Warum Bremens Bürgermeister "Blaue Briefe" bekommen hat

Blaue Briefe sind in einem durchsichtigen Plastikbehälter für Bürgermeister Andreas Bovenschulte aufgereiht
Bild: butenunbinnen | Lisa-Maria Röhling

Eltern von Bremer Grundschülern haben am Freitag "Blaue Briefe" am Bremer Rathaus abgegeben. Sie wollen mit der Aktion auf die schwierige Situation in den Schulen aufmerksam machen.

Elternvertreterinnen und Elternvertreter der Schule an der Gete haben über mehrere Wochen Unterschrift gesammelt, um den Bremer Bürgermeister aufzufordern, die Bildungsmisere zur Chefsache zu machen. Dafür haben sie einen Brief mit klaren Forderungen verfasst.

In diesem fordern sie, dass mehr Lehrkräfte und Sozialarbeiter eingestellt werden müssen, die Doppelbesetzung in den Klassenzimmern durchgesetzt werden und die Sprachförderung verbessert werden muss. Denn immer wieder falle Unterricht aus, gerade Kinder mit besonderem Förderbedarf fielen deshalb zurück. "Viele Kinder sind herausgefordert, und man braucht dort mehr Unterstützung. Sonst verlieren die Kinder, die am schwächsten sind", sagt Elternvertreter Christopher Simmons.

Knapp 70 Eltern sind dem Aufruf nachgekommen, haben das Schreiben vervielfältigt, unterschrieben und in blaue Briefumschläge gepackt – also in der Farbe, die früher Mahnbriefe an Schülerinnen und Schüler hatten. Die Kinder stünden vor immer mehr Herausforderungen, die Klassen werden immer heterogener, sagt Sienna Jacobi, deren Sohn in die dritte Klasse geht. Das bringe Lehrkräfte, Eltern und Kinder an ihre Grenzen.

Kinder mit Förderbedarf besonders betroffen

Gerade Kinder, die Assistenzen bräuchten, litten unter der Situation: Es habe schon Fälle gegeben, in denen Eltern ihre Arbeitszeit reduzieren mussten, um ihre Kinder mit Förderbedarf in die Schule zu begleiten. "Wir kriegen seit drei Jahren Hilferufe aus der Klasse, dass unsere sehr, sehr engagierten Lehrerinnen das Gefühl haben, sie werden der heterogenen Klassenzusammenstellung nicht gerecht und sie nur noch betreuen. Da haben wir Angst, und die wollen wir äußern."

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Bürgermeister Andreas Bovenschulte haben sie an diesem Freitagmorgen am Rathaus nicht persönlich angetroffen, er sei nach der Rückkehr von der Ministerpräsidentenkonferenz in Terminen, hieß es. Die Box mit den "Blauen Briefen" nahm sein Sprecher Christian Dohle entgegen. Er werde die Briefe weitergeben: "Wer für bessere Bildung kämpft in Bremen, hat den Bürgermeister an der Seite". Allerdings seien sowohl das Personal als auch das Geld endlich.

Den Eltern ist wichtig: Sie wollen nicht nur auf die Situation ihrer Schule aufmerksam machen, sondern die aller Schulen in Bremen. Die Lage an der Schule an der Gete sei kein Einzelfall. Auch deshalb hoffen sie, dass sich der Bremer Regierungschef der Sache annimmt. Sie hoffen jetzt auf eine Reaktion des Bürgermeisters – denn unter den Briefen steht explizit: "Um Rückantwort wird gebeten."

Autorin

  • Lisa-Maria Röhling
    Lisa-Maria Röhling

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 21. Juni 2024, 19:30 Uhr