Blaumeier-Atelier zeigt neue Ausstellung und beruhigt hektische Gäste
Stillstand, Ruhe und Eile: Das Bremer Blaumeier-Atelier spielt in seiner neuen Ausstellung "Keine Zeit" mit Gegensätzen. Auch Pilze und Pinguine kommen darin vor.
Ungeduldige Zeitgenossen dürften unangenehm überrascht sein: Der Weg in die Ausstellung "Keine Zeit" des Blaumeier-Ateliers führt den Besucher der Städtischen Galerie zunächst ausgerechnet an einen Ort, an dem man sich oft besonders viel Zeit nehmen muss: in die Wartezone eines Flughafens. Hier kann der Gast auf einer jener Plastik-Sitzschalen Platz nehmen, wie sie sich nahezu in allen Wartezonen dieser Welt durchgesetzt haben. Ein Bild aus der Ausstellung hat er zu diesem Zeitpunkt noch nicht erblickt.
Das ändert sich wenige Meter weiter. Hier fällt der Blick auf drei große Gemälde, die zeigen, wie sich der moderne Mensch die Zeit vertreibt, wenn er, dem besten Timing zum Trotz, doch einmal warten muss: mit dem Handy. 34 Künstlerinnen und Künstler des Blaumeier-Ateliers haben sich für ihre Schau "Keine Zeit" mehr als zwei Jahre mit dem Thema Zeit befasst. Entsprechend viele nahe liegende, aber auch verblüffende Ideen sieht der Gast der Schau in der Ausstellung.
Neben vielen Bildern bereichern Keramiken von Uhren und Bussen die Schau in der Städtischen Galerie. Hinzu kommen Videos sowie Texte aus der Schreibwerkstatt des Blaumeier-Ateliers. Darunter etwa ein Kalender in der Größe eines Posters. Unter dem aktuellen Datum – für jeden Tag der Schau gibt es ein eigenes Blatt – finden sich literarische Zitate. Selbstredend geht es darin um die Zeit.
Eindrücke aus Blaumeiers "Keine Zeit"
Burgen damals und heute
Andere Werke der Ausstellung betrachten deutlich größere Zeiträume als der tagesaktuelle Kalender. Sascha Wegener etwa hat eine Burg porträtiert: Zum einen so, wie sie früher, im Mittelalter einmal ausgesehen haben könnte. Zum anderen so, wie man sich das prunkvolle Gebäude, sollte es noch existieren, heute vorstellen könnte: als Hotel, in dem mächtig Betrieb herrscht.
"Ich wollte neues Leben in der alten Burg zeigen", sagt Wegener dazu. Er hat die Burg, die zu Beginn des Textes zu sehen ist, auf Grundlage des eigenen Bildes zusätzlich als Keramik geformt – und ein bisschen weiterentwickelt. So hat er einen Pinguin auf den Turm gesetzt und riesige Pilze in ihrem Garten gepflanzt. "Weil ich Pilze mag", sagt er dazu.
Zitronen zeigen die Sonne
Carl F.* hat sich für seine Bilder dieser Ausstellung von einer Schau in der Kunsthalle Bremen inspirieren lassen, die dort bis vor eineinhalb Jahren lief: von "Sunset", einem "Hoch auf die sinkende Sonne". Er hat die Sonnenuntergänge mit Zitronen nachempfunden. "Zitronen ändern die Farbe ähnlich wie die Sonne", erklärt er die Analogie. Tatsächlich gelte die Zitrone in der Kunst als Sinnbild der Vergänglichkeit, sagt dazu Ingmar Lähnemann, Leiter der Städtischen Galerie.
Der Spiegel der Zeit
Doch so vergänglich Zitronen auch sein mögen – das wohl schnelllebigste Kunstwerk in der Schau "Keine Zeit" hat henk* entwickelt: einen Spiegel, auf den er in großen Buchstaben "Now" geschrieben hat: "Jeder schafft das Bild selbst – in dem Moment, in dem er in den Spiegel blickt", sagt er dazu. Und sobald er nicht mehr hineinsehe, existiere das Bild prompt nicht mehr. Ein wahrlich zeitloses Bild.
* Bei den Namen handelt es sich um die Künstlernamen.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 17. August 2024, 19:30 Uhr