Warum ausgerechnet ein Bremerhavener Grüner einen Schottergarten hat
Bremen hat Schottergärten den Kampf angesagt, auch in Bremerhaven stehen sie zur Diskussion. Doch ausgerechnet der Spitzenkandidat der Grünen hat dort selbst einen – noch.
Bremen hat's schon, in Bremerhaven soll es wohl irgendwann kommen: Ein Gesetz gegen Schottergärten. Und das bringt den Bremerhavener Spitzenkandidaten der Grünen für die Bürgerschaftswahl im Mai, Michael Labetzke, jetzt in Bedrängnis. Denn der hat vor seinem Haus genau solch einen "Garten", der fast nur aus Steinen und Pflaster besteht. Dabei setzt sich Labetzke politisch dafür ein, dass "Flächen entsiegelt" und in den Städten "Grünflächen ausgedehnt" werden.
Bei einem Besuch im Vorgarten des Politikers wird schnell klar: Hier muss man wirklich von einer Kies-, Schotter- und Pflaster-Wüste sprechen. Vorwiegend grauer Kies und schwarze Schieferplättchen sind dort dekorativ über das ganze Areal verteilt. Dazwischen noch ein Mini-Findling mit dem Vornamen von Labetzke und seiner Frau. Und einzelne zurechtgestutzte Nadelbäume. Sieht sehr aufgeräumt, aber auch ein bisschen leblos aus. Ob es nun in Kontrast oder als Ergänzung zu dem Kubus dahinter im Bauhaus-Stil stehen soll, muss die Betrachterin selbst entscheiden. Jedenfalls grünt hier im Vorfrühling wirklich gar nichts – nicht mal winterhartes Unkraut.
Bislang sei laut Lebetzke keine Zeit für Umbau gewesen
Spricht man mit dem Kommunalpolitiker, dann sagt er: Das hätte er halt beim Hausbau vor zehn Jahren ganz schick gefunden. Klare Farben, klare Linien, kein Durcheinander. Und es war wohl auch die Hoffnung mit im Spiel, dass das Ganze irgendwie pflegeleicht sein könnte. Und nicht so viel Arbeit macht. Das hat sich nicht bewahrheitet.
Heute – sagt Labetzke – sei er schlauer. "Auch durch meine politische Arbeit ist klar, dass das wegmuss – und wir haben im letzten Jahr schon angefangen." Der Schotter sei nicht mehr zeitgemäß. Aber er habe bislang schlicht nicht die Zeit gehabt, das zu ändern. "Ende März habe ich eine Woche Urlaub, dann geht es weiter", sagt er.
Ich finde es gut, dass die Menschen mich als Kommunalpolitiker darauf ansprechen. Ich bin froh, dass wir eine Diskussion haben. Es ist wichtig, dass jeder mitmacht und dass es um die persönliche Verantwortung geht.
Grünen-Politiker Michael Labetzke
In Bremen müsste der Grünen-Politiker wohl spätestens in drei Jahren den Bagger kommen lassen. Die Stadtbürgerschaft will nämlich beschließen, dass solche Schottergärten bis Ende 2026 bepflanzt werden müssen – auch bestehende. Da wird es in Kürze ein neues Begrünungs-Ortsgesetz geben. In Bremerhaven dauert das noch: Die Linken hatten zwar vor zwei Jahren einen ähnlichen Vorstoß gemacht. Bislang ist die Verordnung aber in den Ausschüssen stecken geblieben.
Außerdem kann es sein, dass das Schottergärten-Verbot auf lange Sicht in die Landesbauordnung kommt. Dann würde es auch in Bremerhaven gelten. Aber bislang ist eine solche Gartengestaltung – auch für Grüne – erlaubt. Wenn auch vielleicht aus Klimaschutzgründen nicht mehr erwünscht.
Auf der hinteren Seite gibt es einen "echten" Garten
Auch Michael Labetzke weiß, dass die Zeit für steinerne Ziergärten abgelaufen ist. Zu seiner Ehrenrettung muss man sagen, dass er auf der hinteren Seite des Hauses einen relativ normalen Garten hat: mit Gras, Igel- und Vogelfreundlichen Benjes-Hecken aus Totholz, mit Sanddorn, Hagebutten, Ilex und anderen heimischen Gehölzen. Dort blühen gerade die Schneeglöckchen.
Und vorne – im Steingarten – da will er jetzt ran: Labetzke hat im letzten Jahr schon einen Quadratmeter freigelegt und dort Gewürze gepflanzt. Und er sagt ganz klar: Der Schotter soll weg! Aber man kann heraushören, dass es ihn auch ein bisschen schmerzt. Denn Schiefersteine sind ganz schön teuer. Rund 1.000 Euro die Tonne seinerzeit. 6.000 oder 7.000 Kilogramm sind hier wohl verschüttet. Und das jetzt einfach entsorgen lassen?
Mir wäre es wichtig, dass man die Hausbesitzerinnen und -besitzer unterstützt. Dabei muss es gar nicht um eine finanzielle Unterstützung gehen, Beratung und Information ist auch sehr wichtig.
Grünen-Politiker Michael Labetzke
Deshalb findet der Grüne auch, dass die Städte den Rückbau von Schottergärten unterstützen sollte. Wenn schon nicht mit Geld, dann zumindest mit Beratung und Hilfe. Oder dem Abtransport der Steine und der Lieferung von Mutterboden.
Bis es so weit ist, muss der Politiker wohl mit dem Vorwurf leben, dass auch manch Grüner Wasser predigt und Wein trinkt. Denn politisch kämpft Labetzke mit seiner Partei dafür, dass Flächen entsiegelt werden und dass unbebaute Flächen in den Städten Heimat für Pflanzen und Tiere bieten sollten. Auf schwarzem Schiefer aber entsteht kein Biotop.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 8. März 2023, 19:30 Uhr