berufstätig.

Situation für Kinder mit Sprachschwierigkeiten noch schwerer

Matthias Köhler und Andrea Müller sagen, die Schule tue alles, um die Familien so gut wie möglich zu unterstützen. Das reiche aber nicht: "Die Kinder haben ein Recht auf Bildung und dieses Recht auf Bildung wird ignoriert", sagt Andrea Müller. Beide Eltern berichten, dass vielen Kindern inzwischen die Motivation für den Unterricht fehlt. Das gehe so weit, dass einige sich morgens weinend weigern, in die Schule zu gehen.

Außerdem hat die Schule einen hohen Sozialindex, das heißt: Dort sind viele Kinder aus ärmeren Haushalten, außerdem ist die Sprachförderquote sehr hoch. Und genau die hätten es in der jetzigen Situation noch schwerer, wichtige Fortschritte in ihrer Schullaufbahn zu machen.

Autorin

  • Lisa-Maria Röhling
    Lisa-Maria Röhling

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 18.04.2024, 7.10 Uhr