Auf den Spuren der Amerikaner: Was Bremerhaven mit den USA verbindet
Vor 30 Jahren verließen die letzten US-Soldaten Bremerhaven. Sie haben die Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg jahrzehntelang geprägt. Das sieht man auch noch heute.
Ab Ende des Zweiten Weltkriegs waren sogenannte GIs in Bremerhaven allgegenwärtig. Die Amerikaner hatten die Stadt 1945 zum "Major Port" erklärt – einem Großhafen in Europa. Fast 50 Jahre waren die US-Soldaten dort stationiert. Das hat bis heute seine Spuren hinterlassen.
Heute kommen immer wieder US-Panzer, Jeeps und andere Militärgüter in Bremerhaven an. Als Zwischenstopp auf dem Weg zur Unterstützung der ukrainischen Armee. Die Amerikaner nutzen den Hafen als "Port of Embarkation", also Verladehafen. So war er schon im Juni 1945 benannt worden.
Bremerhaven: amerikanisch-besetzten Zone
Im Zweiten Weltkrieg wurde Bremerhaven durch Bombenangriffe aus der Luft größtenteils zerstört, die Hafenanlagen blieben dabei allerdings verschont. Die US-Streitkräfte nutzten fortan den Hafen für die Versorgung ihrer Truppen in Deutschland und Europa. Bremerhaven war zusammen mit Bremen eine Enklave in der britischen Besatzungszone. Ab da wurden allerhand Militärgüter durch die Stadt transportiert.
Auch unzählige Soldaten kamen am Hafen an. Der bekannteste unter ihnen: Elvis Presley. Er betrat am 1. Oktober 1958 Bremerhavener Boden und wurde begeistert empfangen.
Hello, I'm happy to be here.
Elvis Presley bei seiner Ankunft in Bremerhaven
Auch das Wirtschaftswunder hat Grundlagen in der Stadt. Die "Operation Bird Dog" sorgte dafür, dass die ersten D-Mark-Banknoten im Jahr 1948 über Bremerhaven nach Deutschland eingeführt wurden. Die in New York und Washington gedruckten Geldscheine wurden dann mit acht Sonderzügen nach Frankfurt transportiert und danach an die deutsche Bevölkerung ausgehändigt.
Wirtschaftswunder "made in Bremerhaven"
Die Bevölkerung in Bremerhaven profitierte von der Bedeutung der Stadt für die US-Alliierten. Es entstanden Tausende Jobs. Alles, was in Amerika angesagt war, kam damals zuerst nach Bremerhaven, bevor es weite Teile von Europa erreichte. US-Einrichtungen waren in der kompletten Stadt zu finden.
Das änderte sich ab dem Jahr 1969. Als Reaktion auf die weltweiten Proteste zum Vietnamkrieg wurden diese Einrichtungen zentral an einem Ort angesiedelt: der Carl-Schurz-Kaserne in Hafennähe, auch "Klein Amerika" genannt. Die Amerikaner und ihre Familien fanden hier alles, was sie zum Leben brauchten: Einkaufsmöglichkeiten, Sportanlagen, Kinos, Theater und auch Schnellrestaurants. Noch heute sind diese Gebäude auf dem ehemaligen Gelände zu finden.
"Klein Amerika" in Hafennähe
Die deutsche Bevölkerung konnte diese Angebote ebenfalls nutzen. Darunter Marco Butzkus. Der in Bremerhaven-Lehe lebende Autor spielte damals gerne auf einer Bowlingbahn und ließ sich amerikanisches Fast-Food in der Burger-Bar daneben schmecken.
Ich weiß noch, es gab Cheeseburger und Hamburger, nichts anderes. Die konnte man nur daran erkennen, dass die einen in silberner und die anderen in goldener Folie eingepackt waren – die besten Burger, die ich je gegessen habe.
Marco Butzkus, Autor und Amerika-Fan aus Bremerhaven
AFN Bremerhaven geht auf Sendung
Auch ein eigener Radiosender wurde von den Amerikanern angeboten. AFN Bremerhaven ("Armed Forces Radio"), der amerikanische Radiosender für die in Norddeutschland stationierten US-Soldaten, sendete insgesamt 48 Jahre lang und erfreute sich großer Beliebtheit – bis zu seinem Ende am 31. März 1993.
So for all oft them, this is Army Sergeant Bill Boyd, thanks for listening and for the last time – goodbye from and goodbye to AFN Bremerhaven.
Bill Boyd, Stationsleiter, letzte Sendung am 31. März 1993
Halloween hält Einzug in Bremerhaven
Amerikanische Traditionen durften in Bremerhaven ebenfalls nicht fehlen. Zu Halloween wurden schon früher viele Orte gruselig geschmückt. Für Marco Butzkus ein Festtag. Der bekennende Amerika-Fan lebte 16 Jahre mit den Amerikanern zusammen in der Stadt und veröffentlichte vor einigen Jahren ein Buch mit dem Titel: "16 Jahre – 16 Leben". Dafür traf er sich mit Menschen aus Bremerhaven und auch den USA, die die gemeinsame Zeit geprägt haben.
Als 1982 "E.T." in die Kinos kam, gab es eine Szene mit Halloween. Ich glaube, Millionen von Kindern in Deutschland haben in den Kinos gesessen und bitterlich geweint, weil es das in Deutschland nicht gab. Wir hier haben uns verkleidet, sind durch die Ami-Siedlung gerannt und haben uns mit Tonnen amerikanischer Süßigkeiten eingedeckt.
Marco Butzkus, Autor und Amerika-Fan aus Bremerhaven-Lehe
Demonstrationen und Hafenblockade
Doch 1982 zogen die US-Streitkräfte auch die Wut vieler Menschen auf sich. Die allerdings zum Großteil nicht aus Bremerhaven kamen, wie sich Butzkus erinnert. Als Atomraketen über Bremerhaven verschifft wurden, gab es Demonstrationen in der Stadt. Höhepunkte des Widerstands waren die Hafenblockade im Oktober 1983 und die jährlich stattfindenden Ostermärsche.
Nach dem Fall der Mauer und dem Ende des Kaltes Krieges wurde die Carl-Schurz-Kaserne 1993 geschlossen, die Amerikaner zogen sich aus Bremerhaven zurück. Aber noch heute sind an etlichen Orten in Bremerhaven Spuren zu finden, die an die Zeit der Stationierung erinnern. Markus Butzkus würde sich freuen, wenn dies noch präsenter in vielen Köpfen wäre. Seiner Meinung nach hätte Bremerhaven ohne die Amerikaner nicht eine solche Entwicklung nehmen können.
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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Das Wochenende aus Bremerhaven, 2. April 2023, 10:40 Uhr