Wahl in Bremen: FDP will Kindergärten statt Stadtmusikantenhaus
Die steigenden Preise setzen vielen Menschen zu. Was fällt Bremens Politikern dazu ein? Das haben wir sie in unserer ersten Wahl-Mobil-Sendung gefragt – und diese Antworten bekommen.
Steigende Lebensmittelpreise, Energie so teuer wie noch nie, eine Inflation auf Rekordniveau: All das trifft Bremen hart. Umso mehr stellt sich kurz vor der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft (14. Mai) die Frage: Wie möchte welche Partei die Bürgerinnen und Bürger unterstützen? Darüber hat Radio-Bremen-Moderator Felix Krömer am Dienstagabend beim ersten Wahl-Mobil im Vegesacker Gustav-Heinemann-Bürgerhaus mit seinen Podiumsgästen aus der Bremer Politik diskutiert. Die Fragen dazu steuerte das Publikum bei. Die wichtigsten Aussagen zu den großen Themen des Abends:
1 Lohnniveau
Seit Monaten ein Streitthema ist das Lohnniveau in Bremen, insbesondere der große Niedriglohnsektor. Vor diesem Hintergrund erklärte Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke), worin sie derzeit eines der größten Probleme sieht, dem sie gern entgegenwirken möchte: in der "total geringen Tarifbindung in Bremen", für die vor allem die Wirtschaft verantwortlich sei. "Das ist eine der größten Stellschrauben", so Vogt.
Ole Humpich, Mitglied im Landesvorstand der Bremer FDP, hielt dem entgegen, dass die Unternehmen aufgrund des Wettbewerbs stark unter Druck ständen. Es sei daher "nicht okay", zu sagen: Die Wirtschaft muss für höhere Löhne sorgen. "Es bedarf einer gemeinsamen Lösung von Wirtschaft und Politik", so Humpich.
Maike Schaefer (Grüne), Senatorin für Klimaschutz, Stadtentwicklung und Wohnungsbau, sagte zu den Löhnen: "Es kann im 21. Jahrhundert nicht sein, dass Frauen noch immer weniger verdienen als Männer." Da zudem oft Alleinerziehende von Armut betroffen seien, komme es darauf an, die Kinderbetreuung von der Krippe bis zur Schule zu gewährleisten. Daher wolle ihre Partei den Schul- und Kindergartenausbau in Bremen weiter vorantreiben.
Sven Schellenberg, stellvertretender Landesvorsitzender der Bürger in Wut, kritisierte, dass es zu viel Leiharbeit in Bremen gebe. "Zeitarbeiter müssen so bezahlt werden wie die Stammbelegschaft in den Unternehmen", forderte er.
2 Was will die Opposition anders machen?
Vor dem Hintergrund der leeren Bremer Kassen und der hohen Schulden des Zwei-Städte-Staats wollte eine Zuschauerin wissen, was insbesondere die CDU anders machen würde als die jetzigen Regierungsparteien. Susanne Grobien, Sprecherin für Häfen und Wissenschaft der CDU-Bürgerschaftsfraktion, erwiderte, dass ihre Partei vor allem mehr Flächen für Gewerbe in Bremen vorhalten würde. Zudem sagte sie: "Die Wirtschaftsförderung muss aktiver auf Unternehmen zugehen, um sie anzuwerben." Durch eine derartige aktive Wirtschaftspolitik lasse sich auch das Image Bremens als Wirtschaftsstandort aufpolieren. Gleichzeitig hält Grobien höhere Investitionen in die Bildung für erforderlich.
Ole Humpich warf dem Senat auf die Frage, was man anders machen müsse, Geldverschwendung vor und führte als Beispiel das geplante, rund 14 Millionen Euro teure Stadtmusikantenhaus an. Von diesem Geld könne man mindestens sechs Kindergärten bauen, so Humpich.
Mustafa Güngör, Fraktionsvorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion, verteidigte das Projekt: "Die Stadtmusikanten sind unsere Marke, die weltweit bekannt ist. Da nehmen wir gern Geld in die Hand", so Güngör.
Wir geben den Stadtmusikanten den Platz, den sie verdienen.
Mustafa Güngör, SPD
3 Ausbildungsfonds
Uneinigkeit herrschte auf dem Podium bei der Frage, wie es Bremen gelingen kann, mehr Menschen zu einer Ausbildung zu verhelfen. Maike Schaefer verteidigte den kürzlich durch die Bürgerschaft beschlossenen Ausbildungsfonds: "Wir müssen die Wirtschaft dazu ermutigen, mehr auszubilden."
Kristina Vogt stimmte ihr zu und sagte: "Es gibt eine große Ungerechtigkeit im System." So bildeten viele kleine Unternehmen für eigene Zwecke aus, während größere, die die Ausbildung heruntergefahren hätten, sich der Ausgebildeten aus den kleinen Unternehmen bedienten.
Susanne Grobien unterstrich, dass die CDU den Ausbildungsfonds ablehnt: "Wir würden das sofort wieder zurückdrehen." Man dürfe die Unternehmen nicht dafür bestrafen, dass es so schwer sei, geeignete Auszubildende zu finden. Die mangelnde Bildung der schlecht qualifizierten Schulabgänger sei das eigentliche Problem in Bremen. Da müsse man ansetzen.
4 Klimaschutz
Wie lässt sich verhindern, dass die Bremer durch Klimaschutzmaßnahmen finanziell überfordert werden, wollte eine Zuschauerin wissen. Für Ole Humpich von der FDP ist klar: Der Zeitpunkt für Klimaschutzmaßnahmen wie etwa zur Photovoltaik-Dach-Pflicht bei Neubauten in Bremen sei schlecht gewählt: "Die Menschen haben gerade andere Themen."
Susanne Grobien rät mit Blick auf die Kosten anstehender Klimaschutzmaßnahmen zu Gelassenheit: "Wir haben eine großartige Verbraucherzentrale. Lassen Sie sich nicht verunsichern." Man wisse noch nicht, was für Gesetze etwa zur Umstellung bei den Heizungen kommen werden. Klar sei aber, dass Förderprogramme die finanzielle Belastung abfedern müssten.
Dem stimmte auch Maike Schaefer zu, betonte aber zugleich, dass die Klimakrise Eile gebiete, gerade im Sinne kommender Generationen.
5 Schuldenbremse oder Kredite?
Einigkeit herrschte auf dem Podium darin, dass Bremen und der Bund viel Geld investieren müssen, um nicht nur der Wirtschaftskrise Herr zu werden, sondern auch, um die Zukunft zu gestalten. Daher stellte Felix Krömer den Podiumsgästen abschließend die Frage: "Schuldenbremse einhalten oder Kredite aufnehmen?" Grobien, Humpich und Schellenberg sprachen sich für das Einhalten der Schuldenbremse aus. Güngör, Schaefer und Vogt würden sie gern abschaffen, um in die Zukunft zu investieren.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 29. März, 19.30 Uhr